Streiflichter aus Amerika
würde mich alle meine Geldstücke kosten, und ich konnte es nicht fassen, daß ich wieder zurück in den Terminal mußte, um mehr zu besorgen. Plötzlich fragte ich mich, wie viele der Leute in den USA, die an Straßenecken auf einen zutreten und um Kleingeld betteln, früher einmal einfach nur Menschen wie du und ich waren – ehrbare Bürger, die ein normales Leben geführt hatten, aber nun, bettelarm und obdachlos, in einem fort Münzen für ein öffentliches Telefon brauchten.
»Ich kann Ihnen die Nummer geben, wenn Sie wollen«, bot die Dame an.
»Wirklich? O ja, bitte!«
Sie ratterte – ganz klar auswendig – eine Nummer herunter, die der, die AT &T gegeben hatte, nicht im geringsten – wirklich keinen Deut – ähnelte. Ich dankte ihr überschwenglich.
»Keine Ursache«, sagte sie. »Das passiert dauernd.«
»Wie, AT &T gibt den Leuten Ihre Nummer, wenn sie nach der von Dartmouth Mini Coach fragen?«
»Ja, immer. Haben Sie sie auch von AT &T?«
»Ja.«
»Hab ich mir gedacht«, war ihr einziger Kommentar. Und als ich ihr noch einmal dankte, fügte sie hinzu: »Es war mir ein Vergnügen. Und he – vergessen Sie nicht, sich das Telefon noch einmal gründlich vorzuknöpfen, bevor Sie gehen.«
Das sagte sie natürlich nicht. Es war nicht nötig.
Ich mußte vier Stunden auf den nächsten Minibus warten. Aber es hätte schlimmer kommen können. Ich hatte wenigstens genug zum Lesen.
Kino? Das war einmal
Jedes Jahr um diese Zeit mache ich etwas Dummes. Ich sammle ein paar von den kleineren Kindern ein und gehe mit ihnen in einen der Sommerfilme.
Sommerfilme sind das große Geschäft in den Vereinigten Staaten. Zwischen Memorial Day und Labor Day – dem letzten Montag im Mai und dem ersten Montag im September – geben die Leute hier zwei Milliarden Dollar für Kinokarten aus, plus noch einmal die Hälfte davon, um sich Süßkram in den Mund zu stopfen, während sie mit großen Augen auf Bilder extrem kostspieligen Chaos starren.
Sommerfilme sind natürlich meistens schlecht, aber ich fürchte, in diesem Sommer sind sie schlechter denn je zuvor. Ich beziehe mich ausschließlich, aber vertrauensvoll auf eine Aussage, mit der Jan de Bont, Regisseur von Speed 2 , in der New York Times zitiert wird. Er prahlte, daß ihm das Highlight des Films – ein Ozeandampfer mit Sandra Bullock an Bord gerät außer Kontrolle und kracht in ein Dorf in der Karibik – im Traum erschienen ist. »Das gesamte Drehbuch ist sozusagen von hinten, von diesem Bild aus, geschrieben worden«, enthüllte er stolz. Das, finde ich, sagt alles, was man über das intellektuelle Niveau des durchschnittlichen Sommerfilms wissen muß.
Ich ermahne mich immer wieder, meine Erwartungen nicht zu hoch zu schrauben und daran zu denken, daß Sommerfilme das cineastische Äquivalent zu Karussellfahrten sind, und von einer Achterbahn erwartet man ja auch nicht, daß sie einem einen plausiblen Handlungsverlauf bietet. Aber leider, leider sind die Sommerfilme so dämlich geworden – so abgrundtief dämlich –, daß sie kaum noch zu ertragen sind. Ganz einerlei, wieviel Geld sie gekostet haben – und es lohnt sich, hier anzumerken, daß in der Produktion dieses Jahres mindestens acht ein Budget von über einhundert Millionen Dollar hatten –, sie sind oft so hanebüchen unglaubwürdig, daß man sich fragt, ob das Drehbuch bei Kanapees in der Nacht vor Beginn der Dreharbeiten zusammengestümpert worden ist.
Dieses Jahr haben wir uns den neuen Jurassic-Park-Film, Vergessene Welt , angeschaut. Macht nichts, daß er weitgehend identisch mit dem ersten Jurassic-Park-Film ist – dieselben wummernden Schritte und zitternden Pfützen, wann immer T-Rex im Anmarsch ist, dieselben Leute, die verzagt von einer Tür wegkriechen, gegen die sich Velociraptoren werfen, und dann feststellen müssen, daß sich andere zähnefletschende Kreaturen bedrohlich hinter ihnen erheben, dieselben Szenen, in denen Fahrzeuge von einer dichtbewachsenen Dschungelklippe baumeln, während sich die Helden in Todesgefahr festklammern. Alles geschenkt. Die Dinosaurier sind phantastisch, und schon in der ersten Stunde wird etwa ein Dutzend Leute zermanscht oder aufgefressen. Deshalb sind wir schließlich hier!
Doch dann mutet man uns ein wenig zuviel zu. In einer entscheidenden Szene entkommt ein Tyrannosaurus auf völlig hirnrissige Weise von einem Schiff, läuft durch die Innenstadt von San Diego Amok, zerdrückt Busse, zerquetscht Tankstellen, und steht dann –
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