Studio 6
ich hier erst noch ein Projekt abschließen will. Ich bin an einer Sache dran, und das kann ein Weilchen dauern.«
Er trat einen Schritt näher an sie heran.
»Und ich sage, ich will, dass du nach Hause kommst.
Jetzt. Heute.«
Sie stopfte die letzte Coladose in die Tüte. Der Rest in der Dose spritzte auf den Fußboden.
»Jetzt bist du es, der schlecht hört«, erwiderte sie und verließ die Küche. Sie zog sich schnell an und ging in den Laden am Kungsholmstorg. Eigentlich mochte sie das Geschäft nicht, es war dort eng, unordentlich und überkandidelt. Das Sortiment wurde von teuren kleinen Delikatessen in eleganten Dosen bestimmt, hundert verschiedene Sorten eingelegter Knoblauch, aber keine Stopfen fürs Spülbecken. Das Personal sah unfreundlich drein, als sie mit ihren Tüten voller Dosen und Plastikflaschen ankam. Ihr war das egal, das Pfand reichte jedenfalls für Weißbrot und einen Karton Eier.
Als sie nach Hause kam, war die Wohnung still und leer.
Sven war weggegangen.
Im Küchenschrank fand sie eine Flasche Speiseöl und eine Dose Champignons, die sie mit drei Eiern zu einem ordentlichen Omelett briet. Während sie aß, starrte sie zum Vorderhaus hinüber, legte sich dann auf ihr Bett und starrte an die Decke.
Patricia öffnete die Tür zum Studio 6 mit Schlüssel und Türcode.
»Du wirst bald einen eigenen bekommen«, rief sie ihr über die Schulter zu.
Annika schluckte. Ihr Herz klopfte, und ihr ganzer Körper schrie, so bereute sie ihren Entschluss.
Die Dunkelheit hinter der Tür schimmerte rot, eine Wendeltreppe führte ins Licht.
»Pass auf«, warnte Patricia sie, »hier haben sich schon einige Gäste fast den Hals gebrochen.«
Annika hielt sich verkrampft an der Mittelstange fest, während sie langsam in die Unterwelt hinunterglitt.
Der Pornoschuppen, dachte sie. So also sieht es hier aus.
Scham und Erwartung, Neugier und Ekel.
Im Vorraum stand der Roulettetisch, dessen Anblick sie mit etwas Ruhe und Selbstvertrauen erfüllte. Ein paar schwarze Ledersessel, ein runder Tisch, rechts ein kleiner Tresen mit Telefon und Kasse.
»Das ist der Eingang«, erklärte Patricia, »um den kümmert sich Sanna.«
Annika ließ den Blick über die Wände gleiten, die weiß gekalkt und leicht verschmutzt waren. Auf dem Fußboden lag Parkett, das mit billigen IKEA-Kopien von orientalischen Teppichen bedeckt war. Unter der Decke hing eine rote Lampe mit sehr niedriger Wattzahl, das Licht drang kaum durch den Schirm.
Hinter dem Tresen befanden sich zwei unauffällige Türen.
»Dort sind die Umkleideräume und das Büro«, sagte Patricia und nickte zu den Türen hinüber. »Wir fangen damit an, dass wir uns umziehen. Ich habe Jossies Bikini für dich gewaschen.«
Annika holte tief Luft und unterdrückte das Gefühl einer morbiden Erregung. Patricia ging voran, drehte an einem Schalter, und das kalte Licht blauweißer Neonröhren erfüllte den Raum.
»Das hier ist mein Schrank«, erklärte Patricia. »Du kannst Nummer vierzehn nehmen.«
Annika stellte die Tasche hinter die Metalltür.
»Hier ist kein Schloss«, sagte sie und war heilfroh, dass sie alles aus der Tasche genommen hatte, wodurch man sie identifizieren könnte.
»Joachim sagt, wir brauchen keins«, meinte Patricia.
»Hier, ich glaube, der wird passen.«
Sie hielt einen BH mit himmelblauen Pailletten und einen winzigen String-Tanga hoch. Annika nahm die Teile, und es war, als würde der Stoff brennen. Dann drehte sie sich um und zog sich aus.
»Wir haben Tanz, Bar und privates Posieren«, zählte Patricia auf und holte eine Plastiktüte mit Schminke aus ihrem Schrank. »Ich kümmere mich um die Bar und posiere so gut wie nie. Josefine tanzte meistens, sie durfte wegen Joachim nicht posieren, er war immer so eifersüchtig.«
Patricia hakte ihren roten, paillettenbesetzten BH hinten zu. Annika sah, dass sie ihre Strümpfe zusammenrollte und in die Körbchen stopfte.
»Joachim findet, dass sie zu klein sind«, erklärte sie und machte ihre Schranktür zu. »Hier, zieh die Schuhe an.«
»Tragen hier alle solche Bikinis?«, fragte Annika.
»Nein«, antwortete Patricia und fing an, ihr Make-up aufzulegen. »Die meisten sind ganz nackt, außer wenn sie tanzen. Dann müssen sie einen String-Tanga tragen, denn Nacktauftritte sind in Schweden verboten.«
Annika bückte sich und machte die turmhohen Stilettosandalen zu.
»Was sind das für Männer, die hierher kommen?«
Patricia bürstete ihre Wimpern nach oben.
»Alle möglichen«,
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