Stromschnellen: Roman (German Edition)
wuchernden Gestrüpp auf ihrer Flussseite waren die Hecken rund um sein Haus flach wie Tischplatten zurechtgestutzt. Margo freute sich schon auf den Abend, wenn Paul und Charlie weg wären, der Mann nach Hause kommen, den Hund herauslassen und dieser sich ans Ufer hocken würde. Der Hund konnte mit dem Maul Fische fangen, sie hatte ihn mehrmals dabei beobachtet.
Sie holte ein Stück Schlauch und zapfte etwas Benzin aus dem Tank des MerCruiser in einen Milchkrug. Mit Zweitaktöl gemischt, müsste es für eine Fahrt mit dem Außenborder nach Heart of Pines reichen, eventuell sogar für zwei, wenn sie auf dem Rückweg ruderte. Vielleicht würde sie aber auch zum Angeln nach Willow Island fahren, wo sie einmal gesehen hatte, wie ein Reiher eine Schlange zu seinen Jungen in den Bäumen brachte.
Margo hatte Brian nie Einzelheiten über den Vorfall mit Cal erzählt, sie hatte ihm nie nahegelegt, Cal zu bestrafen.
Um den Benzingeschmack vom Ansaugen loszuwerden, spülte sie den Mund mit Kaffee aus und spuckte in den Fluss. Vielleicht war es gar nicht so schlecht, allein hier zu leben: Sie hatte das Bett für sich, konnte Frühstück machen, wann und wie sie es mochte, und musste sich nicht den Kopf darüber zerbrechen, in welchem Zustand Brian wäre, wenn er von der Arbeit oder aus der Kneipe kam. Sie würde die Geldanweisung einlösen und Vorräte für den Winter anlegen müssen, unter anderem Speck, Mehl und Milchpulver. Vielleicht würde sie Brot backen, wozu sie bisher nicht gekommen war. Brian würde ihr zwar fehlen, aber sie würde schon klarkommen. Sie würde sich Munition beschaffen und beim Schlafen zum Schutz die Büchse neben sich legen.
Charlie regte sich auf der Couch. Margo siebte die Mottenlarven aus dem Mehlrest, um Pfannkuchen zu machen. Paul und Charlie würden sich bestimmt über ein warmes Frühstück freuen. Sie machte ein Bier auf, goss die Hälfte in die trockenen Zutaten und hielt die offene Dose Charlie hin, der sich aufsetzte und sie entgegennahm. Er legte den Kopf in den Nacken, kippte die Dose und trank sie mit einem einzigen langen Schluck leer.
»Bist du hungrig, Charlie?«, fragte sie. »Hast du gut geschlafen?«
»Gibt’s hier ein Klo?«, wollte er wissen. Sie begleitete ihn nach draußen und zeigte auf den Trampelpfad zum Plumpsklo.
Aus dem Schlafzimmer rief Paul nach ihr. Sie stieß die Tür auf und ging hinein. Es roch nach Rauch, der aber nicht von Zigaretten stammte. Auf dem Fenstersims erblickte sie eine Glaspfeife und ein Päckchen Streichhölzer. Paul drehte den Kopf, um sie mit seinem guten Auge anzusehen.
»Ich mache gerade Pfannkuchen«, sagte sie. »Charlie ist aufs Klo gegangen.«
»Komm her, Flussprinzessin.« Bevor ihr klar wurde, dass sie in seiner Reichweite war, hatte er sie gepackt und aufs Bett gezogen.
»Paul, was –?«
»Küss mich«, befahl er.
»Nein, Paul. Was ist, wenn Brian –«
»Brian ist nicht hier. Er kommt nicht zurück.«
»Lass das!«, rief Margo, aber er riss sie an sich.
Paul schien ihren Protest nicht zu hören. Er zog ihre Jeans herunter, ohne den Reißverschluss zu öffnen – die Hose saß locker, denn Margo hatte in den letzten Monaten ziemlich abgenommen –, und schob ihr T-Shirt hoch. Margo winkelte die Beine an und wollte sich aufsetzen, aber er hielt sie mit einer Hand aufs Bett gedrückt und betatschte mit der anderen ihren Bauch und ihre rechte Brust. In der Schule hatte sie sich von Jungs losgerissen, die sie im Treppenhaus begrapschen wollten, aber gegen einen ausgewachsenen Mann hatte sie sich noch nie wehren müssen. Sie versuchte Paul wegzustoßen und nach ihm zu treten. Sie hob das Bein, aber er drückte ihr Knie zur Seite und wälzte sich auf sie, und als sie ihn wieder von sich herunterschieben wollte, drehte er sie mit erschreckender Leichtigkeit um. Seine Finger hielten sie fest wie Spanngurte. Sie hatte sich immer für stark gehalten, aber verglichen mit Paul war sie nichts. Schreiend versuchte sie ihn abzuschütteln.
Er zwang sie auf den Bauch und arbeitete sich in sie hinein, während ihre Arme unter ihr gefangen waren. Margo schrie so laut, dass Charlie sie hören musste, wenn er vom Klo zurückkam, aber nebenan blieb es still. Paul drückte sie so fest auf die Matratze, dass sie keine Luft mehr bekam. Sie hatte Angst zu ersticken. Als sie damals in Murrayville unter den toten Hirsch gekrochen war, hatte sie sich selbst beruhigen können, aber mit Paul auf sich hatte sie keine Chance. Sie versuchte sich
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