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Stromschnellen: Roman (German Edition)

Stromschnellen: Roman (German Edition)

Titel: Stromschnellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bonnie Jo Campbell
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sie nur kurz, um ein paar Kanister mit dem Zeug aus der hinter dem Haus verscharrten blauen Tonne zu füllen, aber an diesem Tag fegte Charlie den Boden unter dem Vorbau, und deshalb befürchtete Margo, dass einer von ihnen einen längeren Aufenthalt plante. Ein kleiner Trost war, dass Paul schlecht sah und Michaels Haus ein Stück vom Ufer zurückgesetzt lag.
    »Vorsicht, heiß!«, warnte Michael und biss in sein gegrilltes Schinken-Käse-Sandwich.
    »Vielleicht geh ich mit King heute flussabwärts angeln«, überlegte Margo laut und konzentrierte sich wieder auf Michael und das Mittagessen. Mittwochs hatte er Spätschicht, das heißt, er ging erst mittags zur Arbeit und kam gegen halb neun oder neun Uhr abends zurück. »Willst du heute Abend Forelle essen? Vielleicht kriege ich abends ein oder zwei mit Regenwürmern an die Angel.«
    »Hast du nicht mal Lust auf etwas anderes als Angeln und Schießen?«, fragte Michael zögernd.
    »Ich könnte Fallen aufstellen und die Felle verkaufen. Grandpa hat mir beigebracht, wie man Kaninchen und Bisamratten abbalgt. Er meinte, als Mädchen sollte man sich damit auskennen. Und wie du weißt, kann ich nähen.«
    Michael musste lachen.
    »Dein Großvater ist wahrscheinlich davon ausgegangen, dass du dich auch mit anderen Dingen auskennst, zum Beispiel mit Mathe oder Geschichte, und nicht ausschließlich damit, wie man Tieren das Fell abzieht.«
    »Er ist selbst nur bis zur achten Klasse zur Schule gegangen. Annie Oakley nur bis zur vierten.«
    »Das waren andere Zeiten. Ohne Schulbildung kommt man heute nicht weit.«
    »Ich könnte Kunstschützin werden«, schlug Margo vor.
    »Hier in der Zeitung steht, dass sie in der Metallfabrik schon wieder achtzehn Arbeiter entlassen. Schwere Zeiten für die Fertigungsindustrie. Bist du sicher, dass du die Murrays nicht mal besuchen willst? Ich begleite dich. Hier steht auch, dass Cal Murray seit dem Angriff in der Bar letztes Jahr im Rollstuhl sitzt.«
    »Ich hab dir doch gesagt, dass wir uns seit dem Tod meines Großvaters nicht grün sind«, sagte sie.
    »Ich hätte deinen Großvater gerne kennengelernt. Er war ein Mann der Wildnis, aber auch ein Geschäftsmann.«
    »Sein Vater hat das Unternehmen gegründet. Grandpa wollte eigentlich nie Geschäftsführer werden, aber unter ihm ist die Firma groß geworden.«
    »Manchmal muss man im Leben Dinge gegen seinen Willen tun.«
    »Soll ich Geld verdienen?«, fragte Margo. In dem Buch, das Michael ihr besorgt hatte, hieß es, dass Annie Oakley ihre Familie durch Jagen und Fallenstellen unterstützt hatte. Sie hatte Tiere und Vögel für den eigenen Verzehr und für den Verkauf in der Stadt erlegt. Erst später war sie mit ihren Schießkünsten in Shows aufgetreten.
    »Darum geht es nicht. Ich möchte nur, dass du Freude daran hast, etwas Neues zu lernen. Manchmal lohnt es sich, unliebsame Dinge in Kauf zu nehmen, um seine Ziele zu erreichen. Du musst den Abschluss an der Highschool nicht machen. Soweit ich weiß, kannst du deinen Abschluss auch nachmachen und anschließend aufs Community College gehen. Dort kannst du dann nach zwei Jahren ein Diplom in Biologie oder so was erwerben. Vielleicht findest du einen Job, bei dem du draußen arbeiten kannst.«
    »Du hast gesagt, dass ich nicht zur Schule gehen muss, um etwas zu lernen. Ich könnte Bücher lesen.«
    »Die Bücher, die ich dir mitbringe, magst du nicht – bis auf das über Annie Oakley. Sag mir, was für Bücher du lesen willst.«
    »Ich mag das über den jagenden Indianer, der oben im Norden in der Höhle gehaust hat«, sagte Margo. »Und ich würde gern mehr übers Schießen lesen. Übers Kunstschießen.« Sie schaute über den Fluss. Paul wusch gerade mit Eimer und Lappen die Sitze von Brians Boot. Trotz der Hitze trug er Jeans und Stiefel. Während Margo ihn dabei beobachtete, zog Johnny die abgeschnittenen Jeans und Tennisschuhe aus und posierte nackt am Ende des Stegs. Vom Bizeps abwärts waren seine Arme sonnengebräunt, ansonsten war sein Oberkörper bis zum Halsansatz käseweiß – ein Anblick, bei dem Margo lächeln musste. Er machte einen gekonnten Hechtsprung vom Steg. Warum war sie selbst dieses Jahr noch nicht schwimmen gegangen? Es war bereits Juli. Warum war sie nicht mehr geschwommen, seit sie Murrayville verlassen hatte? Johnny kam wieder an die Oberfläche.
    »Wie wär’s mit Urlaub?«, schlug Michael vor. »Möchtest du irgendwohin fahren?«
    »Wir könnten den Fluss hochrudern und auf Willow Island

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