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Streitfaelle außergerichtlich loesen

Streitfaelle außergerichtlich loesen

Titel: Streitfaelle außergerichtlich loesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Depré
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Verhaltensweisen von der Seele zu reden. In den seltensten Fällen werden die Parteien in der Lage sein, rein sachlich an den Konflikt heranzugehen. Vielmehr wird sich der Vortrag der Beteiligten am Anfang auf Schuldzuweisungen an die Gegenseite beschränken. Schon hier ist es Aufgabe des Mediators, aus dem Vortrag des Beteiligten zu erfassen, welchen Inhalts der hinter der Schuldzuweisung stehende Konflikt ist. Es bietet sich daher für den Mediator an, den Sinngehalt des Vortrags der Beteiligten schriftlich – für alle Beteiligten sichtbar – zu erfassen. So kann der mitgeteilte Sachverhalt der Beteiligten objektiviert werden. Zugleich wird offensichtlich, dass mehrere verschiedene Konfliktpunkte bestehen, die gänzlich unterschiedliche Ursachen haben können. Darüber hinaus dient diese Visualisierung auch der Kontrolle, ob die Beteiligten vom Mediator richtig verstanden wurden.
    Beide Parteien müssen in fairer und gleicher Art und Weise Gelegenheit bekommen, den Konflikt aus ihrer Sicht zu schildern. Insbesondere das zeitliche Moment ist hier von Bedeutung. Erfahrungsgemäß fühlt sich eine Partei schnell benachteiligt und wähnt den Mediator als parteiisch, wenn die zur Verfügung stehende Redezeit stark voneinander abweicht.
    Danach soll jede Partei Gelegenheit erhalten, auf die Konfliktdarstellung der Gegenseite zu erwidern. Wiederum werden die Gegenargumente bzw. Gegenvorstellungen der Parteien vom Mediator erfasst, objektiviert und visualisiert.
    Der Mediator fasst schließlich den Vortrag und den Gegenvortrag der Beteiligten noch einmal mündlich zusammen, um sicherzustellen, dass er den Vortrag der Parteien richtig erfasst hat und alle relevanten Punkte erörtert wurden.
    Am Ende dieses Meinungs- und Konfliktdarstellungsaustauschs ergibt sich meist ein sehr komplexes Bild an erarbeiteten Themen und Konflikten. Die Visualisierung dieser Auseinandersetzung ermöglicht den Parteien (wieder) Klarheit darüber, dass es bestimmte Konfliktthemen gibt, statt eines Gegners auf der anderen Seite, der einem Böses will und dem man Böses antun möchte:
Vor der Mediation:
A ← → B
A und B nehmen sich als Gegner wahr.
Nach Phase II der Mediation:
A → C
A und B erkennen, dass sie gemeinsam das
B → C
Problem „C“ haben.
    Weitere Unterstützung bei der Änderung ihrer Sichtweise erhalten die Parteien dadurch, dass der Mediator gemeinsam mit ihnen eine Thesensammlung fertigt, in welcher die Konflikte objektiviert zusammengefasst werden. Zugleich wird dabei eine Reihenfolge zur Abarbeitung der Konflikte bestimmt. Diese Thesen sollten in Form von nicht wertenden Fragestellungen oder Problemdefinitionen erfasst werden.
    Beispiel einer Thesensammlung:
    a)

Sachverhalt
    Die Eheleute A sind mittlerweile 70 Jahre alt und haben drei erwachsene, verheiratete Kinder B, C und D sowie sechs Enkelkinder. Darüber hinaus sind die Eheleute Eigentümer von drei renovierungsbedürftigen Immobilien sowie einem zusätzlichen Grundstück. Bargeld ist nur in sehr begrenztem Umfang vorhanden.
    Die Eheleute A wohnen bei ihrem Sohn B in einer dieser drei Immobilien. C bewohnt ein anderes dieser Häuser und verwaltet auch die dritte Immobilie. C braucht beide Anwesen sowie die dazugehörigen großen Grundstücke für seine berufliche Tätigkeit. Die Eltern möchten im Wege der vorweggenommenen Erbfolge Grundstücke und Immobilien auf die Kinder übertragen. Die Kinder möchten in die Grundstücke investieren. Unter den Geschwistern gibt es ab und an Streitigkeiten, insbesondere mit den neuen Ehepartnern.
b)

Thesensammlung
    1.

Sicherstellung der Altersvorsorge der Eheleute A
2.

Betreuung der Eheleute A im Alter
3.

Vorsorgevollmachten
4.

Wer hat was bereits von den Eltern erhalten?
5.

Finanzierung der Renovierung der Immobilie
6.

Sicherheit von B und C, falls diese in die Immobilie(n) investieren
7.

Übertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge
8.

Gerechtigkeit unter den Geschwistern
9.

Verbesserung des Familienklimas unter Einbeziehung der Schwiegersöhne/-töchter
10.

Hausordnungen
    2.4 Klärung des Konflikts (Phase III)
    Hauptelement der Mediation ist die Phase III, in welcher der Konflikt geklärt werden soll. Dafür ist es erforderlich, dass den Parteien deutlich gemacht wird, wie oder in welchen Punkten sie den Konflikt bzw. die Konflikte unterschiedlich wahrnehmen und empfinden. Nur so können die Streitenden ein Verständnis für die Position der Gegenseite entwickeln und gemeinsam eine Lösung erarbeiten. Der

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