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Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Tresen und wählte eine Nummer.
    »Wie geht’s Ihnen, Sir? Ladrine Theriot am Apparat. Ich hab’s mir überlegt. Ich hab meinen Cousin angerufen, der im Parlament sitzt, und ihm erzählt, was ihr Gangster hier unten im Bezirk Lafourche treibt. Er hat gesagt, das wundert ihn nicht, weil keiner von euch jemals in seinem Leben was gearbeitet hat, und wenn ihr keine Mädchen verkuppelt, beklaut ihr euch gegenseitig. Übrigens, wenn ihr eure Musikbox wieder haben wollt, die treibt den Bayou runter. Wenn ihr euch beeilt, erwischt ihr sie noch, bevor sie im Golf is. Danke. Wiederhörn.«
    Er legte auf und musterte einen Moment lang das Telefon, dann schob er leise die Kassenschublade zu und starrte versonnen, in Gedanken versunken, die er nicht preisgab, auf den Regen, der an die Fenster schlug und auf das rot-weiße Jax-Schild prasselte, das scheppernd an seinen Ketten schaukelte.
    »Ladrine, Ladrine, was hast du da bloß angerichtet?«, sagte Mae.
    Mae wohnte zwanzig Meilen weiter weg, in einer am Highway gelegenen Siedlung einer Genossenschaftsfarm, wo sie sich eine Hütte gemietet hatte. Die Hütten sahen alle gleich aus – die Dächer mit Blech gedeckt, die Wände ungestrichen, fleckig vom Ruß der Stoppelfeuer, der im Winter über die Felder trieb, schmal wie Streichholzschachteln, mit kleinen Galerien auf der Vorderseite und Aborthäuschen dahinter. Einmal die Woche fuhr klappernd und quietschend, mit knirschendem Getriebe, der »rollende Laden« in der Siedlung vor, ein alter Schulbus, der mit Regalen ausgestattet und mit Konservendosen, Besen, Latzhosen, Arbeitsstiefeln, Tropenhelmen, Strohhüten, Arzneimitteln, Frauenkleidern, Gitarrensaiten, gekühlter Milch und Fleischwaren, .22er Munition für Pistolen und Schrotpatronen Kaliber 12, Litergläsern mit Erdnussbutter und Brotlaiben beladen war. Die Leute kamen aus ihren Hütten und kauften alles, was sie die Woche über brauchten, und manchmal nahmen sie aufgeregt einen eigens bestellten Sonderposten – eine Plastikgitarre vielleicht, einen Kommunionsanzug oder eine Zigarettendrehmaschine – aus New Orleans oder Memphis in Empfang.
    Es war Samstag, und Mae hatte sich im rollenden Laden einen mit Pailletten besetzten Steckkamm für ihre Haare gekauft, hatte dann in dem eisernen Zuber gebadet, sich am ganzen Körper eingepudert, ihre beste Unterwäsche angezogen und eine Schnur um die Hüfte gebunden, so wie es die Negerinnen machten, damit der Unterrock nicht heraushing. Sie schlüpfte in ihr rotes Kostüm und die Stöckelschuhe, stellte sich vor den Spiegel, drehte sich zur Seite und zog den Bauch ein, während Callie dasaß und ihr zusah.
    »Findest du, dass ich zu fett bin?«, fragte sie und drückte sich mit der flachen Hand auf den Bauch.
    »Es kommt eh nicht zu dem, was du dir da denkst«, sagte Callie.
    »Ladrine will mich nach Morgan City ins Kino mitnehmen. Das is alles.«
    »Er hat sich mit den Itakern angelegt, Mae.«
    »Du bist dort gewesen, nicht wahr?«
    »Zipper Clum hat in New Orleans was Neues für mich aufgetrieben. Wenn die Weißen was von mir wollen, müssen sie dafür bezahlen«, sagte Callie.
    »Vielleicht hauen Ladrine und ich ab.«
    »Was redest du dir da ein? Der is hier aufgewachsen. Ein Cajun geht nicht weg. Du wirst sterben, gute Frau.«
    Mae wandte sich vom Spiegel ab und schaute Callie mit ausdrucksloser Miene an, wollte etwas erwidern, sich selbst Mut zureden, doch sie brachte kein Wort hervor.
    Ladrine holte sie an diesem Nachmittag nicht ab. Sie wartete, bis es beinahe dunkel war, fuhr dann mit ihrem alten Ford zu dem Club und erfuhr vom Barkeeper, dass Ladrine eine Nachricht für sie hinterlassen hatte. Sie war auf ein liniertes Blatt Papier geschrieben, das aus einem Notizbuch gerissen und zu einem kleinen Quadrat zusammengefaltet worden war. Der Barkeeper reichte sie ihr mit zwei Fingern und widmete sich wieder den Bestecken, die er gerade abspülte. Sie breitete das Blatt auf der Bar aus und blickte verständnislos darauf, starrte auf die Schleifen und Schlingen von Ladrines Handschrift, als könnte sie dadurch den Sinn der Worte erfassen, denn Lesen hatte sie nie gelernt.
    »Ich hab meine Brille nicht dabei. Kannst du erkennen, was da steht?«, sagte sie.
    Der Barkeeper trocknete sich die Hände ab, nahm das Blatt Papier und hielt es ans Licht. »›Liebe Mae, ich fahr mit meinem Boot raus. Komme nicht mehr zum Club. Tut mir Leid, dass ich nicht anrufen konnte, aber du hast ja kein Telefon. Alles Liebe, Ladrine‹«, las

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