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Stürmische Begegnung

Stürmische Begegnung

Titel: Stürmische Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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und hinreißend gewesen, voll Charme. Warum konnten wir sie nicht so im Gedächtnis behalten?
    Während wir bei Tisch saßen, schlug das Wetter um. Von We sten kam ein Sturm auf, der eine große graue Wolkenbank über den blauen Himmel trieb, hinter der die Sonne verschwand, und dann fing es an zu regnen. Während es immer noch in Strömen goß, fuhr Mollie mit ihrem kleinen Wagen zu der besagten Bridgeparty, nachdem sie verkündet hatte, sie werde gegen sechs Uhr wieder dasein. Andrea zog sich mit ihrem neuen Magazin auf ihr Zimmer zurück, weil der morgendliche Marsch sie er schöpft hatte oder, was wahrscheinlicher war, weil sie meine Ge sellschaft sterbenslangweilig fand. Ich stand allein unten an der Treppe und überlegte, wie ich mir die Zeit vertreiben sollte. Die Stille des trüben Nachmittags wurde nur durch das Ticken der alten Standuhr unterbrochen und durch ein leises Scheppern aus der Küche, das, wie ich bei näherer Erkundung feststellte, von Pettifer kam, der am Tisch saß und Silber putzte.
    Er sah auf, als ich den Kopf durch die Tür steckte.
    „Hallo. Ich hab Sie gar nicht gehört.“
    „Wie geht es meinem Großvater?“
    „Oh, alles in Ordnung. Er ist nur ein bißchen müde nach der Aufregung gestern. Wir dachten, es ist besser, wenn er einen Tag im Bett bleibt. Ist Mrs. Roger weg?“
    „Ja.“ Ich zog mir einen Stuhl her und setzte mich gegenüber von ihm an den Tisch.
    „Dachte ich mir. Ich hab das Auto gehört.“
    „Soll ich Ihnen helfen?“
    „Das wäre sehr freundlich… Die Löffel da müssen richtig mit dem Zeug bearbeitet werden. Ich habe keine Ahnung, woher sie all die Flecken gekriegt haben. Das heißt… Jetzt weiß ich es.
    Wenn Silber eines nicht vertragen kann, dann ist es diese feuchte Seeluft.“ Ich rieb das von jahrzehntelanger Benutzung ganz dünn gewordene Mundstück eines Löffels mit dem Silberputzmittel ein. Pettifer sah mich über den Rand seiner Brillengläser hinweg an. „Komisch, daß Sie nach all den Jahren auf einmal da sitzen. Ihre Mutter war immer die halbe Zeit in der Küche… Als Roger aufs Internat ging, war sonst niemand mehr da, mit dem sie reden konnte. Also kam sie hierher und saß bei Mrs. Pettifer und mir. Mrs. Pettifer brachte ihr bei, wie man Kekse backt und zu zweit Whist spielt. Wir hatten viel Spaß. Und an einem Tag wie heute machte sie Toast in dem alten Backofen… Er ist schon lange nicht mehr da, wir haben jetzt einen neuen, er ist sehr gut… Aber der alte Herd war so schön gemütlich, man konnte das Feuer hinter der Klappe sehen, und die schönen Messing knäufe waren immer blitzblank poliert.“
    „Wie lange sind Sie schon in Boscarva, Pettifer?“
    „Seit der Commander es gekauft hat… 1922. In jenem Jahr beschloß er, Maler zu werden, und nahm den Abschied von der Navy. Der alten Mrs. Bayliss gefiel das gar nicht. Sie redete drei Monate oder noch länger kein Wort mit ihm.“
    „Warum war sie so böse mit ihm?“
    „Sie war ihr ganzes Leben bei der Navy gewesen. Ihr Vater war Kapitän der Imperious, als der Commander noch Kapitän leutnant war. In der Zeit haben sie sich kennengelernt. Sie haben in Malta geheiratet. Eine großartige Hochzeit mit Degenspalier und allem, was dazugehört. Für Mrs. Bayliss bedeutete die Navy eine Menge. Als der Commander sagte, daß er den Abschied nehmen wollte, sind sie sich furchtbar in die Haare geraten, aber sie konnte ihn nicht dazu bringen, seinen Entschluß zu ändern. Also verließen wir Malta für immer, der Commander fand dieses Haus, und wir zogen alle hierher.“
    „Und seitdem sind Sie immer hier gewesen?“
    „Mehr oder weniger. Der Commander schrieb sich am Slade-Institut ein, deshalb mußte er dort arbeiten. Er nahm sich eine kleine Stadtwohnung gleich hinter St. James, und wenn er dort war, kam ich immer mit, um ein Auge auf ihn zu haben, während Mrs. Pettifer hier blieb, bei Mrs. Bayliss und Roger. Ihre Mutter war damals noch nicht da.“
    „Aber als er sein Studium beendet hatte…“
    „Na ja, da kam er für immer hierher. Und baute das Atelier. Damals hat er am besten gemalt. Wunderschöne Sachen, großar tige Bilder vom Meer, sie wirkten so kalt und hell, daß man den Wind riechen und das Salz auf den Lippen spüren konnte.“
    „Sind hier viele von seinen Bildern?“
    „Nein, nicht viele. Das Fischerboot über dem Kamin im Eß zimmer und eine oder zwei Zeichnungen im Flur im ersten Stock. In seinem Atelier sind noch drei oder vier, und ein paar hängen in dem Zimmer,

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