Streiflichter aus Amerika
Mitarbeiter; der Medikamentenhersteller mehr Kunden.
Laut Aussage des amerikanischen Managementverbandes spionieren zwei Drittel der Firmen in den USA ihre Belegschaften aus. Fünfunddreißig Prozent halten fest, mit wem sie telefonieren, und zehn Prozent nehmen die Gespräche sogar auf, um sie später in Muße einer Inspektion zu unterziehen. Etwa ein Viertel gibt zu, daß sie in die Computerdateien der Mitarbeiter gehen und deren E-Mails lesen.
Andere beobachten ihre Leute heimlich bei der Arbeit. Eine Sekretärin in einem College in Massachusetts entdeckte, daß eine versteckte Videokamera ihr Büro vierundzwanzig Stunden am Tag filmte. Weiß der Himmel, was die Universitätsbehörden mit der Überwachung herauszufinden hofften. Sie bekamen jedenfalls Bilder, auf denen die Frau allabendlich aus ihren Arbeitsklamotten und in einen Trainingsanzug stieg, weil sie nach Hause joggte. Sie verklagte die Universität und kriegt nun vermutlich einen Batzen Geld. Woanders aber haben die Gerichte entschieden, daß Arbeitnehmer sehr wohl observiert werden dürfen.
1989 entdeckte die Angestellte einer großen, in japanischem Besitz befindlichen Computerfirma, daß man routinemäßig ihre E-Mails las, obwohl man den Mitarbeitern versichert hatte, dies sei nicht der Fall. Sie machte es publik und wurde prompt gefeuert. Als sie daraufhin wegen unrechtmäßiger Entlassung einen Prozeß anstrengte, verlor sie. Die Richter waren der Ansicht, daß Firmen nicht nur befugt seien, die private Kommunikation ihrer Angestellten zu überprüfen, sondern diese auch noch zu belügen und zu sagen, sie täten es nicht. Pfui, Teufel!
Und um auf ein heißdiskutiertes Thema zurückzukommen: Hinsichtlich Drogen besteht eine besondere Paranoia. Vor etwa einem Jahr bekam ein Freund von mir einen Job in einer großen Fabrik in Iowa. Gegenüber der Anlage befand sich eine Kneipe, in der die Kollegen nach Feierabend oft noch zusammenhockten. Als mein Freund dort eines Tages – nach der Arbeit! – mit seinen Kumpels ein Bier trank, trat eine ebenfalls bei dem Unternehmen angestellte Frau auf ihn zu und fragte ihn, ob er wisse, wo sie Marihuana kriegen könne. Er sagte, er rauche das Zeug nicht, nannte ihr aber, um sie loszuwerden – denn sie war sehr hartnäckig –, die Telefonnummer eines Bekannten, der manchmal was verkaufte.
Am nächsten Tag war mein Freund gekündigt. Es stellte sich heraus, daß die Frau in Spitzeldiensten der Firma stand und einzig und allein zu dem Zweck angeheuert war, Drogenkonsum in der Belegschaft auszumerzen. Bitte, führen Sie sich vor Augen: Mein Freund hatte ihr weder Gras besorgt noch sie ermutigt, es zu rauchen, sondern sogar noch betont, daß er es nicht nehme. Nichtsdestoweniger wurde er wegen »Beihilfe und Anstiftung zum Konsum unerlaubter Drogen« entlassen.
Bereits einundneunzig Prozent der großen Unternehmen hier – das finde ich schier unglaublich – testen manche ihrer Arbeiter auf Drogen, und viele haben sogenannte TAD-Vorschriften eingeführt – TAD ist die Abkürzung für »Tabak, Alkohol und Drogen« –, nach denen es den Angestellten untersagt ist, auch nur eine dieser Substanzen anzurühren. Zu keiner Zeit und nicht einmal zu Hause! Es gibt also wahrhaftig Firmen, die ihren Angestellten verbieten, zu trinken oder zu rauchen – selbst ein Bier, selbst samstags abends. Und sie setzen diese Verbote durch, indem sie von ihren Arbeitern Urinproben verlangen. Skandalös, aber wahr.
Doch es kommt noch finsterer. Zwei führende Elektronikfirmen haben sich zusammengesetzt und etwas erfunden, das sie »Aktivbutton« nennen und mit dessen Hilfe man die Schritte eines jeden Mitarbeiters verfolgen kann, der gezwungen ist, ihn zu tragen. Der Button sendet alle fünfzehn Sekunden ein Infrarotsignal aus, und das Signal wird von einem Zentralcomputer empfangen, der dann festhält, wo der betreffende Angestellte ist oder gewesen ist, mit wem er zusammen und wie oft er auf der Toilette war oder sich was zu trinken geholt hat – kurz und gut, der Computer speichert jede einzelne Aktivität eines Arbeitstages. Wenn das kein Anlaß zu übelsten Befürchtungen ist, dann weiß ich nicht, was sonst.
Zu meiner Freude kann ich allerdings berichten, daß all die Entwicklungen auch einen positiven Aspekt haben. Eine Firma in New Jersey hat ein Patent für eine Apparatur angemeldet, mit der man überprüfen kann, ob sich Restaurantangestellte die Hände gewaschen haben, wenn sie auf der Toilette waren. Also, das laß
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