Stürmische Begegnung - zauberhafte Eroberung
würde sie in ein neues Leben aufbrechen, in dem sie in allen Dingen von Lord Lensborough abhängig sein würde. Julia und Phoebe hatten ihr zu ihrer Eroberung gratuliert, aber sie nahm sich nicht als Eroberin wahr, sondern als Opfer. Man würde sie nach London schleppen, sie ausstaffieren, der Öffentlichkeit vorführen und in ein Ehebett legen – alles, damit der Marquis endlich seinen Erben bekam.
Mit rebellischer Freude warf sie den Verlobungsring in ihre Schmuckschatulle, da er zu voluminös war, um unter ihre engen Reithandschuhe zu passen. Lord Lensborough mochte sie als seinen Besitz betrachten, aber solche kleinen Freiheiten würde sie sich weiterhin herausnehmen.
Mit erhobenem Haupt und trotzig blitzenden Augen trat sie ihm wenig später vor den Ställen gegenüber.
Er schürte das Feuer noch, indem er ihr fröhlich einen „Guten Morgen“ wünschte.
„ Ist er gut?“ Sie ignorierte sein Angebot, ihr in den Sattel zu helfen, und stieg lieber auf ein Podest.
„Ich glaube schon“, erwiderte er und schwang sich auf sein Pferd. „Ideal für einen kräftigen Galopp.“
Hester saß ebenfalls auf und ordnete ihre Röcke. In London würde es keinen Galopp mehr geben, keine kleine Flucht zu den Ställen. In London war Reiten eine umständliche Angelegenheit: Man musste rechtzeitig eine Nachricht in den Marstall schicken, konnte nicht ohne Begleitung ausreiten und durfte seine Tiere nur gemächlich über die vorgeschriebenen Reitwege lenken, wo man dann ständig anhalten und Konversation machen musste. Wie sollte sie das ertragen, zumal ohne ihre geliebte Strawberry? Sie warf ihrem Begleiter einen bösen Blick zu, beugte sich über den Hals der Stute und preschte davon.
Laut auflachend nahm Lensborough die Verfolgung auf. Sein Brauner hatte ihre kurzbeinige Stute rasch eingeholt, und während sie Kopf an Kopf durch den Park stoben, ließen sie den Rest der Reitgesellschaft immer weiter hinter sich.
Ein rascher Seitenblick in seine glänzenden dunklen Augen verriet Hester, wie sehr ihr Begleiter es genoss, seinen Hengst zu zügeln, damit er ihre Stute nicht hinter sich ließ. Sie lächelte boshaft: Die Freude würde ihm sicher vergehen, sobald er bemerkte, wohin sie ihn führte.
Dies war womöglich die letzte Chance, Lena noch einmal zu sehen. Für immer. Zwar hatte er Verständnis für ihre Ausflüge zu den Zigeunern angedeutet, aber er würde ihr wohl kaum gestatten, damit fortzufahren, wenn sie erst seine Frau war. Sie wollte Jye unbedingt persönlich erklären, dass sie heiraten und fortziehen würde, und ihr künftiger Gatte sollte so früh wie möglich begreifen, dass sie nicht gewillt war, allen gesellschaftlichen Erwartungen Folge zu leisten.
Sie setzte über die Hecke, die das Land ihres Onkels von ihrem eigenen Grund und Boden trennte, und ließ Strawberry an einem Bachlauf entlang galoppieren.
„Was für eine feurige kleine Stute“, rief Lensborough, als er wieder zu ihr aufschloss. „Möchten Sie sie nach London mitnehmen? Wie schade, dass wir dort nicht so reiten können wie hier.“
Hester hörte kaum, was er sagte. Die Lichtung, auf der die Zigeuner gelagert hatten, war leer. Nur ein paar Aschehaufen und niedergedrücktes gelbes Gras verriet noch, wo die Wagen gestanden hatten.
Sie hielt an und bemerkte, dass Lord Lensborough seine Hand auf die ihre gelegt hatte. „Das tut mir so leid“, sagte er. „Sie sind abgereist, ohne dass Sie sich von dem Mädchen verabschieden konnten.“
Sie funkelte ihn an. „Als ob Ihnen das nicht gleichgültig wäre! Wenn es nach Ihnen ginge, würde ich Lena doch nie wiedersehen.“
„Was für einen Sinn hätte es, Ihnen diese Besuche zu verbieten? Sie würden sich ohnehin nicht daran halten.“ Ein feines Lächeln huschte über seine Züge.
„So ist es.“ Sie zitterte vor Empörung.
Das Lächeln wurde breiter. „Dann sollten wir einfach die Abmachung übernehmen, die Sie mit Ihrem Onkel getroffen haben.“
Sie sah ihn verständnislos an. „Welche Abmachung?“
„Dass Sie bei Ihren Besuchen diskret vorgehen und dass Sie nichts tun, was in Lena falsche Erwartungen weckt.“ Er beugte sich vor und legte ihr einen Finger auf die Lippen. „Dachten Sie wirklich, ich sei ein solcher Tyrann, dass ich Ihnen etwas verbiete, das Ihnen so viel bedeutet?“
Sein mitfühlender Tonfall und seine zarte Berührung waren zu viel für Hester; dicke Tränen rollten ihr über die Wangen.
„Es … es tut mir leid“, schluchzte sie. Es war nicht fair,
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