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Street Art Love (German Edition)

Street Art Love (German Edition)

Titel: Street Art Love (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Bongard
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darüber.
    »Charly ist doch ein Junge …«, sagt Max ganz ernst.
    »Ja und?«
    »Zieh doch das Kleid mal an.«
    Ich stöhne. Was habe ich mir dabei gedacht, Max nach seiner Meinung zu fragen? Aber weil er mich so erwartungsvoll ansieht, ziehe ich das T-Shirt wieder aus und das Kleid an. Jetzt passt es tatsächlich wie angegossen.
    Max strahlt. »Du siehst toll aus!«
    Das bezweifele ich. Ich gehe vor den Spiegel und bin überrascht. Gut, das Oberteil ist etwas seltsam, mit langen Spitzenärmeln, aber der Rock und die schwarze Leggins sehen gut zusammen aus. Mir kommt eine Idee. Wenn ich jetzt einen engen Pullover finden würde und dazu dann Turnschuhe anziehe, dann könnte es funktionieren. Ich wühle wieder in dem Kleiderberg, den ich vor meinem Schrank aufgetürmt habe.
    »Was suchst du?«
    »Was Schwarzes«, murmele ich undeutlich. »Pullover oder so.«
    Max flitzt weg und kommt kurz darauf stolz zurück. In der Hand hält er einen schwarzen Hoodie, vorne ist in Grau fett Skate aufgedruckt. Er hat ihn von unserer Oma zu Weihnachten bekommen, die immer alles zu groß kauft. Ich lege den Kopf schief und überlege, wie ich Max klarmache, dass ich unmöglich den Hoodie eines Achtjährigen tragen kann, wenn ich mich mit egal wem verabrede.
    Außerdem habe ich mich schon für eine kleine blaue Strickjacke entschieden.
    »Ja, danke«, sage ich und lege den Hoodie zur Seite und ziehe die Strickjacke an. Max gefällt sie, aber ich finde, sie sieht zu brav aus. Ich probiere eine dunkelrote Bluse, einen sandfarbenen Pullover, eine weite grüne Strickjacke. Nichts stimmt. Das ganze Projekt ist ein Fehlschlag. Ich bin, wie ich bin, ich kann mich nicht mal eben in ein cooles Mädchen verwandeln, ich bin Sophie: langweilig.
    Auf einmal habe ich Sehnsucht nach meiner alten Jogginghose. Wo ist sie?
    Ich suche zusammen mit Max nach dem Rucksack, in dem die Plastiktüte sein muss, in der wiederum die Jogginghose sein müsste, die mir Charly vor Hunderten von Jahren zurückgegeben hat.
    »Hier!«, schreit Max schließlich und zieht den Rucksack unter einem Berg von Jacken hervor.
    Meine geliebte Jogginghose. Ich öffne die Tüte, und der Geruch eines fremden Waschmittels strömt mir entgegen. Immerhin, sie ist gewaschen. Ich reiße die Hose aus der Tüte, als ob sie neu wäre, und ziehe sie an. Es ist, als ob ich in eine vertraute Haut schlüpfen würde und wieder bei mir angekommen bin.
    Max bückt sich und hebt etwas auf. Ein gefalteter Zettel, er war offenbar in der Tüte.
    »Füüür SOOOO phieee!«, liest Max und faltet den Zettel auf.
    »Ein Bild.« Er legt den Kopf schief. »Das bist du!«
    Ich nehme ihm schnell das Papier weg und stecke es ein. »Das ist für mich.« Mein Herz schlägt wie verrückt. Eine Nachricht von Charly.
    »Tja, ich muss jetzt hier noch aufräumen, willst du mir helfen oder lieber zu dir gehen?«, frage ich tückisch, und Max flitzt natürlich aus dem Zimmer.
    Ich setze mich auf mein Bett. Vorsichtig. Hole den Zettel aus der Tasche der Jogginghose und falte ihn langsam auf. BAM! Eine seiner Comicfiguren, eine Sie . Groß und schlank mit langen blonden Haaren und mit diesem kritischen Blick, der mich ziemlich gut trifft. Das bin ich. Max hat das sofort erkannt. Ich halte den Atem an, so beeindruckt bin ich. Es ist die erste Zeichnung überhaupt, die jemand von mir gemacht hat, und sie ist richtig gut. Ich streiche sie glatt, am liebsten möchte ich sie bügeln, rahmen, schützen. Aber es wäre falsch, sie unter Glas zu legen, sie muss atmen. Also pinne ich sie vorsichtig zwischen meine anderen Zeichnungen über mein Bett. Und lächele glücklich vor mich hin.
     
    Irgendetwas ist anders, als ich am nächsten Morgen aufwache. Nicht nur, dass es der Tag ist, an dem ich zu Charly fahre. Alles ist anders. Die Zeichnung hat alles verändert. Vielleicht kann ich doch cool sein und nicht nur langweilig? Ich dusche und wasche mir die Haare, und danach treffe ich vor meinem Kleiderschrank eine Entscheidung. Ich werde etwas riskieren. Ich ziehe die Leggins und das schwarze Kleid an und probiere Max’ Hoodie dazu. Ich kann es kaum glauben, aber es sieht gut aus. Nicht wie ich, nicht wie irgendjemand, den ich kenne, aber es sieht gut aus. Und so gehe ich nach unten. Es ist schon zwölf, und Max sitzt am Tisch und redet die ganze Zeit vom Zoo. Meine Mutter hat den Vormittag zu Hause gearbeitet und bereitet ihm gerade ein schnelles Essen zu.
    »Morgen!«
    Max sieht zu mir. Sein Mund klappt leicht auf, dann grinst

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