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Stürmische Begegnung

Stürmische Begegnung

Titel: Stürmische Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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weiter die leere Straße entlang, an der Telegraphenmasten den Scheinwerfern des Autos entgegen huschten. Ich sah jetzt, daß sie am Meer entlanglief, das sich bis zu einem unsichtbaren dunklen Horizont erstreckte und hier und dort mit den Lichtern von Fischerbooten getupft war. Dann zeichneten sich vor uns die neonbeleuchteten Konturen eines Ortes ab. Wir kamen an einem Ortsschild mit der Inschrift „Santa Catarina“ vorbei und fuhren die Hauptstraße hinunter. Es roch nach Zwiebeln, Olivenöl und gebratenem Fleisch. Aus offenen Haustüren drang Flamencomusik; dunkle Gesichter wandten sich uns zu und sahen den Wagen ohne großes Interesse vorbeifahren. Einen Augenblick später hatten wir das Dorf hin ter uns gelassen und wurden wieder von der Dunkelheit ver schluckt. Fast unmittelbar danach bremste Otto, um in einen Feldweg einzubiegen, der zwischen Mandelbäumen einen Hügel hinaufführte. Die Scheinwerferkegel stachen ins Dunkel, und vor uns sah ich eine weiße, annähernd quadratische Villa mit kleinen Fenstern und einer großen, gezimmerten Haustür, über der eine Laterne baumelte.
    Otto hielt und stellte den Motor ab. Wir stiegen aus, er nahm meinen Koffer vom Rücksitz und ging mir voran über den Kies. Dann öffnete er die Tür, trat zur Seite, und ich ging als erste ins Haus.
    Die Diele wurde von einem schmiedeeisernen Kronleuchter beleuchtet. An einer Wand stand ein langes Sofa mit einer bunten Decke, und neben der Tür sah ich eine hohe blauweiße Vase, die eine ganze Kollektion von Sonnenschirmen und Spazierstöcken mit Elfenbeingriff enthielt. Als Otto die Tür schloß, wurde vor uns eine andere aufgemacht, und eine kleine, schwarzhaarige Frau, die einen rosa Overall und alte Hausschuhe trug, kam uns entgegen.
    „Se ñ or?“
    „Maria !“
    Sie lächelte und entblößte dabei eine Reihe von Goldkronen. Er redete spanisch mit ihr, stellte eine Frage, die sie beantwor tete, dann wandte er sich mir zu und machte uns miteinander bekannt.
    „Das ist Maria, unser guter Geist. Ich habe ihr eben erklärt, wer Sie sind.“
    Ich streckte die Hand aus, und Maria nahm sie. Wir schlossen Bekanntschaft, indem wir lächelten und uns zunickten. Dann wandte sie sich wieder zu Otto und sagte noch etwas. Er gab ihr meinen Koffer, und sie zog sich zurück.
    „Ihre Mutter hat geschlafen, aber sie ist jetzt wach. Geben Sie mir Ihren Mantel.“
    Ich knöpfte ihn auf, er half mir heraus und legte ihn auf die Sofalehne. Dann ging er zu einer anderen Tür und winkte mir dabei, ihm zu folgen. Ich tat es, plötzlich sehr nervös, in ängst licher Erwartung dessen, was ich sehen würde.
    Das Wohnzimmer war ein langer, niedriger Raum, weiß getüncht wie das übrige Haus, mit modernen skandinavischen und antiken spanischen Möbeln, eine Kombination, die sehr reizvoll wirkte. Auf dem Steinboden lagen viele Vorleger, an den Wänden zogen sich Bücherregale und Bilder entlang, und in der Mitte des Zimmers stand ein runder Tisch mit säuberlich gesta pelten Zeitungen und Zeitschriften, ein verlockender Anblick.
    In dem großen, steingefaßten Kamin brannte ein Feuer, vor dem Kamin stand ein Bett, daneben ein niedriger Tisch mit einem Krug und einem Wasserglas, einigen rosaroten Geranien in einem Becher, ein paar Büchern und einer brennenden Lampe.
    Außer der Lampe und dem Schein der Flammen gab es keine Beleuchtung, doch von der Tür aus konnte ich die schmale Ge stalt sehen, die in eine rote Wolldecke gehüllt war, und den dünnen Arm, der ausgestreckt wurde, als Otto hinging und auf dem Kaminvorleger stehenblieb.
    „Liebling“, sagte sie.
    „Lisa.“ Er nahm ihre Hand und küßte sie.
    „Es hat doch nicht so lange gedauert.“
    „Maria sagt, du hättest geschlafen. Fühlst du dich bei Kräften für einen Gast?“
    „Einen Gast?“ Ihre Stimme war wie der dünnste Faden. „Wer ist es?“
    Otto blickte mich an, und ich trat neben ihn. „Ich bin es“, sagte ich. „Rebecca.“
    „Rebecca, Liebling. Mein Kind. Oh, was für ein köstlicher Einfall.“ Sie streckte beide Arme nach mir aus, und ich kniete mich neben das Bett und gab ihr einen Kuß. Ihr Körper bot kei nen Widerstand und keine Stütze, so mager war sie, und als meine Lippen ihre Wange berührten, war mir, als fühlte ich fein stes Pergament – als ob ich ein Blatt küßte, das der Wind schon vor langer Zeit von seinem Baum geweht hat.
    „Aber was machst du hier?“ Sie sah über meine Schulter zu Otto, dann wieder auf mich und runzelte die Stirn. „Du

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