Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stürmische Begegnung

Stürmische Begegnung

Titel: Stürmische Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
Vom Netzwerk:
wo Mrs. Roger schläft.“
    „Und das im Wohnzimmer…“
    „O ja, natürlich. Die     „Wer war sie?“
    Er antwortete nicht, vielleicht war er zu sehr mit seinem Silber beschäftigt, jedenfalls rieb er an einer Gabel herum, als sei er fest entschlossen, das Muster wegzupolieren.
    „Wer war sie? Das Mädchen auf dem Bild?“
    „Ach“, sagte er. „Das war Sophia.“
    Sophia. Seit meine Mutter sie beiläufig erwähnt hatte, hatte ich wissen wollen, wer sie war, und nun ließ Pettifer ihren Namen fallen, als wäre es das Natürlichste von der Welt.
    „Sie war das Mädchen, das dem Commander Modell saß. Ich glaube, sie hat schon in London für ihn gearbeitet, als er noch studierte, und dann kam sie manchmal im Sommer herunter, wohnte in Porthkerris und saß für jeden Maler, der sie haben wollte und genug Geld hatte, um sie zu zahlen.“
    „War sie sehr schön?“
    „Nicht für meinen Geschmack. Aber sehr lebhaft, und sie konnte reden wie ein Buch! Sie war Irin, sie kam aus der Graf schaft Cork.“
    „Was sagte meine Großmutter dazu?“
    „Sie redeten nie miteinander, genausowenig, wie Ihre Groß mutter gesellschaftlichen Verkehr mit dem Schlachter oder mit ihrer Friseuse gepflegt hätte.“
    „Dann kam Sophia nie hierher nach Boscarva?“
    „O doch, sie kam oft. Sie war unten im Atelier bei dem Com mander, und wenn er müde wurde oder die Geduld mit ihr verlor und den Pinsel hinlegte, kam sie durch den Garten hoch zur Kü chentür und rief:     „Sie hat aus Teeblättern die Zukunft gelesen.“
    „Wer hat Ihnen das erzählt?“
    „Meine Mutter.“
    „Es stimmt, das tat sie. Und sie hat uns die schönsten Dinge vorausgesagt. Natürlich sind sie dann nicht eingetroffen, aber es hat trotzdem Spaß gemacht, ihr zuzuhören. Sie und Ihre Mutter waren eng befreundet. Sophia hat sie oft mitgenommen zum Strand, und dann hat Mrs. Pettifer ihnen einen Picknickkorb ge macht. Und bei schlechtem Wetter sind sie hochgegangen ins Moor.“
    „Aber was hat meine Großmutter die ganze Zeit gemacht?“
    „Oh, sie hat nachmittags fast immer Bridge gespielt oder Mah- Jongg. Sie hatte einen sehr vornehmen Kreis von Freundinnen. Sie war recht freundlich, aber sie interessierte sich nicht beson ders für Kinder. Wenn sie sich mehr für Lisa interessiert hätte, als sie klein war, hätten sie vielleicht später mehr gemeinsam gehabt, ich meine, als Lisa dann groß wurde, und dann wäre Ihre Mutter vielleicht nicht davongelaufen und hätte uns allen nicht das Herz gebrochen.“
    „Was ist aus Sophia geworden?“
    „Sie ging wieder zurück nach London, und ich glaube, sie hat geheiratet und ein Kind bekommen. 1942 ist sie dann bei einem Bombenangriff der Deutschen ums Leben gekommen. Das Baby war auf dem Land bei Verwandten, und ihr Mann war im Ausland, aber sie blieb in London, weil sie dort in einem Kranken haus gearbeitet hat. Wir haben es erst viel später erfahren. Mrs. Pettifer und ich hatten beide das Gefühl, ein Licht in unse rem Leben wäre ausgelöscht worden.“
    „Und mein Großvater?“
    „Es hat ihm natürlich leid getan. Aber er hatte sie seit Jahren nicht mehr gesehen. Sie war nur ein Mädchen, das einmal für ihn gearbeitet hatte.“
    „Gibt es noch mehr Bilder von ihr?“
    „Viele, im ganzen Land, in kleinen Kunstmuseen. Eines hängt im Museum von Porthkerris, Sie können ja mal hingehen, wenn Sie es sehen möchten. Und zwei sind oben im Schlafzimmer von Mrs. Roger.“
    „Könnten wir nicht hinaufgehen, damit ich sie sehen kann? Ich meine, jetzt gleich?“ sagte ich eifrig, und Pettifer machte ein überraschtes Gesicht, als ob ich etwas vorgeschlagen hätte, das sich nicht recht gehörte. „Ich meine, Mrs. Bayliss hätte doch nichts dagegen, oder?“
    „Nein, sicher nicht. Ich sehe nicht, warum nicht… Kommen Sie.“
    Er stemmte sich hoch, und ich folgte ihm in den ersten Stock, in das Zimmer über dem Wohnzimmer, einen großen Raum, sehr feminin eingerichtet, mit schönen alten viktorianischen Mö beln und einem verschossenen Teppich, rosa und cremefarben. Alles war peinlich sauber und ordentlich. Die beiden kleinen Öl bilder hingen nebeneinander zwischen den Fenstern. Eines zeigte eine Kastanie, in deren Schatten ein Mädchen lag, das an dere dasselbe Mädchen beim Wäscheaufhängen. Es waren kaum mehr als Skizzen, und ich war enttäuscht.
    „Ich weiß

Weitere Kostenlose Bücher