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Streng vertraulich

Streng vertraulich

Titel: Streng vertraulich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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Uranus natürlich.« Er beugte sich vor, so daß ich von seinem Geruch fast ohnmächtig wurde. »Ich bin einer von ihnen.«
»Ja, klar«, lenkte ich ein.
Ein paar Minuten später wurde Terrance abgeholt, wahrscheinlich wurde er zu seinem Raumschiff gebracht oder zu einem geheimen Treffen mit der Regierung. Uns ließ man an Ort und Stelle. Devin und Oscar gingen mehrmals vorbei, ohne uns eines Blickes zu würdigen. Dasselbe tat eine Menge anderer Bullen, ganz zu schweigen von den Nutten, einer Armee von Kautionsbürgen und einer Horde Privatdetektive mit verdächtig aussehenden Aktentaschen und hageren Gesichtern. Wahrscheinlich hatte sie keine Zeit zum Essen. Die Dämmerung brach herein, und es wurde dunkel. Auf einmal liefen ganz viele finster aussehende Bullen, die wie Devin gebaut waren - kräftig und kompakt -, auf die Fahrstühle zu. Unter ihren dunkelblauen Windjacken trugen sie unförmige, schußsichere Westen, in den Händen hielten sie M-16s. Die Anti-Gang-Einsatztruppe. Sie hielten die Aufzüge offen, bis Devin und Oscar bei ihnen waren, dann fuhren sie nach unten.
Man bot uns nicht an, einen Anruf zu machen. Das tat man erst kurz vor oder während der ersten Minuten einer Vernehmung. Dann sagte jemand: »Was, Ihnen hat niemand gesagt, daß Sie telefonieren dürfen? Oh, Mann. Wahrscheinlich waren die Leitungen überlastet.«
Ein Junge in der blauen Uniform eines Streifenpolizisten brachte uns zwei lauwarme Kaffee aus dem Automaten. Der alte Bulle, der unsere Fingerabdrücke abgenommen hatte, stand uns gegenüber hinter einem Schreibtisch. Er stempelte einen Packen Papier und mußte immer wieder ans Telefon. Wenn er sich überhaupt an uns erinnerte, so verbarg er es jetzt recht erfolgreich. Irgendwann, als ich aufstand, um mich zu strecken, warf er einen verstohlenen Blick in meine Richtung, und ich sah aus dem Augenwinkel einen Bullen im Gang links von mir auftauchen. Ich trank etwas am Wasserspender - nicht gerade einfach, wenn einem die Hände gebunden sind - und setzte mich wieder hin.
Angie fragte: »Meinst du, sie sagen uns, was mit Bubba ist?«
Ich schüttelte den Kopf. »Wenn wir danach fragen, sind wir mit dabeigewesen. Wenn sie es uns sagen, bevor wir fragen, verlieren sie alles und gewinnen nichts.«
»Habe ich mir auch schon überlegt.«
Sie schlief ein bißchen mit dem Kopf an meiner Schulter, die Knie angezogen. Normalerweise hätte das Gewicht ihres Körpers bei mir einen Krampf ausgelöst, wenn nicht schon längst alle meine Muskeln verkrampft gewesen wären; nach neun oder zehn Stunden auf dieser Bank käme schon eine simple Stretchübung einem Orgasmus gleich.
Man hatte mir die Uhr abgenommen, doch war das Dunkelblau der Nacht schon ein bißchen dem fahlen Licht des frühen Morgens gewichen, als Devin und Oscar zurückkehrten. Es mußte so um fünf Uhr sein. Im Vorbeigehen befahl Devin: »Komm mit, Kenzie!«
Wir quälten uns von der Bank hoch und stolperten hinter ihnen den Gang entlang. Meine Beine wollten sich einfach nicht durchdrücken lassen, und mein Rücken fühlte sich an, als hätte ich einen Hammer verschluckt. Sie führten uns in dasselbe Vernehmungszimmer, in dem wir uns vor zwanzig Stunden getroffen hatten, und ließen mir die Tür vor den Kopf schlagen, als ich eintreten wollte. Ich stieß sie mit den gefesselten Händen auf, und wir beide humpelten wie Quasimodo über die Schwelle.
Ich fragte: »Schon mal was von Amnesty gehört?«
Devin warf das Funkgerät vor sich auf den Tisch. Dem folgte ein großer Schlüsselbund, dann setzte er sich hin und sah uns an. Seine Augen waren rot und tief gerändert, doch vibrierten sie vor Amphetaminen. Oscar sah genauso aus. Wahrscheinlich waren sie seit achtundvierzig Stunden auf den Beinen. Irgendwann, wenn das alles vorbei war und sie sonntags in ihren Fernsehsesseln American Football guckten, würden sich ihre Gefühle wieder bemerkbar machen und sie zu einem folgenschweren Schritt bewegen: Wie ich sie kannte, würden sie sich wahrscheinlich noch am selben Tag verabschieden.
Ich hielt ihnen die Hände hin. »Nehmt ihr jetzt diese Dinger hier ab?«
Devin sah erst auf meine Handgelenke, dann in mein Gesicht. Er schüttelte den Kopf
Angie setzte sich hin. »Du bist ein Arschloch.«
»Stimmt«, erwiderte Devin.
Ich nahm ebenfalls Platz.
Oscar fing an: »Falls es euch zwei interessieren sollte: Der Einsatz in diesem Krieg wurde heute nacht erhöht. Jemand hat eine Granate durch das Fenster von einer Crackhöhle der Saints gefeuert. Dabei

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