Studio 6
Schlüssel, ich habe welche nachmachen lassen. Ich bin im Klub und komme morgen früh wieder. PS: Ich habe ein wenig eingekauft, ich hoffe, das war okay.«
Annika schloss auf. Ein frischer Duft von Seife schlug ihr entgegen, der Voile schwebte eindrucksvoll im Luftzug. Sie zog die Eingangstür hinter sich zu, und alle Gardinen sanken wieder zur Erde. Langsam ging sie durch die Zimmer und schaute sich um.
Patricia hatte die ganze Wohnung geputzt, abgesehen von Annikas Schlafzimmer, dort war das Bett wie immer ungemacht. Der Kühlschrank war voll leckerem Käse, Oliven, Hummus, Erdbeeren, und auf dem Brett daneben standen Pflaumen, Trauben und Avocados. Annika dachte, dass sie das alles niemals würde aufessen können, ehe es schlecht würde, bevor ihr plötzlich einfiel, dass sie ja jetzt zu zweit waren.
Sie schaute vorsichtig durch einen Spalt der Tür zum Mädchenzimmer. In einer Ecke lag Patricias Matratze, ordentlich mit großblumigem Bettzeug bezogen. Daneben stand eine Sporttasche mit Kleidern. An der Wand hing Josefines rosa Kleid auf einem Bügel.
Ich will hier bleiben, dachte sie. Ich will nicht zurück zum Tattarbacken. Ich will nicht den Rest meines Lebens in Lyckebo verbringen.
In dieser Nacht träumte sie zum ersten Mal von den drei Männern aus Studio 6, von dem Moderator, dem Reporter und dem Experten. Sie standen schweigend, schwarz und gesichtslos an ihrem Bett. Sie spürte ihre kühl abschätzende Böswilligkeit wie einen Krampf im Magen.
»Wie können Sie behaupten, dass das mein Fehler war?«, schrie sie. Die Männer kamen näher.
»Ich habe wirklich nachgedacht! Vielleicht habe ich einen Fehler gemacht, aber ich habe es wenigstens versucht!«
Die Männer versuchten sie zu erschießen. Ihre Waffen dröhnten in ihrem Kopf.
»Ich bin nicht Josefine! Nein!«
Alle drei beugten sich gleichzeitig über sie, und als ihre eiskalte Atemluft in ihr Bewusstsein vordrang, erwachte sie von ihrem eigenen Schrei.
Es war pechschwarz im Zimmer. Draußen regnete es wie verrückt. Das Donnern und die Blitze kamen genau gleichzeitig. Das Schlafzimmerfenster schlug im Wind, das Zimmer war ausgekühlt.
Sie stolperte hoch, um das Fenster zu schließen, und es fiel ihr schwer, es gegen den Wind zuzudrücken. In der Stille nach dem Regen spürte sie ein Rinnsal zwischen den Beinen. Sie hatte ihre Tage bekommen. Die Tüte mit Binden war leer, aber sie hatte noch ein paar Slipeinlagen in ihrer Tasche.
In ihrem Bett zu einem Ball zusammengerollt, weinte sie lange, während das Unwetter vorüberzog.
Achtzehn Jahre, sechs Monate und vierzehn Tage
Er ist gekränkt, und ich hin so machtlos mit meinen Versicherungen. Ich weiß ja, dass er Recht hat. Niemand wird mich je so liehen können wie er. Es gibt nichts, das er nicht, ohne um zögern, für mich tun würde, aber dennoch kümmere ich mich mehr um Äußerlichkeiten als um ihn.
Meine Verzweiflung wächst, meine Unvollkommenheit blüht: giftig, eiskalt, blau. Es ist vernichtend, niemals richtig zu taugen. Ich will fernsehen, wenn er mit mir ins Bett will, er kugelt mir den Arm aus. Die Leere, die dann kommt, schwarz und nass, konturlos, undurchdringlich. Er sagt, ich sei untreu, und ich finde keinen Ausweg.
Wir müssen zusammenhalten, zu unserem Himmel zurückfinden. Die Liebe ist ewig, fundamental. An ihr zweifle ich nie. Aber wer hat gesagt, dass es leicht sei? Wenn die Vollendung allen gegeben wäre, müsste man schließlich nicht darum kämpfen.
Ich kann jetzt nicht aufgehen.
Wir sind das Wichtigste,
das uns beiden
geschehen ist.
FREITAG, 3. AUGUST
Anders Schyman wurde auf dem kurzen Weg zu seinem Auto völlig durchnässt. Der Regen ergoss sich mit rasender Kraft, versuchte all die glühend heißen Tage in einem einzigen intensiven Wasserfall zu löschen. Der Ressortleiter fluchte und versuchte, hinter dem Steuer eingeklemmt, sich des Jacketts zu entledigen. Auch das Hemd darunter war auf Rücken und Schultern nass.
»Das trocknet schon wieder«, murmelte er sich selbst aufmunternd zu. Sein Atem hatte die Fensterscheiben bereits wieder beschlagen lassen, und er stellte die Lüftung an.
Seine Frau winkte ihm von der Küche aus zu, und er wischte das Seitenfenster frei und warf ihr eine Kusshand zu, dann fuhr er los in Richtung Stadt. Er konnte nichts sehen, obwohl die Scheibenwischer auf höchster Stufe liefen. Ständig musste er die beschlagenen Scheiben freiwischen, um überhaupt etwas sehen zu können.
Auf dem Saltsjöbadsleden lief der Verkehr
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