Stürmische Begegnung - zauberhafte Eroberung
der sie am Kragen packte, in die Senkrechte gezerrt.
Ohne zu zögern stach sie weiter auf ihn ein. Mit ungeheurer Befriedigung spürte sie, wie sich der Stahl in seine Hand bohrte.
Er fluchte und ließ ihren Kragen los. Sie sah sich nicht um, sondern stürzte einen Gang entlang, auf das Stimmengewirr zu.
Licht blendete sie, Hitze schlug ihr entgegen, und einige Männer wandten ihr neugierig das Gesicht zu.
Sie bremste nicht rechtzeitig ab, sondern prallte an etwas, das sich wie eine mit grobem Gewebe überzogene Wand anfühlte.
„Bitte helfen Sie mir“, flehte sie. Die Wand hatte auf einmal Hände, die nach ihren Oberarmen griffen und sie energisch zurückschoben.
„Ich bitte um Pardon“, rief Lionel, der inzwischen die Tür erreicht hatte. „Ich fürchte, meine kleine Freundin hat erheblich mehr getrunken, als sie verträgt.“
Ein schnurrbärtiges Gesicht tauchte vor ihr auf. „Du musst das Zeug stärker verdünnen, Süße.“
„Nein“, versuchte sie zu erklären. „Ich trinke nicht. Er hat da was untergemischt.“
Ihre widersprüchliche Behauptung wurde ringsum mit rauem Gelächter quittiert.
„Warum hilft mir denn niemand? Er will mich entführen und zur Heirat zwingen!“
Kurz kehrte ungläubiges Schweigen ein, abgelöst von einer weiteren Lachsalve. Ihr wurde klar, welchen Eindruck die Männern gewinnen mussten: Lionel in seiner untadeligen Kleidung lehnte lässig am Türrahmen wie ein echter Gentleman, während sie wegen seiner geschickt eingefädelten List in einem abgewetzten Kleid schwankend vor ihnen stand und Unsinn redete. Auch Lord Lensborough hatte sie für eine Bettlerin gehalten, als sie solche Kleidung getragen hatte.
Sie fühlte sich, als wäre ihr Kopf an einem riesigen Rad festgemacht, das sich immer schneller drehte: tiefe Verzweiflung, unkontrollierbare Wut, eine seltsame Gelassenheit und hysterische Heiterkeit lösten sich mit rasender Geschwindigkeit ab; sie ballte die Hände zu Fäusten und drückte sie an ihre pochenden Schläfen.
„Vorsicht“, sagte jemand. „Sie hat eine Waffe.“
„Und schaut euch die roten Haare an. Die ist gefährlich.“
Ihr kam eine Idee. „Und wie!“, rief sie und stieß die Faust mit der Hutnadel drohend in Richtung der höhnischen Gesichter. „Aus dem Weg, sonst wird es euch leidtun!“
In dem Männermeer tat sich eine Gasse auf, und sie stürzte auf eine Tür am anderen Ende des Schankraums zu. Als sie nach der Klinke griff, schloss Lionel zu ihr auf. Seinen Entwaffnungsversuch parierte sie, indem sie in die Hocke ging, ihm die Nadel in den Oberschenkel rammte und sie sofort wieder herauszog.
Er taumelte zurück und starrte auf den rubinroten Fleck, der sich auf seiner Hose ausbreitete.
„Was für eine Wildkatze!“, rief jemand, und einige andere grölten begeistert, als sie die Klinke niederdrückte und in den Raum hinter der Tür floh.
Sie schlug die Tür zu, lehnte sich mit dem Rücken dagegen und sah sich nach irgendetwas um, das sich als Riegel oder Barrikade eignete. Doch sie befand sich keineswegs in einem Lagerraum oder dergleichen, sondern in einem Privatsalon. Vor dem Kamin stand ein hoher Sessel. Von dem, der darin saß, sah sie nur die zum Feuer hin ausgestreckten Beine, die in teuren Stiefeln steckten: Stiefeln, wie nur ein Gentleman sie trug. Von den Männern im Schankraum erhoffte sie sich keine Unterstützung – aber ein Gentleman würde ihr doch sicher helfen?
Noch bevor sie etwas sagen konnte, knurrte er: „Hinaus!“
Trotz der schroffen Abweisung schlug ihr Herz höher.
Die Stimme war unverwechselbar. „Lord Lensborough!“ Ohne sich zu fragen, was er hier tat, fasste sie neuen Mut. „Sie werden mich nicht im Stich lassen!“
Hester spürte, wie Lionel an der Tür ruckelte, und stemmte sich stärker dagegen.
„Was wissen Sie schon?“ Der Marquis machte sich nicht die Mühe, aufzustehen oder auch nur den Kopf in ihre Richtung zu drehen, doch sie wusste instinktiv, dass seine abweisende Antwort nur auf die äußerst düstere Stimmung zurückzuführen war, in der er sich aus unerfindlichen Gründen befand. Hinter dieser schroffen Schutzschicht verbarg sich ein ehrenhafter Mensch.
Als sie zu ihm hinübergehen wollte, gaben ihre Beine nach, und sie landete auf dem Kaminvorleger. Sie zog sich an der Sessellehne hoch.
„Bitte …“ Sie musste es einfach noch einmal versuchen. „Lionel hat mich in eine Kutsche gelockt und betäubt. Er will mich entführen!“
Er verzog die Lippen zu einem schiefen
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