Striptease: Roman (German Edition)
man sich wieder halbwegs normal mit ihm unterhalten konnte.
Dann stellte er sich mit den Absätzen seiner Cowboystiefel auf Shads Schädel.
»Geh da runter!« schrie Erin.
»Sag Feigling.«
»Darrell, hör auf!«
Shad gab keinen Laut von sich. Erin hatte keine Ahnung, ob er noch bei Bewußtsein war.
»Mir gefällt es hier oben«, zwitscherte Darrell Grant und balancierte auf Shads Kopf hin und her.
»Nicht«, flehte Erin.
»Was ist es dir wert? Einen Zwanziger?«
Erin blickte in Shads Gesicht unter den Stiefelsohlen. Seine Augen waren geschlossen, aber er biß die Zähne zusammen.
»Zwanzig Bucks«, wiederholte Darrell Grant. »Beeil dich!«
Er hatte Erins Handtasche unter den Wagen geschleudert. Um sie zurückzuholen, mußte sie über den Boden kriechen. Darrell Grant grinste lüstern, als er sie auf allen vieren am Boden sah. »Das gefällt mir«, sagte er. »Es weckt Erinnerungen.«
Mechanisch suchte Erin in der Handtasche nach ihrem Geld. Sie fand einen Zwanzigdollarschein und reichte ihn ihrem Ex-Mann. Er roch daran, als sei es Kognak. »Erstaunlich«, sagte er. »Du brauchst nur deine Spalte zu entblößen, und schon schmeißen Männer mit Geld. Ist das nicht ein wunderbares Land, Erin? Bist du nicht stolz darauf, Amerikanerin zu sein?«
In diesem Moment war die einzige Person, die sie noch mehr haßte als Darrell Grant, sie selbst, nämlich dafür, ihn geheiratet zu haben. »Geh von dem Mann runter«, sagte sie eisig. Darrell sprang von Shads Schädel herab.
»Wo ist Angie?«
»In Sicherheit«, sagte Darrell Grant. »Wenn du eine brave Mummy bist, darf sie dich zu Weihnachten anrufen.«
»Wir gehen wieder vor Gericht.« Erins Stimme zitterte. »Du hast schon wieder die Vorschriften des Richters verletzt.«
»Zurück vor Gericht!« Darrells johlende Stimme hallte durch die Nacht. »Zurück vor Gericht! Das liebe ich.«
»Was ist mit dir passiert, Darrell?« Sie wollte es wirklich wissen. Er war in einem schlimmeren Zustand als je zuvor.
Er zog das Messer aus seinem Gürtel und beugte sich über Shad. Für einen Moment befürchtete Erin, er wolle ihm die Kehle durchschneiden.
»Tu es nicht«, sagte sie.
»Was soll ich nicht tun?«
Indem er den Dolch wie einen Schreibstift benutzte, kratzte Darrell spielerisch den Buchstaben G in die Haut auf Shads nacktem Schädel. Blut rann herab und sammelte sich in den Muskelfalten im Nacken. Erin hatte ein flaues Gefühl im Magen und fror. Shad schwieg weiterhin, hatte jedoch die Augen geöffnet.
»Sieh mal.« Darrell Grant trat zurück und bewunderte sein Werk.
»Was beweist das?« wollte Erin wissen.
»Wir gehen nicht wieder vor Gericht.«
»Du irrst dich, Darrell.«
»Ich habe gewonnen, Schätzchen. Alle Murmeln, weißt du noch?«
»Was hast du mit meinen Schuhen getan?«
Erneut erklang sein johlendes Gelächter. »Wach auf, kleine Dorothy«, sagte er. »Du bist nicht mehr in Kansas!«
Darrell Grant umrundete Erins Wagen und durchlöcherte die Reifen mit einem Messerstich. Dann kickte er jede Limonadendose weg und schlenderte über den Parkplatz davon. Während er in der Dunkelheit verschwand, konnte Erin ihn singen hören: »Somewhere Over the Rainbow.«
Vor ihren Füßen drehte Shad sich auf den Rücken und schaute blinzelnd zu den Sternen hinauf.
»Netter Bursche«, sagte er. »Wirklich schade, daß es mit euch beiden nicht geklappt hat.«
7. KAPITEL
Am nächsten Abend tanzte Erin zu der Musik von ZZ Top.
Ihr Schallplattenladen führte das erste Album der Band nicht, daher hatte sie sich für eine der neueren Veröffentlichungen entschieden. Kevin, dem Discjockey des Clubs, gefielen der harte Gitarrensound und der schnelle Baßrhythmus. Ihre Stammkunden schienen nichts gegen die Temposteigerung zu haben.
Der Gast, den sie Mr. Peepers nannte, war nicht im Publikum. Erin befürchtete, daß Shad ihn für immer vom Eager Beaver vertrieben hatte. Oder er hatte seine Bemühungen aufgegeben.
Soviel zu seiner großen Liebe.
Gegen ihr besseres Wissen war Jerry Killian für Erin zu einem Strohhalm der Hoffnung in ihrem Kampf um Angela geworden. Sich mit Darrell Grant zu einigen war unmöglich, aber vielleicht kam Killian tatsächlich an den Richter heran. Erin mußte mehr über Killians Beziehung, den Abgeordneten des Repräsentantenhauses, in Erfahrung bringen.
Zuerst einmal seinen Namen.
Sie tanzte lange genug außerhalb der Spotlights, um die Augen zu überschatten und die hinteren Tischreihen abzusuchen. Der Richter saß in seiner
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