Stürmische Begegnung - zauberhafte Eroberung
Hosenbein, unter dem sich offenbar ebenfalls Holz verbarg. „Ich muss erst noch lernen, wie das mit diesem Stecken geht.“
„Ich mache mir ohnehin nichts aus dem Tanzen“, erwiderte Hester freundlich. „Ehrlich gesagt wäre ich Ihnen sogar dankbar, wenn Sie mich auffordern könnten, damit ich wenigstens eine Runde auslassen kann.“ Sie hielt ihm ihre Tanzkarte hin. „Vor allem vor dem Walzer graut es mir.“
„Dann betrachten Sie sich als gerettet.“ Lächelnd markierte er einen Walzer auf ihrer Karte.
„Gut gemacht“, flüsterte Jasper, während er sie am Ellbogen durch die Menge lenkte. „Wenn nur mehr Frauen so mitfühlend wären wie du – dann hätte Fawley sich letzten Sommer wohl gar nicht so eingeigelt.“
Endlich hatte sie in seinen Augen etwas richtig gemacht! Hester fühlte sich, als wären ihrem Herz Flügel gewachsen, und so bemerkte sie gar nicht, dass er sie auf die Tanzfläche führte.
„Ich weiß, dass du Walzer nicht leiden kannst, aber vielleicht machst mir zuliebe eine Ausnahme?“
Er schlang ihr den Arm um die Taille, und Hester war so beschwingt, dass es ihr im Traum nicht eingefallen wäre, sich zu wehren. Die Musik setzte ein, er führte sie perfekt, ihre Füße bewegten sich wie von selbst – und sie stellte staunend fest, dass sie zum ersten Mal im Leben wirklich und wahrhaftig tanzte. Jasper und sie glitten übers Parkett, als wären sie eins, und sie wünschte sich nur, das Stück möge nie enden. Wie gerne hätte sie sich bis zur völligen Erschöpfung weitergedreht, geborgen in Jaspers Armen! Er sollte sie nie wieder loslassen, im Gegenteil: Sie wollte ihm noch viel näher sein.
Dann war die Musik verklungen, und Jasper sah fragend auf sie herab. „War ich so schlecht?“ Er nahm sie am Arm und führte sie zu den Stühlen, die rings um die Tanzfläche aufgestellt worden waren.
„Nein.“ Die Enttäuschung darüber, dass Jasper ihren vollkommenen Einklang offenbar gar nicht bemerkt hatte, raubte ihr die Worte. „Es ging.“
Während der nächsten Runde blieb sie neben Lady Lensborough sitzen, um sich wieder zu fassen – und um nachzudenken. Tanzen konnte ein Vergnügen sein, wenn man seinem Partner voll und ganz vertraute. Mehr noch als den Körperkontakt hatte sie bislang das Gefühl gefürchtet, einem anderen Menschen auf dem Parkett vollkommen ausgeliefert zu sein. Warum empfanden die anderen Frauen das nicht so? Emily machte jedenfalls nicht den Eindruck, als wäre sie Mr. Farrars willenlose Sklavin, während er sie herumwirbelte. Ihre stolze Miene deutete eher darauf hin, dass sie trotz ihrer Einwilligung, mit ihm zu tanzen, an ihrer grundlegenden Verachtung für Stutzer wie ihn festhielt.
Endlich war es Zeit zu essen. Etliche Pärchen zogen sich mit ihren gefüllten Tellern in den schummerigen Wintergarten hinter dem Speisesaal zurück, aber Jasper ließ sie neben seiner Mutter Platz nehmen und fragte sie dann über das Gespräch aus, das sie während des zweiten Walzers mit Captain Fawley geführt hatte.
Während sie ein Kirschtörtchen mit der Gabel zerteilte, fragte Hester sich, ob es ihr wohl gelingen würde, Jasper in den Wintergarten zu entführen. Würde er sich auf eine der halb unter dichtem Grün verborgenen Bänke locken und dazu verführen lassen, sie in die Arme zu schließen? Sie gar zu küssen?
Düster sah sie zu, wie er seine Stachelbeercreme löffelte. Unmöglich. Er hatte sie ein einziges Mal geküsst, um ihre Verlobung zu besiegeln. Hätte er das wiederholen wollen, so hätte er reichlich Gelegenheit dazu gehabt: Sie ritten jeden Morgen aus, aber wenn sie ihre Aufpasser abgeschüttelt hatten, sprach er immer nur über Politik. Sie war an sich auch nicht erpicht aufs Küssen, aber es hätte ihr wenigstens die Gewissheit verschafft, dass er sie noch mochte und sie nicht nur heiraten würde, weil er ein Ehrenmann war.
„Ich bitte um Entschuldigung.“ Als sie Emilys Stimme hinter sich hörte, löste Hester den Blick von Jaspers Lippen.
„Kannst du mich bitte kurz ins Damenzimmer begleiten?“
Ich muss fort von Jasper, bevor ich mich zu etwas Ungehörigem hinreißen lasse, dachte Hester. Die Chance, Emily bei irgendetwas zu helfen, kam ihr gerade recht.
Zu ihrer Überraschung führte Emily sie jedoch nicht in den Raum, in dem die Damen sich zurechtmachen und ihre Garderobe richten konnten, sondern in ein leeres Zimmer am langen Flur zum Ballsaal. Sie zog die Tür zu und lief händeringend auf und ab.
„Emily – was ist
Weitere Kostenlose Bücher