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Stürmische Begegnung

Stürmische Begegnung

Titel: Stürmische Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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Samthausschuhe mit goldgesticktem Monogramm. Er war sehr braun gebrannt, sogar seine Schädeldecke war ganz braun unter den schütteren weißen Haarsträhnen, und ich stellte mir vor, daß er viel Zeit in jenem durch Hecken abgetrennten kleinen Garten verbrachte, in der Sonne Zeitung las, dabei eine Pfeife schmauchte und dann stillvergnügt beobachtete, wie die Möwen und die weißen Wolken am Himmel entlangzogen.
    Wir sahen uns an. Ich wünschte, er würde etwas, sagen, aber er schaute nur. Ich war froh, daß ich nur vorhin die Zeit genommen hatte, mich zu frisieren. Endlich sagte er: „Ich bin noch nie in einer solchen Situation gewesen. Ich weiß nicht recht, wie wir einander begrüßen sollen.“
    „Ich könnte Ihnen vielleicht einen Kuß geben“ , sagte ich.
    „Warum tun Sie das nicht?“ .
    Ich trat zu ihm, er beugte sich ein wenig nach unten, und meine Lippen berührten die glatte; duftende Wange.
    „Warum setzen wir uns nicht?“ sagte er. „Joss, kommen Sie, setzen Sie sich.“
    Joss entschuldigte sich jedoch und sagte, wenn er nicht endlich anfinge, würde er den ganzen Tag nichts schaffen. Aber er blieb lange genug, um dem alten Herrn in seinen Sessel zu helfen und uns beiden aus einer Karaffe ein Glas Sherry einzuschenken. Dann sagte er: „Ich muß jetzt wieder nach oben. Sie haben sich bestimmt eine Menge zu erzählen.“ Er verließ das Zimmer mit einem freundlichen Winken. Die Tür fiel leise hinter ihm ins Schloß.
    „Sie kennen ihn sicher recht gut?“ sagte Grenville.
    Ich zog einen Schemel her, damit ich mich ihm gegenüber hin setzen konnte. „Eigentlich nicht. Aber er ist sehr freundlich ge wesen und…“ Ich suchte das richtige Wort. „Und immer zur Stelle. Ich meine, er scheint immer dann dazusein, wenn man ihn braucht.“
    „Und nie, wenn man ihn nicht braucht?“ Ich war nicht sicher, ob ich dem uneingeschränkt zustimmen konnte. „Er ist ein sehr tüchtiger Junge. Er setzt alle meine Möbel instand.“
    „Ja, ich weiß.“
    „Guter Handwerker. Sehr schöne Hände.“ Er stellte seinen Sherry ab, und wieder wurde ich von den durchdringend blickenden Augen gemustert. „Ihre Mutter ist gestorben.“
    „Ja.“
    „Dieser Pedersen hat mir geschrieben. Er sagt, es sei Leukämie gewesen.“
    „Ja.“
    „Kennen Sie ihn?“
    Ich erzählte von der Reise nach Ibiza und von dem Abend, den ich mit Pedersen und meiner Mutter verbracht hatte.
    „Er war also ein anständiger Bursche? Gut zu ihr?“
    „ Ja. Er war sehr, sehr freundlich. Und er betete sie an.“
    „Ich bin froh, daß sie zuletzt mit einem anständigen Menschen zusammen war. Die meisten von den Burschen, mit denen sie sich einließ, waren nichtsnutzige Lumpen.“
    Ich lächelte über das altmodische Wort. Ich dachte an den Schafzüchter und den Arne Streifen hemden und fragte mich, wie es wie es ihnen gefallen hätte , als Lumpen bezeichnet zu werden. Wahrscheinlich nicht besonders.
    „Ich glaube, sie hat sich manchmal zu sehr von ihren Gefühlen leiten lassen.“
    In seinen Augen blitzte der Schalk. „Sie scheinen das Leben sehr nüchtern zu betrachten?“
    „Ja. Schon lange.“
    „Sie konnte einen zum W ahnsinn bringen, aber als kleines Mädchen war sie einfach entzückend, unwiderstehlich . Ich habe sie oft gemalt. Ich habe noch zwei Bilder von ihr als Kind. Petti fer muß sie einmal suchen und Ihnen zeigen. Dann wurde sie groß, und alles wurde anders. Roger; mein Sohn, fiel im Krieg, und Lisa lag sich ständig mit ihrer Mutter in den Haaren. Sie fuhr mit ihrem kleinen Auto fort, ohne zu sagen wohin, und kam abends nie pünktlich nach Haus. Schließlich verknallte sie sich in diesen Schauspieler, und das war es dann.“
    „Sie war wirklich in ihn verliebt.“
    „Verliebt.“ Es klang angewidert. „Ein überschätzter Ausdruck. Das Leben besteht nicht aus Verliebtsein.“
    „Ja, aber das muß jeder für sich selbst herausfinden.“
    Er sah mich amüsiert an. „ Haben Sie es schon herausgefun den?“
    „Nein.“
    „Wie alt sind Sie?“
    „Einundzwanzig.“
    „Sie wirken sehr reif für einundzwanzig. Und Ihr Haar gefällt mir. Sie sehen nicht so aus wie Lisa. Sie sehen auch nicht aus wie Ihr Vater. Sie sehen aus wie Sie selbst.“ Er griffe nach seinem Glas, hob es vorsichtig an die Lippen, trank einen kleinen Schluck und stellte es dann auf den Tisch neben se inem Sessel zurück. Seine behutsamen Bewegungen verrieten sein Alter und seinen Ge sundheitszustand.
    „Sie hätte nach Boscarva zurückkommen

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