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Stürmische Begegnung

Stürmische Begegnung

Titel: Stürmische Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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wenn man nicht nach draußen geht. Wo sind Sie gewe sen?“
    „Unten in Porthkerris. Ich hab ein paar Sachen für Mollie ein gekauft.“
    „Wie spät ist es?“
    „ Halb eins.“
    „Dann trinken wir einen Sherry.“
    „Dürfen Sie das?“
    „Es ist mir verdammt egal, ob ich es darf oder nicht. Sie wissen ja, wo die Karaffe ist.“
    Ich schenkte zwei Gläser ein und stellte seines vorsichtig auf den kleinen Tisch neben seinem Sessel. Dann zog ich mir einen Schemel heran und setzte mich ihm gegenüber. „Grenville“, sagte ich. „Ich muß zurück nach London.“
    „Was?“
    „Ich muß zurück nach London.“ Die blauen Augen wurden schmal, die Kinnbacken traten hervor. Ich schob die Schuld auf Stephen Forbes: „Ich kann nicht ewig fortbleiben. Ich habe schon fast vierzehn Tage nicht mehr gearbeitet, und mein Chef, Stephen Forbes, hat kein Wort gesagt, ich kann seine Freundlich keit und Großzügigkeit nicht überstrapazieren. Mir ist eben bewußt geworden, daß heute schon Freitag ist. Ich muß dieses Wochenende zurück nach London.“
    „Aber Sie sind gerade erst gekommen.“ Er nahm es mir offen sichtlich sehr übel.
    „Ich bin schon drei Tage hier. Sie wissen doch, Gäste und Fisch sind nach drei Tagen nicht mehr frisch.“
    „Aber Sie sind kein Gast. Sie sind Lisas Tochter!“
    „Trotzdem habe ich Verpflichtungen. Und meine Arbeit gefällt mir, ich möchte nicht damit aufhören.“ Ich lächelte, versuchte ihn abzulenken. „Und jetzt, wo ich den Weg nach Boscarva weiß, kann ich vielleicht wiederkommen und Sie besu chen, wenn ich etwas mehr Zeit habe.“
    Er antwortete nicht, starrte nur trübsinnig in die Flammen. Auf einmal sah er sehr alt aus.
    „Vielleicht bin ich dann nicht mehr da“, sagte er dann mür risch.
    „Natürlich werden Sie noch dasein.“
    Er seufzte, nahm mit zittriger Hand sein Glas, trank einen Schluck und wandte sich, resigniert, wie es schien, wieder zu mir.
    „Wann wollen Sie fahren?“
    Ich war überrascht und erleichtert, daß er sich so schnell damit abgefunden hatte.
    „Morgen abend, wenn es geht. Ich nehme den Schlafwagen. Dann habe ich den Sonntag für mich und kann die Wohnung wieder auf Vordermann bringen.“
    „Sie sollten in London nicht allein in einer Wohnung hausen.
    Sie sind nicht dafür geschaffen, allein zu leben. Sie sind geschaf fen für einen Mann, ein Heim und Kinder. Wenn ich zwanzig Jahre jünger wäre und noch malen könnte, würde ich Sie so zei gen, auf einer Wiese oder in einem Garten, beim Pflücken von Butterblumen, umgeben von einer Kinderschar.“
    „Vielleicht wird es eines Tages so kommen. Dann sage ich Ihnen Bescheid, damit Sie mich besuchen.“
    Sein Gesicht war plötzlich voll Schmerz. Er wandte sich ab und sagte: „Ich wünschte, Sie würden bleiben.“
    Ich hätte so gern gesagt, es sei auch mein Wunsch, doch es gebe tausend Gründe, die dagegen sprächen. „Ich komme wieder“, versprach ich.
    Ich war sehr gerührt, als ich sah, wie heftig er mit seiner inne ren Bewegung kämpfte. Er räusperte sich, rutschte in seinem Ses sel hin und her und sagte dann: „Ihre Jadefigur. Wir müssen Pettifer sagen, daß er sie in eine Schachtel packen soll. Und der Spiegel… Können Sie ihn im Zug mitnehmen, oder ist er zu groß? Sie müßten ein Auto haben, dann gäbe es keine Probleme. Haben Sie eines?“
    „Nein, aber es ist nicht weiter wichtig…“
    „Und ich nehme an, der Sekretär ist noch nicht…“
    „Der Sekretär ist überhaupt nicht wichtig!“ unterbrach ich ihn so laut und unvermittelt, daß er mich ein bißchen überrascht an sah, als hätte er mir dieses schlechte Benehmen nicht zugetraut.
    „Entschuldigung“, fuhr ich rasch fort. „Es ist nur… Er ist wirklich nicht so wichtig. Ich könnte es nicht ertragen, wenn es deswegen noch einmal Streit im Haus gibt. Bitte reden Sie nicht wieder davon, um meinetwillen, denken Sie nicht mehr daran.“
    Er sah mich unverwandt an, so lange, daß ich den Blick senkte.
    „Finden Sie, ich bin ungerecht zu Eliot?“ fragte er.
    „Ich denke nur, daß Sie vielleicht nicht genug miteinander reden, daß Sie einander nicht genug sagen.“
    „Er wäre anders geworden, wenn Roger nicht gefallen wäre. Er hat als Junge einen Vater gebraucht und hatte keinen. Nur diese Glucke von Mutter.“
    „Hätten Sie nicht sein Vater sein können?“
    „Mollie hat ihn nicht von ihren Rockschößen gelassen. Sie hat ihm nie beigebracht, bei einer Sache zu bleiben. Er hat alle Nase lang die Stelle

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