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Straße nach überallhin

Straße nach überallhin

Titel: Straße nach überallhin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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richtiger Name gewesen war. Es gab keinerlei Hinweise, die Randy bei seiner Suche hätten hilfreich sein können. Als er in dieser Nacht mit seinem blauen Dodge-Lieferwagen verschwunden war, hatte er nichts zurückgelassen, außer einer Ausgabe von Leaves of Grass und einem embryonischen Randy.
    Er legte das Foto wieder an seinen Platz und schloß das Buch. Es war schwerer, als es aussah. An einer Stelle, wo der Einband etwas abgeschabt war, konnte man sehen, daß die Buchdeckel aus Leichtmetall bestanden. Er öffnete es und blätterte von neuem durch. Zuerst schienen die unterstrichenen Passagen völlig zusammenhanglos zu sein. Trotzdem begann er mit der ersten, die er fand, und las in der Folge alles laut vor, etwas, das er noch niemals zuvor getan hatte. Komisch, daß er in diesen unterstrichenen Passagen noch nie nach den Aspekten der Sensibilität seines Vaters gesucht hatte. Was hatte ihn dazu bewogen, verschiedene Abschnitte zu unterstreichen? Natürlich bestand die Möglichkeit, daß er das Buch selbst schon gebraucht gekauft hatte. Trotzdem … Etwas in diesen Passagen ergriff Randy über das Ausmaß normaler Vertrautheit hinaus. Sie zeugten von einer Wildheit, einer Freiheit und einer Rastlosigkeit, die ihn persönlich anzusprechen schien, die einen unbekannten Teil seines Geistes berührte … „Ob es nur daran liegt, daß ich zwanzig Jahre alt bin?“ fragte er sich. „Würde ich ebenso fühlen, wenn ich zehn Jahre älter wäre?“ Achselzuckend las er weiter.
    Ein sanfter Windhauch bewegte den Vorhang. Er nahm einen tiefen Atemzug. Die Kühle tat gut. Was tat er eigentlich? Lesen, um Julie zu vergessen oder um wieder an seinen Vater zu denken? Wahrscheinlich beides, überlegte er … Beides. Aber nun, wo er wieder an die Suche dachte, wollte er auch damit fortfahren.
    Die Brise war der erste kühle Windhauch seit zwei Tagen gewesen. Er lag auf dem Bett, mit einem Finger die Seite aufhaltend, die er gerade las, und versuchte sie einzuatmen, bevor sie wieder nachließ. Es war erleichternd und …
    Er hob die linke Hand und betrachtete seine Fingerspitzen. Er rieb sie an seiner Handfläche. Dann berührte er wieder den Einband des Buches.
    Warm.
    Er betastete das Bettlaken neben sich. Vielleicht lag die Ursache nur an seiner Körperwärme …
    Er preßte seine Finger gegen die Glasplatte des Nachttisches. Ja, da war es kühler …
    Nach etwa einer halben Minute berührte er den Einband wieder.
    Er schien wärmer zu sein, als er eigentlich hätte sein sollen. Er hielt das Buch dicht vor das Gesicht. Ein kaum merkliches Vibrieren schien davon auszugehen. Er preßte das Ohr gegen den rückwärtigen Buchdeckel. Auch dort war es feststellbar. Aber das Gefühl war so schwach, daß die Ursache auch in seinen überreizten Nerven liegen konnte, die ihm einen Streich spielten.
    Er öffnete das Buch wieder an der Stelle, wo er aufgehört hatte, und las die nächste markierte Passage. Sie entstammte dem Song of the Open Road:
     
    You road I enter upon and look around, I believe
    you are not all there is here,
    I believe that much unseen is also here. { * }
     
    Während er dies las, begann das Buch in seiner Hand zu vibrieren und gab eindeutig summende Laute von sich. Als sei der Einband eine Art von Resonator.
    „Was, zum Teufel!“
    Er ließ es fallen. Das Buch lag neben ihm, und eine Stimme sagte: „Sachte, sachte.“ Sie schien aus dem Buch selbst zu kommen.
    Er wich zur anderen Seite des Bettes zurück und schwang die Beine auf den Boden. Dann blickte er zurück. Das Buch hatte sich nicht bewegt.
    „Hast du gesprochen?“ fragte er schließlich.
    „Ja“, antwortete die Stimme – sanft, weiblich.
    „Was bist du?“
    „Ich bin eine Mikrocomputereinheit. Spezifizierung …“
    „Du bist das Buch? Das Buch, in dem ich gelesen habe?“
    „Gegenwärtig habe ich die Gestalt eines Buches. Das ist korrekt.“
    „Gehörtest du meinem Vater?“
    „Unzureichende Informationen. Wer bist du?“
    „Randy Blake. Ich glaube, mein Vater war Paul Carthage.“
    „Erzähl mir von dir und wie ich in deinen Besitz gelangt bin.“
    „Ich bin im März zwanzig geworden. Mein Vater hat dich in Cleveland, Ohio, zurückgelassen, bevor ich geboren wurde.“
    „Wo sind wir jetzt?“
    „Kent, Ohio.“
    „Randy Blake oder Carthage, je nachdem –, ich kann dir nicht sagen, ob ich deinem Vater gehörte oder nicht.“
    „Wem hast du gehört?“
    „Er benutzte eine Vielzahl von Namen.“
    „War Paul Carthage einer von

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