Stürmische Begegnung - zauberhafte Eroberung
Frau war, an die er denken konnte, seit sie sich furiengleich aus jenem Graben erhoben hatte. Sie war es, nach der es ihn mit jeder Faser seines Körpers verlangte.
Stattdessen musste er eine ihrer Cousinen heiraten, was hieß, dass ihre Pfade sich häufig kreuzen würden. Sie würde in der Kirche sitzen, wenn er mit seiner Braut zum Altar schritt. O Gott, wie sollte er das aushalten?
Schwer atmend wälzte er sich aus dem Bett. Das Glück entzog sich ihm; Pflicht und Stolz waren alles, was blieb. Der Stolz der Challinors, der es ihm verbot, allzu viel Gefühl zu zeigen. Der ihm geholfen hatte, nach Bertrams Tod nicht zusammenzubrechen, und ihn auch jetzt aufrecht halten würde. Niemand würde je erfahren, dass eine gefallene Frau sein Herz gebrochen hatte.
Er presste die Stirn an das kühle Fensterglas und sah in die Finsternis hinaus. Welche der Schwestern sollte er dazu verdammen, ein Leben lang von ihm verachtet zu werden, weil sie nicht Hester war?
Alles in allem gefiel Phoebe ihm besser. Aber er würde sie nie lieben können – und mochte sie zugleich zu sehr, um gegen ihr voraussichtliches Unglück gleichgültig zu sein.
Julia hingegen würde damit zufrieden sein, sein Geld auszugeben, ob er sie nun mochte oder nicht. Er schnitt eine Grimasse: Ja, sie hatten einander verdient.
Aber er konnte Julia unmöglich einen Antrag machen, solange Hester in der Nähe war. Er würde sich also nach Stanthorne zurückziehen und Sir Thomas einen Brief schreiben. Die Anwälte würden den Vertrag aushandeln. Seine Mutter würde Julia nach London mitnehmen und ihr das nötige gesellschaftliche Flair verleihen. Er selbst musste nur pünktlich zur Zeremonie erscheinen.
Als er sich zu dieser Entscheidung durchgerungen hatte, dämmerte es bereits. Er kleidete sich nachlässig an, betrat Stephens Schlafzimmer und rüttelte den Freund grob an der Schulter.
„Was?“ Stephen richtete sich ruckartig auf; er war immer noch Soldat genug, um von einem Augenblick zum nächsten vollständig zu erwachen.
„Ich verlasse dieses verfluchte Haus“, erklärte Lensborough. „Gehe zurück nach Stanthorne. Kommst du mit?“
„So plötzlich?“
„Wir sind schon eine Woche hier.“
„Aber … du hast noch keine der Bewerberinnen zur Siegerin gekürt.“
„Ich werde Sir Thomas von Stanthorne aus schreiben. Also, kommst du mit?“
„Hat das nicht Zeit bis nach dem Frühstück?“
„Auf keinen Fall. Gefrühstückt wird unterwegs.“
„Lass mich weiterschlafen, Lensborough.“ Stephen legte sich wieder hin und zog die Steppdecke bis zum Kinn hoch. „Ich bin nicht mehr bei der Armee. Mir liegt an meinem Schönheitsschlaf und regelmäßigen Mahlzeiten in gepflegter Umgebung.“
„Wie du wünschst. Ich erwarte dich also später in Stanthorne.“
„Ich bin nicht dein Lakai. Vielleicht bleibe ich noch eine Weile hier, oder ich fahre nach London zurück. Ich habe dich nur hierherbegleitet, um mir deine eigentümliche Brautschau aus der Nähe anzusehen, und um ehrlich zu sein, finde ich deine Grillen seit gestern nicht mehr amüsant.“
10. KAPITEL
Hester erschien sehr spät zum Frühstück und erfuhr somit als Letzte, dass Lord Lensborough abgereist war.
Die Ereignisse des Vortags hatten sie lange wach gehalten, und der Erschöpfungsschlaf, der sich kurz vor der Morgendämmerung eingestellt hatte, war alles andere als erholsam gewesen.
Sie nahm fast unbemerkt auf ihrem üblichen Stuhl Platz, während ihre Tante und ihre Cousinen den armen Mr. Farrar mit Fragen bestürmten.
Einerseits war sie erleichtert, dass sie nun mit dem Marquis nicht mehr über Lena sprechen musste, andererseits war sie empört: Es störte ihn offenbar überhaupt nicht, dass sein Verschwinden ihre Cousinen vor den Kopf stoßen und verunsichern musste.
Neben ihrem Teller lag ein Brief. Die Handschrift war ihr nicht bekannt, daher warf sie als Erstes einen Blick auf die Unterschrift.
Lionel.
Liebe Hester,
gewiss trägst Du mir die Offenbarung der Existenz Deiner Bastard-Nichte noch nach. Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, denn dass Du mich, der ich seit damals ununterbrochen an Dich denke, abgewiesen hast, hat mich sehr verletzt. Zugegeben, dieser Racheakt war unbedacht. Doch vielleicht glaubst Du mir nun eher, wenn ich Dir versichere, dass Du für mich immer etwas Besonderes warst.
Und weil Du mir so teuer bist, muss ich Dir schreiben: Komm bitte rasch zum Pfarrhaus; es geht um Lenas Wohlergehen. Da ich weiß, wie viel sie Dir bedeutet, bin
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