Stürmische Eroberung
Spitzenkragen zierte den kurzen Mantel aus schwarzem Samt, und schmale Reithosen steckten in breitkrempigen Lederstiefeln, an denen die Sporen blitzten.
Seit der Dinnerparty auf Marlden Hall hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Von Thomas wusste sie, dass ihr Nachbar für eine Weile in London gewesen war, um dort einigen Geschäften nachzugehen. Sie hatte aufrichtig gehofft, dass die Stadt mit ihren zweifelhaften Vergnügungen Lord Fox davon abhalten würde, je wieder hierher aufs Land zurückzukehren.
Als ihre Blicke sich trafen, verschwand das Lächeln aus Prudence' Gesicht. Sie hatte sich in den vergangenen Wochen so viel Mühe gegeben, Lucas aus ihren Gedanken zu vertreiben, doch es war ihr nicht gelungen. Tatsächlich fühlte sie eine solche Sehnsucht nach ihm, wie sie es nie für möglich gehalten hätte. Andererseits war dies wohl kaum verwunderlich bei einem solchen Teufelskerl, der noch dazu so überwältigend gut aussah.
Sie fühlte sich von ihm geradezu magnetisch angezogen, wann immer sie ihm begegnete. Was besaß diese dunkle, hoch gewachsene Gestalt nur, dem sie einfach nicht zu widerstehen vermochte? Sie konnte kaum noch glauben, dass sie tatsächlich in Lord Fox' Armen gelegen und er sie so leidenschaftlich geküsste hatte.
"Verzeihung, Sir, aber Ihre Anwesenheit war mir entgangen. Dagegen scheinen Sie mich ja nach Herzenslust studiert zu haben, seit ich das Zimmer betrat", begrüßte sie ihn böse. Ihre Worte machten deutlich, dass sie sich lebhaft ihrer letzten Begegnung erinnerte und ihm noch nicht verziehen hatte.
Der scharfe Ton ließ Thomas aufmerken. Erstaunt sah er von der Schwester zu seinem Freund. Seit dem Besuch auf Marlden Hall schien sich ihre Abneigung gegen Lucas also eher vertieft zu haben. Tatsächlich hatte sie in der Zeit danach nicht einmal von ihm gesprochen, und wann immer jemand ihn erwähnte, senkte sie den Blick – als ob sie Fox ganz und gar aus ihrem Gedächtnis zu streichen versuchte. Was mochte er nur zu ihr gesagt haben nach dem Essen, bei dem sie so skandalös mit ihm geflirtet hatte?
Misstrauisch beobachtete Prudence, wie er auf sie zukam. Belustigt hob er ihre Hand an die Lippen, doch sie entzog sie ihm sofort wieder. "Lassen Sie das!" rief sie. "Sie erlauben sich mir gegenüber zu viele Freiheiten, Mylord. Oder gehört es zu ihren Gewohnheiten, jede Frau zu küssen, der sie begegnen?"
Lucas lachte. "Nein, zum Teufel. Nur wenn sie mir gefällt."
"Bei mir jedenfalls werden Sie es unterlassen. Ich bin sehr wählerisch und bekomme noch dazu leicht blaue Flecke."
Ihre Bemerkung beeindruckte ihn nicht im Geringsten, im Gegenteil, sie amüsierte ihn sogar noch. Was war sie doch für ein reizendes Wesen – eine Mischung aus einem Engel und einer kleinen Hexe! Das Sonnenlicht fiel durch das schmale Fenster in ihrem Rücken auf die kastanienbraunen Locken, deren warmen Glanz er nur bewundern konnte. Wenn sie sich doch nur wieder in die glückliche junge Frau verwandeln würde, die eben hereingestürmt war – bevor Thomas sie auf seine eigene Anwesenheit aufmerksam gemacht hatte.
"Falls Sie endlich aufhören würden, mich derart böse anzufunkeln, könnten wir ja vielleicht noch einmal von vorn beginnen. Guten Morgen, Prudence. Ich kam herüber, um eine geschäftliche Angelegenheit mit Thomas zu besprechen – und um Ihnen zum Geburtstag zu gratulieren."
"Oh, Sie wussten, dass ich heute Geburtstag habe?" fragte sie, richtete sich zu voller Größe auf und hob aufmüpfig das Kinn. Neben diesem arroganten Riesen von einem Mann kam sie sich dennoch stets vor wie ein Zwerg.
"Ihr Bruder war so freundlich, mir dies zu verraten. Werden Sie denn gebührend feiern?"
"Nein, leider nicht."
Überrascht hob er die Brauen. "Bitte? Sie sehen mich erstaunt. Ich dachte, jede junge Dame lässt sich gern anlässlich ihres Geburtstags feiern."
"Zweifellos verfügen Sie in diesem Punkt über genaueste Kenntnisse, Mylord", gab sie schlagfertig zurück. "Schließlich gelten Sie als nimmermüder Schürzenjäger, und die Frauen halb Europas sollen bereits Ihrem Charme erlegen sein. Sicherlich haben Sie an Tausenden von Geburtstagsfeiern junger Damen teilgenommen."
Spöttisch sah er sie an. "Das wäre dann doch ein wenig übertrieben", widersprach er. "Hunderte – ja, TausENDE – nein."
Schmollend erwiderte Prudence seinen Blick. "Vielleicht ist es Ihrer Aufmerksamkeit entgangen, aber derlei Feierlichkeiten waren in England während der letzten zehn Jahre verboten."
"Aber jetzt nicht
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