Striptease: Roman (German Edition)
fünf Tischtänze für den jungen Latino, und jedesmal gab er ihr einen Hunderter. Sie freute sich über das Geld, war aber zugleich mißtrauisch. Der Kerl wollte noch etwas anderes. Ganz sicher sogar.
Schließlich war sie wieder an der Reihe für einen Auftritt auf der Hauptbühne. Kevin legte einen Titel von den Black Crowes auf, der den ganzen Laden aufweckte. Der Song war schnell und aggressiv, und Erin drehte und verrenkte sich, machte schnelle Wechselschritte und wurde dabei eine Menge überschüssiger Energie los. Shad saß nun allein an der Bar. Al García war zum Münzfernsprecher neben der Eingangstür gegangen und stand dort mit dem Rücken zur Bühne. Gleichgültig, dachte Erin, total unberührt von meiner Darbietung. Eigentlich witzig.
Der junge Latino am Bühnenrand winkte Erin heran und schob ihr zweihundert Dollar in den Strumpfgürtel. Als Erin sich zu ihm hinabbeugte, um sich zu bedanken, legte er eine Hand auf ihre Schulter und flüsterte ihr etwas ins Ohr.
Shads Körper spannte sich, und er war bereit, sofort zu reagieren und einzugreifen, falls der Bursche es wagen sollte zuzupacken. Aber Erin schien durch die Worte des jungen Mannes nur verwirrt, nicht verärgert zu sein. Als sie zur Mitte der Bühne zurückkehrte, wirkte ihr Lächeln wieder echt, und ihre Augen blickten ruhig und friedlich. Sie vollführte sogar eine lässige Pirouette vor der Windmaschine. Shad blieb sitzen.
Nach dem Auftritt ging Erin wieder zum Tisch des jungen Latinos, aber Shad sah sie nicht zu einem weiteren Tanz hinaufklettern. Kurze Zeit später erhob sich der Latino und verließ den Club. Erin trat an die Bar und sagte: »Jetzt brauche ich einen Martini.«
Shad erkundigte sich, ob irgend etwas nicht in Ordnung sei.
»Nein, nein«, erwiderte Erin. »Nur Showbusiness.«
»Das war aber ein begeisterter Fan.« Die Bemerkung kam von Al García. Er ließ sich neben Erin nieder. »Sie wissen, wer das war?«
»Er sagte, er heiße Chris.«
»Christopher Rojo«, sagte der Detective. »Einer von den Zucker-Rojos.«
Erin nickte verstehend. »Das erklärt das viele Geld. Aber das erklärt nicht dies!« Sie drehte sich auf dem Hocker und legte ihr rechtes Bein quer über Shads Schoß.
»Wo ist dein Schuh?« fragte er.
»Der junge Christopher hat ihn soeben gekauft«, sagte Erin. »Für eintausend Dollar.«
Der Rausschmeißer runzelte erstaunt die Stirn. Erin selbst war leicht benommen. Das Geld war ein Geschenk Gottes, aber es war nicht unbedingt ihr Traumjob – gebrauchte Schuhe an reiche Perverse zu verhökern.
»Ein verdammter Schuh«, murmelte Shad. »Wofür?«
Erin schlug die Hände vors Gesicht. »Ich mag gar nicht drüber nachdenken.«
»Liebe«, sagte Al García. »Ist das nicht rührend?«
20. KAPITEL
Merkin legte seine Hand auf die Sprechmuschel des Telefonhörers und fragte Picatta, ob sie ein R-Gespräch von Darrell Grant annehmen sollten.
»Ich kenne keinen Darrell Grant«, antwortete Picatta laut. »Du etwa?«
»Noch nie von ihm gehört.«
»Von wo ruft er denn an?«
»Aus dem Bezirksgefängnis in Martin«, sagte Merkin. Er grinste und hielt das Telefon ein Stück von seinem Ohr weg. Darrell war zu hören, wie er die Fernvermittlung anflehte, ihn zu verbinden.
Picatta beugte sich zu dem Hörer vor und rief: »Der einzige Darrell Grant, den ich kenne, ist ein verlogener Schwanzlutscher, dem die Bewährung gestrichen wird, sobald er Broward County betritt.«
Merkin schaltete sich ein. »Ist das etwa derselbe unglückliche Darrell Grant, der demnächst das Sorgerecht für sein Kind verliert, weil sein Vorstrafenregister plötzlich wieder im Gerichtscomputer auftaucht, nachdem es all die Jahre verschütt gegangen war?«
»Wirklich Pech«, sagte Picatta, »nach so vielen Jahren. Ich habe gehört, dieser neue Richter sei ehrlich überrascht gewesen.«
Am anderen Ende verstummte Darrell Grant. Die Fernvermittlung, die eine engelhafte Geduld bewies, fragte erneut, ob Detective Merkin den Anruf annehme.
»Nein, Ma’am«, sagte er. »Bestellen Sie Mr. Grant, wenn er gerne mit jemandem schwatzen will, dann soll er doch einen Mr. Thomas Tinker anrufen, diesen sogenannten Heroinbaron, von dem er uns erzählt hat. Die Telefonzentrale auf dem Friedhof stellt ihn bestimmt gerne durch. Auf Wiedersehen.«
Merkin legte auf. Die Fernvermittlung unterbrach ebenfalls die Verbindung. Darrell Grant gab das Telefon niedergeschlagen dem Streifenbeamten zurück.
»Sie erlauben sich einen Scherz mit mir«,
Weitere Kostenlose Bücher