Street Art Love (German Edition)
Charly?«
»Was hat der damit zu tun?«
»Ich meine, ihr wart doch am Samstag zusammen.«
»Im Museum. Hallo?!«
Vor der Klasse steht Charly mit der Mädchenreihe. Oder besser gesagt, steht er umringt von der Mädchenreihe und zeigt seine Spray-Entwürfe.
»Und die sprayst du dann an die Wand der Turnhalle?«, höre ich Pia beeindruckt wispern, als Maja und ich an ihnen vorbei und in die Klasse gehen.
»Mal sehen …«, sagt Charly cool, und auf einmal kommt er mir wieder fremd vor und eingebildet.
»Angeber!«, sagt Maja, und ich nicke.
Aus unerfindlichen Gründen werde ich genau an diesem Tag in Chemie nach meinen Hausaufgaben gefragt, und an der erstaunten Reaktion der Klasse und unseres Chemielehrers wird mir klar, dass ich sonst tatsächlich immer alles mache, was man mir aufgibt.
»Ich hatte …, ich musste …«, stottere ich herum.
»Sie hat mir ihre Aufzeichnungen geliehen, und ich habe sie zu Hause liegen lassen«, sagt Charly.
Der Chemielehrer schaut zu mir, ich nicke vorsichtig. Dann lächelt er erleichtert. »Ich habe mich schon gewundert!«, sagt er und fragt den Nächsten.
Ich nicke Charly unauffällig zu und bedanke mich, und er grinst offen zurück. Maja zieht eine Augenbraue hoch.
»Ihm hast du die Sachen gegeben?«, flüstert sie empört.
»Bitte Ruhe auf den billigen Plätzen!«, sagt unser Chemielehrer, aber keiner lacht.
Erst in der Pause kann ich die Sache bei Maja klarstellen. »Das hat er erfunden.«
»Warum?«
»Um mir zu helfen?«
Maja prustet empört. »Der nutzt dich nur aus. Du bist seine beste Abschreibhilfe, die will er nicht verlieren.«
»So ein Quatsch!«
»Ach ja? Immer steht der mit der Mädchenreihe rum und flirtet mit Pia, und wenn er Mathe oder Chemie braucht oder jemanden, der ihm was über Pop-Art schreibt, dann kommt er zu dir.«
Ich schweige. Ich denke an Charly im Museum, seine Scherze, seine Blicke im Restaurant. War das alles nur Berechnung?
»Morgen kommt er nach der Kunst- AG zu mir. Wir arbeiten dann zusammen.«
Maja kneift die Augen zusammen. »Ich sage ja nur, Sophie. Wenn er wirklich was von dir wollte …«
»Wieso? Ich will ja auch nichts von ihm!«
»Dafür verdreht er dir aber gerade ganz schön den Kopf.«
Am nächsten Tag werde ich schon vor dem Weckerklingeln wach. Dienstag. Heute ist Kunst- AG . Ich bleibe im Bett liegen und denke nach. Hat Maja recht? Lasse ich mich von Charly ausnutzen? Ich stehe auf und stelle mich vor meinen Spiegel. Er ist lang und schmal, aber ich kann mich ganz darin sehen. Ich bin vielleicht keine Schönheit, aber ich bin auch kein Monster. Alles an mir ist ganz normal. Normal? Ist das vielleicht das Problem? Ich gehe an meinen Kleiderschrank und durchsuche meine Sachen. Jeans, Sweatshirts, Röcke, T-Shirts. Alles ist weder besonders aufregend noch extrem langweilig. Eben auch normal. Und leider auch etwas brav. Ich seufze und suche mir eine Jeans und ein T-Shirt heraus, ziehe mich an, gehe ins Bad. Ich wasche mich und schminke mich. Etwas Lipgloss, etwas Wimperntusche. Auch das ist normal. Ich seufze ein zweites Mal und gehe hinunter in die Küche.
Am Morgen ist bei uns immer alles chaotisch, alle rennen herum und sind gestresst.
»Wo ist Max?«, frage ich, weil er nicht in der Küche ist.
»Krank! Ich bleibe bei ihm«, sagt meine Mutter und angelt zwei Scheiben Brot aus dem Toaster.
»Den ganzen Tag?«, frage ich und spüre die Enttäuschung darüber, dass ich Charly nun wohl für den Nachmittag absagen muss.
»Na ja, er ist nicht richtig krank, er hat sich nur in der Nacht übergeben, und ich will sichergehen, dass er sich keinen Virus eingefangen hat.«
»Es könnte auch an den zehn Schokoküssen gelegen haben, die er sich gekauft und alle aufgegessen hat«, sagt mein Vater nüchtern.
Meine Mutter gießt mir Tee ein, während sie den Toaster erneut mit Brot füttert. »Okay. Jedenfalls bleibe ich am Vormittag hier, und wenn du vielleicht am Nachmittag … Ich könnte dann den einen Termin noch retten.« Sie sieht mich fragend an.
Ich nippe am Tee, er ist viel zu heiß. »Ja, gut. Aber ich habe auch eine Verabredung. Arbeitsgruppe. Wir wollten uns hier treffen.«
»Eine Arbeitsgruppe?«
»Na ja, eher ein Kumpel aus der Schule. Wir machen zusammen eine Referat über Pop-Art.«
»Ein Kumpel? Pop-Art?«, fragt mein Vater skeptisch.
»Und Street Art!«, sage ich schnell, bevor er einen dummen Witz macht.
»Na, dann ist es doch nicht schlimm, wenn Max hier ist«, wirft meine
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