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Streiflichter aus Amerika

Titel: Streiflichter aus Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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Fahrzeugen ein Klima geschaffen hatten, das mit dem in der größeren Welt draußen bereits herrschenden identisch war, und da wußte ich, daß die Amerikaner in punkto frischer Luft wirklich den Verstand oder ihr Gefühl für das Verhältnismäßige oder was auch immer sonst verloren haben.
    Ach, gelegentlich gehen sie schon hinaus, wegen der neuartigen Erfahrung, im Freien zu sein – sie machen ein Picknick oder verbringen einen Tag am Strand oder in einem Vergnügungspark –, aber das sind Ausnahmen. Im großen und ganzen haben sich die Leute hier derart daran gewöhnt, daß sie, ohne es noch zu merken, den Großteil ihres Lebens in klimatisierten Umgebungen verbringen, daß ihnen die Möglichkeit von Alternativen gar nicht mehr in den Sinn kommt.
    Und so kaufen sie denn in geschlossenen Einkaufszentren ein, fahren, auch wenn das Wetter nichts zu wünschen läßt wie an diesem Tag, mit geschlossenen Autofenstern und laufender Klimaanlage dorthin und arbeiten in Büros, in denen sie die Fenster nicht öffnen können, selbst wenn sie es wollten. (Als ob es jemals jemand wollte.) In die Ferien reisen sie mit überdimensionalen Wohnmobilen, in denen sie die wilde Natur erleben können, ohne sich ihr wirklich auszusetzen. Wenn sie zu einem Sportereignis gehen, dann zunehmend in Hallenstadien. Einerlei, in welcher Wohngegend man im Sommer herumläuft, fahrradfahrende oder ballspielende Kinder sieht man nicht mehr, weil sie im Haus sind. Und zu hören bekommt man nur noch das gleichmäßige Summen der Klimaanlagen.
    Überall im Lande haben die Kommunen angefangen, sogenannte Skywalks anzulegen – geschlossene, meist verglaste Fußgängerwege über Bodenniveau, natürlich vollklimatisiert –, die alle Gebäude im Zentrum miteinander verbinden. In meiner Heimatstadt Des Moines, Iowa, wurde der erste Skywalk vor fünfundzwanzig Jahren zwischen einem Hotel und einem Kaufhaus gebaut und war ein solcher Hit, daß rasch andere Bauherren dem Beispiel folgten. Nun kann man in der Innenstadt fast einen Kilometer in alle Richtungen laufen, ohne daß man je einen Fuß ins Freie setzen muß. Die Läden auf Straßenniveau sind in den ersten Stock gezogen, wo jetzt der Fußgängerverkehr abläuft. Die einzigen Leute, die man in Des Moines noch auf der Straße sieht, sind Alkis und Büroangestellte, die ein Zigarettchen rauchen. Draußen ist eine Art Vorhölle geworden, ein Ort der Verbannung und der Verbannten.
    Es gibt sogar Sportvereine speziell für Büroangestellte, die zur Mittagspause in ihre Trainingsanzüge schlüpfen und auf einem abgesteckten Kurs flotte, gesunde Wanderungen durch die Fußgängerverbindungswege machen. Sich im Freien zu ertüchtigen würde ihnen im Traum nicht einfallen. Ähnliche, vorwiegend von Rentnern heimgesuchte Fitneßgruppen findet man in fast jedem Einkaufszentrum im Land. Nur daß wir uns recht verstehen: diese Leute treffen sich nicht etwa in den Malls, um dort einzukaufen, sondern um dort täglich Sport zu treiben.
    Als ich das letztemal in Des Moines war, traf ich zufällig einen alten Freund der Familie. Er trug einen Jogginganzug und erzählte mir, daß er gerade vom Sport mit dem Valley West Mall Hiking Club komme. Es war ein herrlicher Apriltag, und ich fragte ihn, warum sich die Clubmitglieder nicht in einem der hübschen großen Stadtparks ergingen.
    »Kein Regen, keine Kälte, keine Berge, keine Straßenräuber«, erwiderte er wie aus der Pistole geschossen.
    »Aber in Des Moines gibt es keine Straßenräuber«, wandte ich ein.
    »Das stimmt«, gab er sofort bereitwillig zu. »Und weißt du auch, warum? Weil keiner draußen ist, den man überfallen könnte.« Er nickte nachdrücklich mit dem Kopf, als hätte ich das nicht bedacht, und das stimmte ja auch.
    Ein Stein gewordenes Denkmal dieser eigenartigen Entwicklung ist das Opryland Hotel in Nashville, Tennessee, in dem ich mich vor etwa einem Jahr im Auftrag einer Zeitschrift aufhielt. Das Opryland Hotel ist eine bemerkenswerte Einrichtung. Zunächst einmal ist es riesig und fast grandios häßlich – der Stil eine Mischung aus Vom Winde verweht , Graceland und der Mall of America.
    Was das Opryland aber wirklich von anderen Hotels unterscheidet, ist die Tatsache, daß es sozusagen hermetisch von der Außenwelt abgeschlossen ist. Das Zentrum bilden drei fünf oder sechs Etagen hohe, enorme glasüberdachte Bereiche mit insgesamt sechsunddreißigtausend Quadratmetern Fläche. Man hat alle Vorteile, im Freien zu sein, ohne daß man

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