Stürmische Eroberung
mehr. Und es gibt keinerlei Grund, sich weiter an die lebensfeindlichen Regeln zu halten, die Cromwell unserem Land auferlegt hat." Er wandte sich an Thomas. "Deine Schwester ist heute ausgesprochen ernster Stimmung, mein Lieber. Fällt dir vielleicht etwas ein, womit wir sie an ihrem Ehrentag ein wenig aufheitern könnten? Eine Feier vielleicht oder ein Besuch in Dorkin, um ihr ein neues Kleid machen zu lassen?"
"Ich will nicht feiern, und Thomas hat mir bereits das schönste Geschenk von allen gemacht."
Thomas seufzte und schenkte Lucas einen gespielt hilflosen Blick. "Bitte vergib meiner Schwester, Lucas. Wie du ja weißt, sind ihr selbst einfachste Grundformen der Höflichkeit unbekannt, und sie besitzt zu allem Unglück auch noch die scharfe Zunge einer Xanthippe."
"Ich bin überhaupt nicht unhöflich und bestimmt auch kein keifendes Weib", erwiderte Prudence scharf, der das Blut in die Wangen stieg. "Ihr mögt euch ja bei Hofe in Frankreich in allen nur denkbaren Zerstreuungen ergangen haben, aber für uns gab es keine Maskeraden, Theaterbesuche oder Vergnügungen irgendeiner Art. Deshalb haben wir auch einen moralischen Lebenswandel geführt und sind nicht so verdorben wie die Lieblinge seiner Majestät."
Scheinbar entsetzt blickte Lucas flehentlich zur Zimmerdecke. "Lieber Himmel, Thomas! Beherbergst du etwa eine Puritanerin unter deinem Dach? Und noch dazu ist es deine eigene Schwester!" Nur mit Mühe unterdrückte er ein Lachen.
"Diesen Akt offener Rebellion wirst du noch bereuen, Prudence!" erklärte Thomas, setzte eine finstere Miene auf und spielte den gestrengen Bruder, obwohl auch er seine Belustigung kaum zu verbergen vermochte. "Lucas ist Gast in unserem Haus, und ich erlaube nicht, dass du ihn derart unhöflich behandelst."
Aufmunternd lächelte Lucas ihr zu. "Denk daran, Thomas, sie ist noch ein ungestümes Füllen", sagte er dann. "Sie wird schon jemanden finden, der sie zähmt. Vielleicht kann ich dir dafür meine Dienste anbieten."
"Das werde ich gern selbst übernehmen", meinte Thomas lachend. "Die Reitpeitsche ist eine ausgezeichnete Lehrmeisterin, die wird selbst unserer Prudence beibringen, sich daran zu gewöhnen, dass die Zeiten sich geändert haben und dass sie zu folgen hat."
Erbost ballte Prudence die Hände zu Fäusten. "Würdet Ihr jetzt bitte aufhören, euch wie Schuljungen aufzuführen? Und wagt es nicht, weiter über mich zu lachen … alle beide! Ich will nicht, dass ihr euch über mich lustig macht. Außerdem bin ich ebenfalls froh darüber, dass die Tage des Protektorats vorbei sind. Wie ganz England."
"Aber das wissen wir doch", erklärte Lucas. "Thomas und ich wollten Sie nur ein wenig aufziehen." Er strich ihr sanft über die Wange. Diese Frau war wirklich bezaubernd! "Niemals würde ich mich ernsthaft über ein so reizendes Wesen lustig machen."
"Glauben Sie nur ja nicht, ich würde auf Ihre Schmeicheleien hereinfallen, Lord Fox", entgegnete sie. "Mit Ihrem Charme können Sie vielleicht die Vögel von den Bäumen locken, aber bei mir bleibt er wirkungslos. Ich erkenne die Unaufrichtigkeit Ihrer Worte. Zweifellos haben Sie es bei Hofe gelernt, solch süßliche Komplimente zu machen."
Thomas lachte leise. "Offenbar weiß meine Schwester dich genau einzuschätzen, Lucas."
"In der Tat." Prudence nickte fest. Aber es fiel ihr schwer, hart zu bleiben, als Fox ihr nun ein geradezu teuflisch attraktives Lächeln schenkte und sie mit seinen schönen grün-braunen Augen vergnügt ansah. "Er ist ein herrisches Ekel."
"Nun gut." Thomas nickte. "Da wir unsere geschäftliche Unterredung beendet haben, darfst du, liebe Prudence, dem herrischen Ekel jetzt deine kleine Stute zeigen, bevor Lucas wieder aufbricht."
Der Vorschlag gefiel ihr ganz und gar nicht, aber sie zwang sich zu einem Lächeln. "Lord Fox hat sicherlich wichtigere Dinge zu tun, als sich ein Pferd anzusehen."
Lucas schenkte dem Freund einen wissenden Blick. "Im Gegenteil! Es würde mir sogar größte Freude bereiten." Glücklicherweise wusste sie nicht, dass er die Stute bereits kannte – er hatte sie ausgesucht, da ihr Fell die gleiche Farbe besaß wie Prudence' Haar, und er hatte das Tier auch bezahlt. "Außerdem ziehen mich keine dringlichen Angelegenheiten zurück ins Studierzimmer. Vielleicht gestatten Sie mir daher, Sie bei ihrem Jungfernritt zu begleiten. Wir könnten nach Marlden Hall reiten. Der Park und die Gärten sind ein wundervoller Anblick zu dieser Jahreszeit."
"Das kommt überhaupt nicht
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