Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stürmische Begegnung

Stürmische Begegnung

Titel: Stürmische Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
Vom Netzwerk:
herum an den Wänden zogen sich verschieden breite Holzregale entlang, einige davon noch nicht fertig. In der Mitte des Raumes stand ein Gebilde, das aussah wie ein Klettergerüst für Kinder. Es war ebenfalls ein Regal, und darauf standen moderne skandi navische Trinkgläser, Porzellan und Kochtöpfe in fröhlichen Farben. An einer Seite hingen farbig gestreifte indische Webtep piche. Die Wände waren weiß getüncht, das Holz hatte er überall im natürlichen Zustand belassen, was zusammen mit den grauen Steinplatten einen schlichten und wirkungsvollen Hintergrund für die bunten Sachen abgab, die er verkaufen wollte. Hinten im Laden führte eine nicht verkleidete Holztreppe nach oben, und darunter war eine offenstehende Tür, die vermutlich in einen dunklen Keller führte.
    „Kommen Sie mit nach oben…“ Er ging voran.
    Ich folgte ihm. „Was ist das für eine Tür?“
    „Dahinter ist meine Werkstatt. Da drin herrscht jetzt ein furchtbares Durcheinander. Ich werd sie Ihnen ein andermal zei gen. Da…“ Wir erreichten den ersten Stock und konnten kaum einen Fuß vor den anderen setzen, weil überall Körbe herum standen. „Hier hab ich noch nicht aufgeräumt, aber wie Sie se hen, gibt es hier Körbe für Kaminholz, zum Einkaufen, für Babies, für Wäsche – was immer man hineintun will.“
    Das schmale Haus war alles andere als geräumig. Im Grunde bestand es nur aus einem Treppenhaus mit einem Treppenabsatz in jedem Stock.
    „Und jetzt ganz nach oben. Was machen Ihre Beine? Geht’s noch? Nun kommen wir zu den fürstlichen Privatgemächern des Eigentümers.“ Ich kam an einem winzigen Badezimmer vorbei, das neben der Treppenbiegung eingebaut war. Als ich da hinter Joss hinaufstieg, mußte ich plötzlich an Andreas sehnsüchtige Beschreibung der Wohnung denken. Irgendwie hoffte ich, sie würde ganz anders sein, als Andrea sie geschildert hatte, damit ich wüßte, daß ihre Phantasie mit ihr durchgegangen war und sie alles erfunden hatte.
    Wie aus einer Illustrierten, mit einem riesigen Polsterbett und jeder Menge Kissen und so, und einem Kamin.
    Aber es war genauso, wie sie gesagt hatte. Als ich die letzten Stufen hinaufstieg, schwand meine Hoffnung. Das Zimmer hatte tatsächlich etwas Verwunschenes und Geheimes, mit einer Decke, die bis zum Fußboden hinunterging, und einem Fenster in der Giebelwand, unter dem eine Sitzbank stand. Ich sah die Kochnische hinter dem Tresen, die aussah wie eine Bar, den alten türkischen Teppich, die breite, rotbezogene Liege an der Wand. Mit Kissen übersät, wie Andrea gesagt hatte.
    Joss hatte meinen Korb hingestellt, zog bereits seine nassen Sachen aus und hängte sie auf einen altmodischen Kleiderstän der.
    „Ziehen Sie sich aus, ehe Sie sich den Tod holen“, sagte er.
    „Ich mache schnell Feuer.“
    „Ich kann nicht lange bleiben…“
    „Kein Grund, kein Feuer zu machen. Und ziehen Sie bitte den Mantel aus.“
    Ich knöpfte ihn mit klammen Fingern auf, nahm meine nasse Wollmütze ab und schüttelte meinen Zopf zurecht. Während ich meine Sachen an den Kleiderständer hängte, machte Joss sich am Kamin zu schaffen, zerbrach kleine Äste, knüllte Papier zusam men, schob die brennbaren Überreste vom letzten Feuer zusam men und zündete das Ganze mit einem langen Fidibus an. Als kleine Flammen aufzüngelten, nahm er ein paar Stücke von dem teergetränkten Treibholz aus einem Korb neben dem Kamin und schichtete sie rings um die Flammen. Sie knisterten und knackten und fingen rasch Feuer. Und das Zimmer erwachte im Schein der Flammen zum Leben. Er richtete sich auf und wandte sich zu mir.
    „Na, was möchten Sie? Kaffee? Tee? Schokolade? Brandy mit Soda?“
    „Kaffee?“
    „Zweimal Kaffee, kommt sofort.“ Er ging hinter den Tresen, ließ einen Wasserkessel vollaufen und zündete das Gas an. Während er ein Tablett hervorholte und Tassen darauf stellte, ging ich zum Fenster hin aber kniete mich auf die Bank und schaute hinunter auf die Straße, die von jeder Welle, die sich an der Kaimauer brach, von Gischt und Wasser überspült wurde. Die Boote im Hafen hüpften auf und ab wie verrückt gewordene Korken, und große Heringsmöwen schossen kreischend über die Masten hinweg. Joss bewegte sich in der Mini-Küche mit der Geschicklichkeit und Zielsicherheit eines Seglers in seiner Kombüse. Eigentlich wirkte er ganz harmlos, aber das Beunruhigende an Andreas Geschichten war, daß sie alle einen wahren Kern hatten.
    Ich kannte Joss erst seit wenigen Tagen, aber ich

Weitere Kostenlose Bücher