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Stromschnellen: Roman (German Edition)

Stromschnellen: Roman (German Edition)

Titel: Stromschnellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bonnie Jo Campbell
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spärlich behaarte Beine. An den Kniekehlen musste sie behutsam sein, denn auch sie waren wund. Die Schienbeine waren mit Narben sowie unzähligen frischen und schon wieder verblassenden blauen Flecken übersät. Auch die schwieligen Füße wusch sie ihm. Sie fragte sich, ob sie wohl im Alter für ihre Mutter sorgen würde. Vielleicht könnte ihre Mutter sie dann ja brauchen.
    Mit einem Handtuch tupfte sie ihn trocken und half ihm, saubere lange Unterwäsche und ein Arbeitshemd anzuziehen, auf dem der Name SMOKE stand. Danach schlossen sie ihn wieder an das Sauerstoffgerät an.
    »Mein Vater hatte Hemden, auf denen CRANE stand«, erzählte Margo. »Ich wünschte, ich hätte eins von diesen alten Hemden, aber sie gehörten dem Wäschedienst der Fabrik.«
    »Danke, Kindchen«, sagte Smoke, als sie in die Küche zurückkehrten.
    Margo schenkte ihm noch einen Kaffee ein. Sie staunte über die Mengen schwarzen Kaffees, die Smoke zu allen Tageszeiten trank. Er behauptete, das weite seine Lungen und Bronchien.
    »Fishbone hat Angst, er könnte so enden wie ich, wenn er mich anfasst. Wir sind fast gleich alt, auch wenn man es ihm nicht ansieht.«
    »Warum waren Sie nie verheiratet, Smoke?«
    »Einmal war ich es.«
    »Und was ist aus Ihrer Frau geworden?«
    »Wir haben acht lausige Jahre zusammen verbracht, bis sie auf die Idee kam, mit ’nem andern abzuhauen.«
    »Warum hilft Fishbone Ihnen und schaut nach Ihnen?«
    »Warum hilfst du mir, Kindchen? Warum hilft einer dem anderen? Sollen wir etwa alle für uns bleiben und zusehen, dass wir allein klarkommen? Möchtest du so leben?«
    Margo spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. »Lieben Sie Fishbone?«
    »Du bist eine scharfe Beobachterin. Was zum Teufel hast du in all den Monaten, in denen du mich angestarrt hast, noch rausgefunden?«
    »Ich meine, so wie man eine Frau liebt?« Sie fragte es zögernd aus Angst, ihn zu verärgern.
    »Keine Ahnung«, erwiderte Smoke. »Ich hab noch keine Frau so geliebt wie ihn.«
    »Aber er hat eine Frau. Und Kinder und Enkelkinder.«
    »Allerdings!«, schnaubte Smoke. »Und ich hab keine. Darum hab ich auch niemanden, der sich im Alter um mich kümmert.«
    Margo nickte.
    »Jeder Mensch auf dieser Welt ist eine Nuss, die sich nicht knacken lässt«, verkündete Smoke. »Das hab ich gelernt, Kindchen. Nicht mal uns selbst können wir knacken.«
    »Ich werde mich um Sie kümmern, Smoke.«
    »Du bist ein gutes Kind. Ich bin sicher, selbst deine verrückte Mutter weiß das.«
    An einem klaren, kalten Morgen zwischen Weihnachten und Silvester – Margo war gerade auf der Kuhweide auf halbem Weg zu Smokes Haus – drang der Lärm von Motorsägen und einem starken Dieselmotor an ihr Ohr. Auf der Straße standen ein Kipplaster sowie ein Frontlader. Margo ging hinter einen Baum auf Smokes Grundstück in Deckung und beobachtete, wie sich drei Männer in wattierten Overalls die frei stehende alte Garage vornahmen, die Fishbone seine »Hütte am Fluss« nannte. Als das Dach einstürzte, kam Smoke im Rollstuhl auf die Terrasse gerollt. Margo lief ins Haus, um ihm Mantel und Hut zu holen. Sie nahm auch die Milchkiste mit und setzte sich darauf, um zuzuschauen.
    Während die Arbeiter zersplittertes Holz, Dachmaterialien und Fensterglas mit dem Frontlader zusammenschoben und auf die Ladefläche des großen Lasters kippten, machte Smoke abwechselnd einen Zug am Sauerstoffgerät und an seiner Zigarette. In kaum drei Stunden hatten die Männer, die Smoke und Margo nur einmal knapp zugenickt hatten, ihre Arbeit erledigt. Margo und Smoke redeten in der Zeit nicht viel miteinander. Am Ende war von der Garage nur noch ein quadratisches Fundament aus löchrigem Beton übrig. Während ein dickbäuchiger Mann es mit einem breiten Besen kehrte, bugsierten die beiden anderen den Frontlader auf den Anhänger. Dann kletterten alle drei ins Fahrerhäuschen des Kipplasters und fuhren davon.
    »Die schicken garantiert ’ne Rechnung«, schimpfte Smoke. »Wart’s ab! Und jetzt sag mir, ob du eine einzige verdammte Ratte siehst.«
    Margo konnte kein Anzeichen von Ratten entdecken, obwohl sie wusste, dass es überall dort, wo Menschen waren, auch Ratten gab, vor allem am Fluss. Ihr Fell oder Fleisch war natürlich nicht zu gebrauchen, aber Margo verabscheute die Tiere nicht so sehr, wie alle anderen es offenbar taten. Ratten waren einfach nur Kreaturen, die am Fluss ihr Dasein fristeten. Die Menschen übertrieben es mit der Unreinheit von Flussratten genauso wie mit der

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