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Stürmische Begegnung

Stürmische Begegnung

Titel: Stürmische Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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abwechselnd gegen Sturm und Spritzwasser an kämpfte, sah ich das alte Fischerhaus, das zu einem Fremdenverkehrsamt umgebaut worden war, und kam zu dem Schluß, daß es Zeit und Energie sparen würde, wenn ich mich dort erkundigte.
    Drinnen saß ein mißmutiges Mädchen an einem Ölofen. Sie hatte Stiefel an, fröstelte und sah aus wie die einzige Überlebende einer Polarexpedition. Als ich über die Schwelle trat, rührte sie sich nicht vom Fleck. „Ja?“ sagte sie und starrte mich durch die Gläser einer häßlichen Brille an.
    Ich versuchte, Mitleid mit ihr zu empfinden. „Ich suche das Kunstmuseum.“
    „Welches meinen Sie?“
    „Ich wußte nicht, daß es mehrere gibt.“
    Hinter mir ging die Tür auf und wurde wieder geschlossen. Das Mädchen sah über meine Schulter hinweg, und in seinen Augen blitzte ein gewisses Interesse auf.
    „Es gibt die Städtische Galerie und die Neuen Maler“, sagte sie, auf einmal viel lebhafter.
    „Ich weiß nicht, welches es ist.“
    „Vielleicht kann ich Ihnen helfen“, sagte eine bekannte Stimme hinter mir.
    Ich fuhr herum, und dort stand Joss, in Gummistiefeln und einer klitschnassen schwarzen Öljacke, eine Fischermütze über beide Ohren gezogen. Sein Gesicht war naß vom Regen, er hatte die Hände in den Jackentaschen vergraben, seine dunklen Augen funkelten belustigt. Einerseits konnte ich gut verstehen, warum das unfreundliche Mädchen am Ofen urplötzlich zum Leben erwacht war. Andererseits störte mich seine ungewöhnliche Gabe, immer dann auf der Bildfläche zu erscheinen, wenn ich ihn am wenigsten erwartete.
    Ich dachte an Andrea. Ich dachte an den Sekretär und den Stuhl. „Hallo, Joss“, sagte ich kühl.
    „Ich habe Sie hineingehen sehen. Was suchen Sie?“
    Das Mädchen piepste eifrig: „Sie will zum Kunstmuseum.“
    Joss wartete auf eine nähere Erklärung, und mir blieb kaum etwas anderes übrig. „Ich dachte, vielleicht hängen dort ein paar Bilder von Grenville…“
    „Sie haben recht, es sind drei da. Ich bring Sie hin.“
    „Das ist nicht nötig, ich wüßte nur gern, wie ich hinkomme.“
    „Ich begleite Sie aber gern. So…“ Er nahm mir den schweren Korb ab, lächelte dem Mädchen zu und ging zur Tür. Eine Bö peitschte gischtige Luft herein, und ein Stoß Prospekte wurde vom Tresen geweht und segelte zu Boden. Ehe wir noch mehr Schaden anrichten konnten, hastete ich hinaus, und die Tür fiel hinter uns ins Schloß. Joss nahm meinen Arm, als ob es die natür lichste Sache von der Welt wäre, und wir schritten mitten auf der Fahrbahn die Straße hinunter. Trotz des tosenden Sturms und meiner erkennbaren Schwierigkeiten, gegen den Wind voranzu kommen, machte Joss munter Konversation.
    „Was um Himmels willen führt Sie bei dem Wetter hier herun ter?“
    „Ich habe ein paar Besorgungen für Mollie gemacht.“
    „Hätten Sie nicht den Wagen nehmen können?“
    „Ich dachte, er würde bloß von der Straße geweht werden.“
    „Ich mag solche Tage“, erklärte er. So wie er aussah, mit zerzausten Haaren, über und über naß und vor Vitalität berstend, nahm man ihm das ohne weiteres ab. „Hatten Sie gestern einen schönen Tag?“
    „Wie kommen Sie darauf?“
    „Ich war oben in Boscarva, und Andrea hat mir erzählt, daß Sie mit Eliot nach Falmouth gefahren seien. Ich glaube nicht, daß man hier in der Gegend etwas geheimhalten kann. Wenn Andrea es mir nicht gesagt hätte, hätte Pettifer es getan, oder Mrs. Thomas oder Mrs. Kernow oder Miss Freundlich vom Fremdenver kehrsamt. Es gehört zu dem Charme, in Porthkerris zu leben. Jeder ist bestens darüber informiert, was die anderen machen.“
    „Das wird mir langsam klar.“
    Wir bogen von der Hafenstraße in eine steile Gasse. Unmittel bar an der Fahrbahn standen kleine Häuser, eine Katze sauste über das Pflaster und verschwand in einem Fenster, das trotz des Wetters einen Spalt weit geöffnet war. Eine Frau mit einem Hut und einer blauen Schürze schrubbte ihre Eingangsstufen. Sie blickte auf und sah uns. „Hallo, mein Junge“, sagte sie zu Joss. Ihre Finger sahen von dem warmen Wasser und dem kalten Wind aus wie rosarote Würste.
    Die Gasse mündete auf einen kleinen Platz, den ich noch nicht kannte. Eine Seite wurde von einem langgestreckten Bauwerk mit hoch angesetzten Bogenfenstern eingenommen. Über der Tür stand auf dem Schild KUNSTMUSEUM PORTHKERRIS. Joss ließ meinen Arm los, stieß die Tür mit der Schulter auf und trat zur Seite, um mir den Vortritt zu lassen. Drinnen

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