Streiflichter aus Amerika
achtzehnmal pro Stunde rund um die Uhr, einmal alle 3,2 Minuten, illegal eingedrungen.
Ach, ich weiß, was Sie jetzt sagen. Daß so was jeder gigantischen Verteidigungsmacht passiert, die das Schicksal der Erde in Händen hält. Wenn man ein so gewaltiges Atomwaffenarsenal anlegt, ist es doch ganz normal, daß die Leute da mal hineingehen, sich ein wenig umschauen und vielleicht ausprobieren wollen, was die Knöpfe mit der Bezeichnung »Zünden« und »Alarmstufe Rot« bedeuten. Das liegt doch in der menschlichen Natur.
Aber Erbarmen mit dem Pentagon! Es hat schon so viel am Hals, wo es doch all die verschüttgegangenen Aufzeichnungen aus dem Golfkrieg suchen und finden muß. Ich weiß nicht, ob Sie davon gelesen haben, aber das Pentagon hat einhundertvierundsechzig der zweihundert Seiten offizieller Berichte seines kurzen, aber aufregenden Wüstenabenteuers verlegt – nein, verloren. Die Hälfte der fehlenden Dateien ist offenbar gelöscht worden, als – ich wünschte, ich hätte mir das ausgedacht, aber ich habe es nicht – ein Offizier im Oberkommando ein paar Videospiele falsch in einen Militärcomputer geladen hat. Die anderen sind... na ja, perdu. Man weiß lediglich, daß zwei Packen ins Hauptquartier in Florida geschickt wurden und nun unauffindbar sind (waren wohl wieder die Reinemachefrauen), und ein drittes Set wurde auf einem Stützpunkt in Maryland irgendwie »aus einem Safe verloren«, was angesichts der Umstände ausgesprochen logisch erscheint.
Um dem Pentagon Gerechtigkeit widerfahren zu lassen – dort war man zweifellos von der beunruhigenden Tatsache abgelenkt, daß die Berichte, die die CIA immer liefert, sehr zu wünschen übrig lassen. Kürzlich wurde nämlich publik, daß die CIA trotz der Mordsausgaben von zwei Milliarden Dollar pro Jahr allein für die Überwachung der Sowjetunion den Zusammenbruch des Landes nicht vorhergesehen hat – ja, soweit ich weiß, versucht sie immer noch durch ihre Mittelsmänner im McDonald's in Moskau das dahingehende Gerücht zu bestätigen. Da war das Pentagon verständlicherweise genervt. Ich meine, wie kann man von den Leuten erwarten, den Überblick über ihre Kriege zu behalten, wenn sie keine zuverlässigen Berichte vom Außendienst bekommen?
Die CIA ihrerseits war gewiß durch die Nachricht abgelenkt – und ich muß wieder betonen, daß ich nichts davon erfinde –, daß das FBI jahrelang einen seiner Agenten, Aldrich Ames, filmte, wie er mit berstenden Aktenmappen in die sowjetische Botschaft in Washington hineinspazierte und mit leeren Händen wieder herauskam. Bloß kriegte es nie spitz, was er da im Schilde führte. Es wußte, daß Ames CIA-Mann war, wußte, daß er der sowjetischen Botschaft regelmäßig Besuche abstattete, und wußte, daß die CIA einen Maulwurf in ihren Reihen suchte, schaffte es aber nie, den einen notwendigen Gedankensprung zu machen und diese verführerischen Fäden miteinander zu verknüpfen.
Ames wurde schließlich erwischt und wegen Weitergabe geheimer Informationen zu einer Trillion Jahre Gefängnis verurteilt. Doch das war, weiß Gott, nicht das Verdienst des FBI. Der Fairneß halber sollte man allerdings erwähnen, daß das FBI ohnehin total überlastet damit war, alles zu versaubeuteln, was ihm übertragen wurde.
Zunächst einmal ließ es Richard Jewell, den Sicherheitsbeamten, der letztes Jahr verdächtigt wurde, die Bombe im olympischen Park in Atlanta gezündet zu haben, zu Unrecht inhaftieren Das FBI war felsenfest davon überzeugt, daß Jewell die Bombe gelegt, die Behörden telefonisch gewarnt und dann mit einer Geschwindigkeit von etlichen Kilometern pro Sekunde zurückgerast war, um rechtzeitig am Schauplatz zu sein und sich als Held feiern zu lassen. Obwohl es nicht den geringsten Beweis dafür gab, daß er etwas mit der Bombe zu tun hatte, und unwiderleglich demonstriert worden war, daß er in der angegebenen Zeit den Anruf nicht getätigt haben und zum Park zurückgekehrt sein konnte, brauchte das FBI Monate, um zu begreifen, daß es den falschen Mann am Wickel hatte.
Im April wurde bekannt, daß die kriminaltechnischen Labors des FBI seit Jahren einen Großteil der entscheidenden Beweise, die ihm zufielen, verpfuscht, verbaselt, verschüttet, verdorben, zertreten oder sonstwie unbrauchbar gemacht hatte. Bei Bedarf erfanden sie statt dessen etwas. In einem Fall schrieb ein Kriminaltechniker einen belastenden Bericht, der auf mikroskopischen Untersuchungen basierte, ohne daß er sich je der Mühe
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