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Strassen der Erinnerung - Reisen durch das vergessene Amerika

Strassen der Erinnerung - Reisen durch das vergessene Amerika

Titel: Strassen der Erinnerung - Reisen durch das vergessene Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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4000 Hektar großen Gelände – war 1895 von George Vanderbilt errichtet worden und zählte einmal zu den größten Bauwerken Amerikas. Hatte man das Biltmore-Gelände erreicht, wurde man angewiesen, sein Auto zu parken und sich anschließend in ein Gebäude am Eingang zu begeben, um das Eintrittsgeld zu entrichten. Das kam mir merkwürdig vor, bis ich zu ahnen begann, dass ein Nachmittag in Biltmore ein kostspieliges Vergnügen sein würde. Angaben über die Höhe der Eintrittspreise waren nirgends zu entdecken, doch den kreidebleichen Gesichtern der Leute, die mit der Eintrittskarte in der Hand von der Kasse kamen, konnte ich entnehmen, dass sie horrend sein mussten. Trotz all dieser Alarmsignale traf mich fast der Schlag, als ich an der Reihe war und die unsympathische Kassiererin mir mitteilte, Erwachsene hätten 17,50 Dollar und Kinder 13 Dollar Eintritt zu zahlen. »Siebzehn Dollar und fünfzig Cents!«, kreischte ich. »Inklusive Abendessen und Galakonzert?«

    Die Frau war offensichtlich an hysterische Anfälle und bissige Bemerkungen gewöhnt. Mit monotoner Stimme ließ sie verlauten: »Die Eintrittsgebühr berechtigt zum Besuch des George-Vanderbilt-Hauses, von dessen 250 Räumen fünfzig der Öffentlichkeit zugänglich sind. Für eine Besichtigung sollten Sie sich zwei bis drei Stunden Zeit nehmen. In der Gebühr enthalten ist außerdem ein Rundgang durch die weitläufigen Gärten, der etwa eine halbe bis eine Stunde in Anspruch nimmt. Ebenfalls enthalten ist eine Führung durch die Weinkellerei mit audiovisueller Präsentation und Weinprobe. Wir empfehlen eine Führung über das gesamte Gelände, die wir gegen eine Zusatzgebühr gern für Sie arrangieren. Sollten Sie anschließend den Wunsch verspüren, Ihr Geld weiterhin zum Fenster hinauszuwerfen, steht Ihnen unser Deerpark-Restaurant zur Verfügung. Dem preisbewussteren Gast empfehlen wir das Stable Café. Schließlich haben Sie im Carriage House Gift Shop Gelegenheit, überteuerte Geschenke und Andenken zu erwerben.«
    Doch da war ich schon wieder auf dem Highway, unterwegs in Richtung Great Smoky Mountains, die glücklicherweise keinen Eintritt kosteten.

    Ich fuhr einen Umweg von zehn Meilen, um die Nacht in Bryson City zu verbringen – zweifellos eine gemäßigte Form der Selbstbeweihräucherung. Bryson City war ein kleiner unscheinbarer Ort voller Motels und billiger Grillrestaurants, in einer schmalen Flussniederung am Rande des Great Smoky Mountains National Park gelegen. Wer nicht zufällig selbst Bryson heißt, kann sich diesen Abstecher getrost sparen. Aber auch wenn man Bryson heißt, hält sich das Vergnügen in Grenzen, glauben Sie mir. Ich nahm ein Zimmer im Bennett’s Court Motel, ein wundervolles altes Haus, in dem sich seit 1956 absolut nichts verändert zu haben schien. Vielleicht hatte man gelegentlich ein bisschen staubgewischt. Es war eines dieser Motels, wie ich sie von früher kannte. Die Zimmer lagen entlang einer überdachten
Veranda mit Blick auf eine Wiese mit zwei Bäumen und einen winzigen Swimmingpool aus Beton, der zu dieser Jahreszeit leer war, von ein paar feuchten Blättern und einem genervten Frosch einmal abgesehen. Neben jeder Tür stand ein Stuhl aus Metall mit bogenförmiger Rückenlehne. Über dem Gehsteig hing ein altes Neonschild mit den Worten BENNET’S COURT / ZIMMER FREI / KLIMAANLAGE / GÄSTEPOOL / TV, die Schrift in Grün und Pink, darunter ein blinkender Pfeil in geschmackvollem Gelb. Man konnte hören, wie das Neongas hineinströmte. Als ich klein war, hatten alle Motels solche Schilder. Heute sieht man sie nur noch hin und wieder in entlegenen Kleinstädten am Rande von Nirgendwo. Bennet’s Court war eindeutig das geeignete Motel für Amalgam.
    Ich brachte mein Gepäck aufs Zimmer, probierte das Bett aus und schaltete den Fernseher ein. Sofort erschien ein Werbespot für Preparation H, eine Salbe gegen Hämorrhoiden. Der Ton war eindringlich. An den genauen Wortlaut kann ich mich nicht erinnern, aber es klang ungefähr so: »Hallo, Sie da! Haben Sie Hämorrhoiden? Dann nehmen Sie Preparation H! Das ist ein Befehl! Merken Sie sich den Namen, Sie vergesslicher Idiot! Preparation H! Und auch wenn Sie keine Hämorrhoiden haben, besorgen Sie sich trotzdem Preparation H! Man kann nie wissen!« Dann fügte eine andere Stimme flink hinzu: »Jetzt auch mit Kirschgeschmack erhältlich.« Nachdem ich so lange im Ausland gelebt hatte, war ich an die in Amerika üblichen aggressiven Verkaufstaktiken nicht mehr

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