Streiflichter aus Amerika
Parkplatz von Disneyland überfallen und bestohlen worden sind. Hauptbestandteil der Klage ist, daß die Enkelkinder angeblich einen traumatischen Schock erlitten, als sie zum Trost hinter die Bühne mitgenommen wurden und mit ansehen mußten, wie die Disneyfiguren ihre Kostüme auszogen. Die Entdeckung, daß Mickey Mouse und Goofy in Wirklichkeit echte Menschen in Kostümen waren, war offensichtlich zuviel für die armen Gören.
Die Klage wurde abgelehnt, aber woanders haben die Leute Gelder kassiert, die im Vergleich zu den Schmerzen oder dem Verlust, den sie vielleicht erlitten haben, völlig unangemessen waren. Auch über folgenden Fall wurde kürzlich viel berichtet. Der Direktor einer Brauerei in Milwaukee erzählte einer Kollegin den pikanten Inhalt einer Folge aus der Serie Seinfeld, worauf die sich beleidigt fühlte und ihn wegen sexueller Belästigung anzeigte. Die Brauerei reagierte, indem sie den Burschen rauswarf, und er reagierte mit einer Klage gegen die Brauerei. Ich weiß nicht, wer in dem Fall was verdiente. Meines Erachtens alle Beteiligten eine ordentliche Tracht Prügel. Im Endeffekt jedoch wurden dem entlassenen Direktor von einem mitfühlenden (i. e. wahnsinnigen) Gericht 26,6 Millionen Dollar zugesprochen, grob geschätzt, das Vierhunderttausendfache seines Jahresgehalts.
Eng mit der Vorstellung verwandt, daß Schadensersatzklagen ein Weg sind, schnell zu großem Reichtum zu gelangen, ist die interessante und offenbar nur in den USA herrschende Überzeugung, daß, einerlei, was passiert, jemand anderes verantwortlich ist. Wenn ein Raucher zum Beispiel fünfzig Jahre lang achtzig Zigaretten am Tag raucht und schließlich Krebs kriegt, dann muß es Schuld aller anderen sein, nur nicht seine eigene, und er verklagt nicht nur den Hersteller seiner Zigaretten, sondern auch den Groß- und Einzelhändler, die Transportfirma, die die Glimmstengel zum Tabakladen bringt, und so weiter und so fort. Eine der seltsamsten Eigenheiten des hiesigen Rechtssystems ist, daß Leute gegen Individuen und Firmen, die nur am Rande mit der Beschwerde zu tun haben, Zivilklage anstrengen können.
So, wie das System funktioniert (das heißt: nicht funktioniert), ist es für die Firmen oder Institutionen oft billiger, einer außergerichtlichen Einigung zuzustimmen, als es zum Prozeß kommen zu lassen. Ich kenne eine Frau, die an einem Regentag beim Betreten eines Kaufhauses ausrutschte und hinfiel und zu ihrem freudigen Erstaunen eine mehr oder weniger sofortige Zahlung von zweitausendundfünfhundert Dollar für ihre Unterschrift unter ein Dokument angeboten bekam, in dem sie versprach, keine gerichtlichen Schritte zu unternehmen. Sie hat unterschrieben.
Die amerikanische Gesellschaft insgesamt kostet das alles enorme Summen – im Jahr mehrere Milliarden Dollar. Allein die Stadt New York gibt zweihundert Millionen jährlich aus, um Ansprüche aus Stürzen abzugelten, die die Leute erleiden, wenn sie über Bordsteine und dergleichen stolpern. In einer Sendung der ABC Television über das außer Kontrolle geratene Rechtssystem hier wurde behauptet, daß die Verbraucher für jedes Auto wegen der aufgeblähten Produkthaftungskosten fünfhundert Dollar mehr als notwendig zahlen müssen, einhundert mehr für Footballhelme und dreitausend für Herzschrittmacher. Laut der Sendung blättern sie sogar fürs Haareschneiden ein wenig mehr hin, weil ein, zwei geplagte Kunden erfolgreich ihre Friseure verklagten, nachdem sie die Art peinlicher Frisur verpaßt bekommen hatten, die ich routinemäßig kriege.
Was mich natürlich alles auf eine Idee gebracht hat. Ich werde jetzt achtzig Zigaretten rauchen, dann rutsche ich, Milch mit hohem Cholesteringehalt trinkend, auf dem Parkplatz von Disneyland aus und knalle hin, erzähle einer vorbeikommenden Dame den Inhalt einer Seinfeld-Show und rufe dann Winny Aalglatt an und sehe mal, ob wir nicht zuschlagen können. Mit weniger als 2,5 Millionen Dollar geben wir uns sicher nicht zufrieden – und dann, ja dann reden wir mal in aller Ruhe über meinen letzten Haarschnitt.
Drinnen ist es am schönsten
Neulich ging ich draußen spazieren, und da fiel mir was Komisches auf. Er war ein herrlicher Tag – herrlicher konnte es gar nicht werden, und vermutlich war es auch der letzte schöne Tag vor dem langen Winter hier –, aber fast jeder vorbeifahrende Wagen hatte die Fenster geschlossen.
Alle Fahrer hatten ihre Temperaturregler so eingestellt, daß sie in ihren hermetisch geschlossenen
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