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Streiflichter aus Amerika

Titel: Streiflichter aus Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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bezaubernd nach dem Motto »Seit 1957 nicht mehr angerührt«. Wir waren die einzigen Besucher, wahrscheinlich die einzigen seit vielen Tagen. Ich war entzückt.
    »Ist die nicht toll?« fragte ich meine jüngste Tochter.
    »Dad, du bist voll peinlich«, sagte sie traurig und trollte sich.
    Hoffnungsfroh wandte ich mich an ihren kleinen Bruder, aber er schüttelte nur den Kopf und folgte ihr.
    Natürlich war ich enttäuscht, aber ich glaube, ich weiß, was ich beim nächstenmal mache. Ich halte sie zwei Stunden lang fest und bemale sie von oben bis unten mit einem Kugelschreiber. Dann wissen sie garantiert jede Art Abwechslung auf einem Highway zu schätzen.

    Vorsicht, Schnüffler!

    So, jetzt kommt etwas, das Sie sich merken müssen, sollten Sie jemals in einem amerikanischen Kaufhaus oder Laden eine Umkleidekabine benutzen. Es ist vollkommen legal – und ganz offenbar Routine –, daß Sie observiert werden, während Sie dort Klamotten anprobieren.
    Das weiß ich, weil ich gerade ein Buch von Ellen Alderman und Caroline Kennedy gelesen habe. Es heißt Das Recht auf Privatsphäre und strotzt von alarmierenden Geschichten darüber, wie Firmen und Arbeitgeber in das eindringen dürfen, was man normalerweise als Privatleben betrachtet – und es auch mit Begeisterung tun.
    Daß in Umkleidekabinen spioniert wird, kam 1983 ans Licht, als ein Kunde, der in einem Michiganer Kaufhaus etwas anprobierte, bemerkte, daß ein Angestellter auf eine Trittleiter gestiegen war und ihn durch ein Guckloch beobachtete. (Ist das nun geschmacklos oder nicht?) Der Kunde war so empört, daß er das Kaufhaus wegen Verletzung seiner Privatsphäre verklagte. Er verlor. Das Gericht war der Ansicht, daß Ladenbesitzer solcherart Kontrollen durchführen dürfen, um sich angemessen gegen Diebstähle zu schützen.
    Den Kunden hätte das nicht überraschen sollen. In irgendeiner Form wird heute in den USA jeder observiert. Der technische Fortschritt im Verbund mit Arbeitgeberparanoia und Profitgier hat zur Folge, daß viele Millionen US-Bürger es sich gefallen lassen müssen, daß man in einer Art und Weise in ihrem Leben herumschnüffelt, die vor einem Dutzend Jahren noch nicht möglich, ja nicht einmal denkbar gewesen wäre.
    Surfen Sie im Internet, und fast jede Website, die Sie aufsuchen, hält fest, was Sie sich angeschaut haben und wie lange Sie dort geblieben sind. Diese Information kann und wird im allgemeinen auch an Postversand- und Marketingfirmen verhökert oder sonstwie benutzt, um Sie zum Geldausgeben zu animieren.
    Schlimmer noch, es gibt nun massenhaft Informationshändler – elektronisch versierte Privatdetektive –, die sich ihren Lebensunterhalt damit verdienen, gegen eine Gebühr im Internet persönliche Daten von Leuten auszugraben. Wenn man amerikanischer Bürger ist und sich je ins Wahlregister hat eintragen lassen, kommt jeder an Adresse und Geburtsdatum ran, weil die Listen in den meisten Staaten öffentlich zugänglich sind. Mit diesen beiden Informationen können die Händler (und für schlappe acht oder zehn Dollar tun sie das auch) fast jede persönliche Information über jeden Menschen liefern, die jemand wissen möchte: Vorstrafen wegen krimineller und Verkehrsdelikte, Krankengeschichte, Kreditwürdigkeit, Hobbys, Kaufgewohnheiten, jährliches Einkommen, Telefonnummern (einschließlich derer, die nicht im Telefonbuch stehen) – was das Herz begehrt.
    Das war auch früher beileibe nicht unmöglich, aber es dauerte Tage, die Erkundigungen einzuziehen und diverse staatliche Stellen aufzusuchen. Nun schafft man das in Minutenschnelle und vollkommen anonym durch das Internet.
    Viele Firmen nutzen die neuen technischen Errungenschaften, um ihre Geschäfte um so aggressiver zu betreiben. Nach Berichten in der Time überprüfte eine Bank in Maryland – offenbar völlig im Einklang mit den Gesetzen – die Krankengeschichte ihrer Kreditnehmer, um herauszufinden, welche von ihnen an lebensgefährlichen Krankheiten litten, und kündigte ihnen die Darlehen. Andere Unternehmen beschäftigen sich derart intensiv nicht nur mit ihren Kunden, sondern auch mit ihren Betriebsangehörigen. Sie überprüfen beispielsweise, welche Medikamente sie verschrieben bekommen und einnehmen. Ein allseits bekannter Großkonzern tat sich mit einem Pharmazieunternehmen zusammen und kämmte die Krankengeschichte seiner Angestellten durch, um zu sehen, wem eine Dosis Antidepressivum guttun würde. Zweck des Ganzen: Die Firma wollte fröhlichere

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