Stürmische Begegnung - zauberhafte Eroberung
geredet, und ich habe ihn wieder beschimpft.“
Zu ihrer Überraschung grinste ihr Onkel. „Wirklich? Dann habe ich was verpasst. Und jetzt denk einmal genau nach: Hat er irgendetwas gesagt, das deine Befürchtungen bezüglich Julia und Phoebe rechtfertigt?“
„Nein … nein, er hat sie als unbeschriebene Blätter bezeichnet.“
„Na also, wahrscheinlich ein Sturm im Wasserglas. Mir ist es ehrlich gesagt egal, ob eine Verlobung zustande kommt oder nicht: Hauptsache, meine Mädchen sind glücklich. Wenn er wirklich so ein Rohling ist, wie du sagst, ist er vielleicht nicht der Richtige für sie.“ Die Stirn in Falten gelegt, drehte er sich um. „Hester, tust du mir einen Gefallen? Ich habe dir zwar untersagt, irgendwem zu verraten, wer Lena wirklich ist, aber die Lage hat sich verändert. Lord Lensborough sollte es erfahren.“
„Alles?“
„Ja. Sag ihm ruhig, wie krank du damals warst und wie heilsam es für dich war, das Baby deines Bruders zu sehen …“ Zärtlich sah er sie an. „Vielleicht versteht er dann, warum ich es nicht über mich gebracht habe, dich ganz von dem Kind fernzuhalten, das dich an den geliebten Bruder erinnert.“
„Ich will vor allem wiedergutmachen, was er angerichtet hat. Ich habe meinen Bruder für einen guten Menschen gehalten, aber er hat diese Frau benutzt – und sie und das Kind dann allein gelassen!“
Sir Thomas hob beschwichtigend die Hände. „Er hat Lena nicht im Stich gelassen: Er ist gestorben, bevor sie zur Welt kam.“
„Das macht es nicht besser.“
„Nein, fürwahr.“ Seufzend schüttelte er den Kopf. „Was für ein Durcheinander dieser Halunke zurückgelassen hat! Es wird dir sicher nicht leichtfallen, darüber zu sprechen, aber …“
„Natürlich rede ich mit ihm, wenn du es für richtig hältst. Ich würde es mir nie verzeihen, wenn mein Handeln euch Kummer bereiten würde.“ Sie ließ den Kopf hängen. „Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn ich Lena nie besucht hätte.“
„Wer weiß. Ich habe getan, was ich für das Beste hielt – für dich, für Lena, für meine beiden Mädchen. Sollte heute Schaden entstanden sein, so habe nur ich das zu verantworten.“ Er lächelte traurig. „Dass ausgerechnet ein Lord Lensborough über unser Familiengeheimnis stolpern würde, habe ich nicht voraussehen können.“
Ihr schossen die Tränen in die Augen. Nein, auch sie hatte nicht geahnt, wie sehr der Marquis ihr Leben durcheinanderbringen würde.
Beim Dinner gab Lord Lensborough sich keine Mühe, seine schlechte Laune zu kaschieren. Julia zog sich mit einigen gedankenlosen Bemerkungen seinen Zorn zu, während Phoebe zu nervös war, um überhaupt etwas zu sagen. Hester merkte nicht, dass sie seine Wut noch befeuerte, indem sie den Blick gesenkt hielt, statt der ganzen Wucht seiner Verachtung erhobenen Hauptes zu begegnen. Selbst Lady Gregory, die sonst kein Gespür fürs Atmosphärische hatte, war erleichtert, als die Damen sich zurückziehen konnten.
„Was ist heute Abend bloß in ihn gefahren?“, fragte sie.
Julia und Phoebe sahen sich an und zuckten mit den Schultern. Sie waren übereingekommen, das Zigeunerlager nicht zu erwähnen, das es die anderen unerklärlicherweise aufzuregen schien.
Der Einzige, an dem die Stimmung abperlte, war Sir Thomas. Er aß mit Appetit, und sobald die Damen sich verabschiedet hatten, führte er lächelnd das erste Glas Port an seine Lippen.
„Ein interessanter Tag, nicht wahr, Mylord? Wie ich hörte, sind Sie mit meinen Mädchen zu The Lady’s Acres hinübergeritten.“
Lensborough horchte auf und nahm Sir Thomas die angebotene Portflasche ab, sagte aber nichts.
„Hester hat mir erzählt, dass ihr Besuch bei ihren Freunden Sie nicht gerade erfreut hat.“
„Natürlich nicht. Ich kann das nicht gutheißen.“
„Wieso nicht, Mylord?“ Er zog theatralisch die Brauen hoch. „Sie war doch in Begleitung von Miss Dean unterwegs, wie immer, wenn sie die Armen besucht. Sie geht seit sechs Jahren dorthin, ohne dass je etwas vorgefallen wäre. Oder ist mir irgendetwas entgangen? Als Gemeinderichter habe ich es mir zur Angewohnheit gemacht, mein Urteil erst zu fällen, wenn mir alle Tatsachen bekannt sind.“
Lensborough umklammerte den Stiel seines Weinglases und bedachte seinen Gastgeber für dessen kaum verhohlenen Tadel mit einem eisigen Blick, der normalerweise jeden Widersacher einknicken ließ. Doch Sir Thomas griff ungerührt nach dem Nussknacker.
„Sind Sie sicher, dass Ihnen genug Fakten
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