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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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brauchte. Wenn sie es noch nicht gewußt hätte, wäre ihr dabei klargeworden, daß er sie wirklich mit ausgesuchter Rücksicht behandelt und außerordentliche Selbstbeherrschung bewiesen hatte. Doch bei dem Mann, der Claire entführt hatte, hielt er das nicht für angebracht.
    Don Pedro fluchte und schrie Verwünschungen, brach aber nach kurzer Zeit zusammen. Er erzählte Rolf, daß Claire ihm schon bald zur Last gefallen sei. Er habe sie in Los Adais für ein Pferd mit Sattel eingetauscht. Der Mann, der sie erworben habe, sei ein Berufsspieler und wolle sie auf die Straße schicken. Er habe keinen festen Wohnsitz. Vermutlich seien sie - weiß Gott warum - nach Natchitoches geritten.
    Dann ging alles sehr schnell. Oskar wurde im Licht einer Laterne beerdigt, und das schlammige Grab mit einem hastig zusammengezimmerten Kreuz gekennzeichnet. Rolf und die Garde plünderten die Vorräte des Spaniers und steckten alles, was brauchbar war, in ihre Satteltaschen. Jim Bowie, der es nach Beendigung des Kampfes eilig hatte, weiterzukommen, erbot sich, sie nach Natchitoches zu führen, was mit Verbeugung und Handschlag angenommen wurde. Andre war abkommandiert, Angeline zum Räuberlager zurückzubringen, wohin McCullough und seine Männer später nachkommen sollten. Ein Grund wurde nicht genannt, aber es lag auf der Hand, daß mit den Gefangenen etwas geschehen mußte.
    Angeline war halbwegs trocken, nachdem sie sich vor dem Feuer hin und her gedreht hatte wie ein Spießbraten. Rolf kam zu ihr und legte ihr einen Regenumhang um.
    »Das kann ich nicht annehmen«, sagte sie und streckte Rolf mit unvermittelter Nervosität das Kleidungsstück hin. »Du wirst doch sonst tropfnaß.«
    »Aber nein. Er gehörte Oskar, und der braucht ihn jetzt nicht mehr. Es gibt keinen Grund, zimperlich zu sein - er hat ihn schon vor dem ersten Schußwechsel ausgezogen.«
    Sie sah ihm tief in die Augen. »Ich... ich wünschte, ich könnte mitkommen nach Natchitoches.«
    »Daß Claire dort ist, könnte sich einmal mehr als eine langbeinige Schimäre erweisen, die uns in ihrem Übermut immer weiter fortlockt. Sollen wir wetten?«
    »Aber Don Pedro hat doch geschworen...«
    »Der Eid eines Todgeweihten, der noch dazu nach McCulloughs Meinung keinerlei Aussicht auf das Paradies besitzt. Außerdem ist es ein langer, ermüdender Ritt ohne Übernachtungsmöglichkeit.«
    »Wenn du es durchhältst, kann ich es auch.«
    »Meinst du wirklich, meine süße Angeline, oder folgst du der Stimme des Herzens statt der Vernunft?«
    Für einen Moment streifte er Angeline mit einem liebevollen Blick, der ihren Schmerz besänftigte. »Ich könnte es versuchen.«
    »Das könntest du, aber ich lasse es nicht zu. Geh mit Andre. Das ist jetzt das beste.«
    Er trat unvermittelt auf sie zu, zog sie an sich und preßte ihr seinen warmen, festen Mund auf die Lippen. Der Kuß war besitzergreifend und schmeckte ein wenig nach Verzweiflung. Als er sie losließ, lag in der sehnigen Stärke seiner Arme ein Zögern, so daß es Angeline große Willenskraft kostete, sich von ihm loszureißen.
    Er gab mit leiser Stimme ein paar Anweisungen und sammelte seine Männer um sich. Zusammen mit Angeline und Andre verließen sie das Blockhaus. Die Pferde wurden vorgeführt. Gustav hob Angeline in den Sattel. Sie blieb mit schlaffen Zügeln sitzen und wartete, bis Andre aufgesessen war, der den Arm in einer notdürftigen Schlinge trug, und auch die Garde auf die Pferde stieg. Angelines hartnäckiger Verehrer nahm ihr Pferd am Zügel und führte sie aus dem Gedränge; fort von der Garde und ihren Abschiedsrufen, fort vom Fluchen und Stöhnen der Männer des Spaniers, die jetzt auf die Beine gestellt und von der Veranda heruntergezerrt wurden, fort von McCulloughs Leuten, die schon die Stricke um die Äste ehrwürdiger Lebenseichen warfen.
    Angeline blickte sich nach Rolf um, der auf seinem Pferd saß und für den Lärm und die Verwirrung um ihn herum blind und taub war. Geistesabwesend starrte er ihr nach. Die garde du corps, die jetzt nur noch zu viert war, trabte wie ein Mann an. An der Spitze ritt Rolf, neben ihm Jim Bowie. Wie ein Schwarm Wildgänse stoben sie auf gen Norden, dem Frühling entgegen, während sie, Angeline, in die entgegengesetzte Richtung ritt. Dann entschwanden sie ihren Blicken.
    Angeline sah nach vorne. Die Zeit verstrich. Der Abstand zwischen ihr und Rolf von Ruthenien vergrößerte sich immer mehr. Ihr war, als werde sie in zwei Teile gerissen, ihr schmerzte die Kehle

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