Striptease: Roman (German Edition)
eine gute Bahn ausgesucht«, sagte er zu Moldowsky.
Eine Serviererin kam vorbei, und der Mann schickte sie mit einer Handbewegung weg. Moldowsky reichte ihm ein dickes braunes Briefkuvert. »Es ist alles drin«, sagte er dazu. »Auch die Tickets. Überzeugen Sie sich.«
»Nee-nee«, erwiderte der Bowler. »Mir ist egal, was drin ist. Ich bin nur der Laufbursche.«
Er warf gekonnt eine Kurve und ließ ein Sieben-zehn-Bild stehen. »Spielen oder wetten Sie gerne?« fragte er Moldowsky. »Warten Sie, das war eine dumme Frage. Natürlich sind Sie ein Spielertyp. Anderenfalls hätten Sie mit der ganzen Sache nichts zu tun.«
»Sehr scharfsinnig.«
»Fünf Bucks, daß ich diesen Split schaffe.«
»Klar«, sagte Moldy. »Fünf ist okay.« Sein Mangel an Interesse wäre nicht einmal einem Dreijährigen verborgen geblieben.
Bei dem massigen Mann sah es ganz einfach aus. Er tippte den Siebenerpin gerade hart genug an, damit er auch den Zehner abräumte. »Das ist der schwierigste Split beim Bowling«, erklärte er. »Wußten Sie das?«
»Erstaunlich«, sagte Moldowsky gähnend. Er gab dem Mann fünf Dollar. »Bestellen Sie Ihren Leuten, sie sollen so schnell wie möglich handeln. Wir haben nämlich eine ziemlich knappe Frist bekommen.«
»Ich weiß nicht, wovon zum Teufel Sie reden«, sagte der Mann, »aber ich gebe es gerne weiter. Sie sind dran, Sportsfreund.«
Moldowsky stellte sich unglücklich am Anfang der Anlaufbahn auf. Er machte drei kleine, unbeholfene Schritte und wuchtete die Kugel auf die Bahn. Irgendwie schaffte er einen Strike.
»Reines Glück«, gab Moldy zu.
»Was gibt es Besseres«, sagte der Mann im UPS-Hemd. »Sie können jetzt getrost nach Hause zurückfahren, okay? Es ist alles unter Kontrolle.«
Eine einzige schlechte Nachricht verstärkte das bedrückende Gefühl der Sinnlosigkeit, das Mordecai seit dem Tag befallen hatte, an dem er seine Examensurkunde der juristischen Fakultät erhielt – als 207. in einem Jahrgang von 212.
Der Rückschlag war besonders grausam, da er in einem seltenen optimistischen Moment erfolgte. Ein Anwalt der Delicato Dairy Company war in Mordecais Kanzlei aufgetaucht, um über eine mögliche außergerichtliche Vereinbarung im Fall des kakerlakenverseuchten Blaubeerjoghurts zu verhandeln. Für Mordecai war die Verhandlungsbereitschaft der Firma (ohne den an sich üblichen Austausch häßlicher Korrespondenz) eine wunderbare Überraschung. Eine außergerichtliche Einigung würde ihm lange Stunden mühsamer Vorbereitung auf einen Prozeß ersparen. Sie bewahrte ihn außerdem davor, der Jury den Anblick seines Klienten zuzumuten.
Der informelle Charakter der Zusammenkunft ließ Mordecais Hoffnungen geradezu in die Höhe schießen. Der Rechtsanwalt der Delicato Dairy Company war sehr gesittet, vernünftig und hatte für rhetorische Schaumschlägereien nichts übrig. Er war sich der imageschädlichen Auswirkungen eines aufgebauschten Ungezieferprozesses durchaus bewußt. Seine Hauptsorge betraf das Fernsehen: In Florida waren TV-Kameras sogar im Gerichtssaal zugelassen. Die beiden Männer waren sich darin einig, daß eine Farbvideoaufnahme von einer Kakerlake, die aus einem Delicato-Becher herausgefischt wird, einen negativen Effekt auf das Vertrauen des Verbrauchers haben würde. Das Ausmaß des Schadens, umsatzmäßig betrachtet, hinge einzig und allein davon ab, wie viele Stationen die Satellitenübertragung aus dem Gerichtssaal übernähmen. Das Interesse des Anwalts, ein solches Risiko zu vermeiden, wurde deutlich durch die Höhe seines ersten Angebots – ein »mittlerer sechsstelliger« Betrag. Mordecai hatte Mühe, seine Freude zu kaschieren.
Natürlich verlangte der Delicato-Anwalt, sich Shads Kakerlake ansehen zu können. Eine reine Formalität, versicherte er Mordecai. Der Anwalt hatte eine Kleinbildkamera mitgebracht, um die Verschmutzung zu dokumentieren. Fotos seien wichtig, erklärte er, falls seine Klienten die Plausibilität einer außergerichtlichen Einigung anzweifeln sollten. Eine kurze Diaschau im Konferenzraum des Firmenvorstands würde sie sicherlich überzeugen.
Mordecai war beeindruckt von der Gründlichkeit des Anwalts. Er konnte erkennen, daß das weite Feld der Produkthaftung ein interessantes Arbeitsgebiet sein könnte, falls man Prozesse vermeiden konnte.
Er wünschte sich, daß Beverly zugegen wäre, um an seinem Triumph teilzuhaben, aber sie hatte sich mit einer ihrer Dreitagemigränen krank gemeldet. Mordecai beschäftigte dafür
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