Stürmische Eskapaden - Lady in Waiting (Featherton 2)
die Eisdecke geschmolzen, die Bath die letzten zwei Tage lang gelähmt hatte.
Jenny hatte diese Tage wirklich gebraucht. Es war ein Segen, dass es ihr unmöglich gewesen war, das Haus zu verlassen. Sie hatte Zeit benötigt, um darüber nachzudenken, welchen Lauf ihr Leben nehmen sollte - wenn sie denn tatsächlich schwanger war.
Sie konnte bis zu ihrem Lebensende Bedienstete bleiben, das wusste sie. Aber lieber Himmel noch mal, es würde schwer sein, besonders nachdem sie das süße Leben der Bessergestellten gekostet hatte.
Ihre Prickelcreme hatte Bath im Sturm erobert, und sie hatte in den vergangenen Wochen eine Menge Geld damit verdient. Das war gut. Doch sie hatte alles, bis zum letzten Shilling, für Kleider und Kinkerlitzchen ausgegeben. Das war schlecht.
Miss Meredith hatte sogar gesagt, dass ihre Kammerzofe eine bessere Garderobe besäße als sie, und obgleich Jenny es heftig abgestritten hatte, genoss sie es doch, zu wissen, dass diese Feststellung voll und ganz der Wahrheit entsprach.
Die feine Gesellschaft war kapriziös, und Jenny wusste, dass ihr Einkommen und damit auch ihre Kleiderkäufe - und sogar ihre Zukunft - von den Launen der feinen Herrschaften abhängig waren, die sich zweifellos alsbald anderen Vergnügungen zuwenden würden. Ja, ihre einträglichen Tage waren gezählt. Wie lange blieb ihr noch? Ein weiterer Monat? Zwei?
»Wie wär’s, wenn du dein eigenes Geschäft eröffnen würdest?«, schlug Annie vor, während sie an jenem Nachmittag zur Trim Street gingen, um Nadeln und Seidengarn zu kaufen. »Das ehemalige Textilgeschäft in der Milsom Street steht noch immer leer, wie du weißt. Tut es schon seit wenigstens einem Jahr. Ich bin sicher, den Laden könntest du für ein Almosen mieten.«
Jenny ging unbeirrt weiter. »Nun, ich habe kein Geld, Annie, und außerdem, was sollte ich verkaufen?«
Annie schnaubte spöttisch. »Ja, was nur! Die Prickelcreme natürlich.«
Sie blieb abrupt stehen, als plötzlich ein Bild vor ihrem geistigen Auge auftauchte. Ein Laden, der überquoll von edlen Stoffen und Borten, Fächern und modischen Hüten, duftenden Parfümflakons aus Frankreich und ihren nach eigenen Rezepten hergestellten Pudern und Schönheitssalben. Und es würde natürlich Ohrringe geben, Anhänger, Armbänder und Broschen … vielleicht sogar Diademe . Ein verträumter Seufzer stahl sich über ihre Lippen.
Annie kicherte. »Na, da hast du’s. Du kannst es förmlich sehen, stimmt’s? Lass uns hingehen und durchs Schaufenster in den Laden gucken.«
Jenny sah Annie nachdenklich an.
»Hineinschauen kostet doch nichts. Komm schon, Jen. Nur ein kurzer Blick, und dann höre ich auf, dir in den Ohren zu liegen.« Annie zog an Jennys Arm.
»Ach, na gut.« Jenny hakte sich bei Annie unter. »Aber es ist eine verrückte Idee. Eine völlig verrückte Idee.«
Einige Minuten später drückte Jenny sich die Nase an einem leeren Schaufenster platt, die Hände um die Augen gelegt wie Operngläser. Es war ein schmaler Laden, weit länger als breit. Und er erinnerte Jenny an ihre Nachttischschublade, in der sie ihre billigen Kinkerlitzchen und ihre kleinen Schätze verwahrte.
Entlang der Wand zur Rechten gab es eine lange, schrecklich verstaubte Verkaufstheke mit Glasfront, und an der Wand dahinter waren mit Spinnweben behangene Regale zu sehen.
Doch Jenny sah nur das erregende Potenzial, und zum ersten Mal seit Tagen raste das Blut durch ihre Adern. Die Wände wären in pastellblauem und cremefarbenem Satin gehalten, und in der Ecke würde ein Ankleidespiegel stehen, flankiert von zwei cremefarbenen Sofas. Feine Ladys würden dort sitzen und Tee trinken, während Verkäuferinnen ihnen Muster der aktuellsten Stoffe, ansprechend über ihre Arme drapiert, vorführten und eine Modistin sie über die neueste Mode aus Paris beriet.
»Oh Annie … ich muss es tun. Ich muss diesen Laden eröffnen. Denk doch nur an all die wunderschönen Dinge, mit denen ich ihn füllen kann - und es würde alles mir gehören. Mir! Na ja, bis jemand etwas kauft, versteht sich.«
Gedanken schossen in Jennys Kopf herum wie Königslachse in einem rauschenden Bach. Es würde eine Menge Geld kosten, ihr Traumgeschäft zu eröffnen. Wenigstens dreihundert Guineen. Hmm. Vielleicht mehr.
Sogleich begann sie, die benötigte Anzahl von Cremetiegeln zu überschlagen, abzüglich der Unkosten … Erma und die Zutaten, selbstverständlich. Du liebe Güte . Sie musste
sich umgehend daranmachen, mehr Prickelcreme
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