Stürmische Eskapaden - Lady in Waiting (Featherton 2)
was immer du brauchst zur Verfügung zu stellen. Du wirst dafür sorgen, dass es in die richtigen Hände gelangt, nicht wahr, Mädchen?«
Jenny knickste frohgestimmt. »Oh, aber natürlich, Mylady.«
Später an jenem Nachmittag kam Jenny auf der Suche nach Erma in die Küche, als sie plötzlich eiskalte Zugluft spürte, die von der Haustür herüberwehte.
Sie rieb sich die Arme, um sich zu wärmen, und wollte gerade nach der Klinke greifen, um die Tür zu schließen, als sie Erma erspähte, in eine freundliche Unterhaltung vertieft mit niemand anderem als Hercule Lestrange!
Der kleine Mann bemerkte Jenny an der Küchentür, lüftete lächelnd seinen Hut und verabschiedete sich dann von Erma, bevor er sich in Richtung Brock Street davonmachte.
Erma kehrte zum Haus zurück, doch sie wirkte befangen.
»Wer war das denn?«, fragte Jenny sie.
»Was, der kleine Mann? Ach, ich hab dem armen Kerl nur ein paar Almosen gegeben, mehr nicht.«
Jenny nickte versonnen. Sie hatte kein Essen in seinen Händen gesehen, ebenso wenig irgendein Paket oder Bündel. Sie schaute dem kleinen Mann hinterher, bis er um die Straßenecke bog und aus ihrem Blickfeld verschwand.
Ach, sie war einfach nur übertrieben argwöhnisch, weil es einen Spion im Haus gab, entschied sie.
»Ich wollte dir das hier geben.« Jenny ließ eine ganze Guinee in Ermas rechte Hand fallen.
Erma sah sie ungläubig an. »Ich dachte, du hättest kein Geld.«
»Hatte ich auch nicht.« Jenny grinste, nahm Ermas andere Hand und legte einen kleinen Beutel auf ihre Handfläche. »Und das ist für Witwe McCarthys Dienstboten für das Versprechen, dass sie ihre losen Zungen im Zaum halten werden. Kannst du dafür sorgen, dass das Geld verteilt wird?«
Erma öffnete ihren Mund und schenkte Jenny ein fast gänzlich
zahnloses Grinsen. »Du kannst dich auf mich verlassen. Von diesem Moment an ist dein Geheimnis bei mir sicher.«
Von diesem Moment an . Die Worte hallten in Jennys Kopf nach, während sie die Küche verließ.
Warum wollte ihr Ermas letzte Bemerkung bloß nicht mehr aus dem Kopf gehen?
15
»Oh Mrs. Russell.« Jenny wusste, dass ihr schwärmerischer Überschwang beim Anblick des Werks der Modistin kindisch war, doch bei ihrer Seele, wie hätte sie sich zurückhalten können? Sie hatte tatsächlich Tränen in den Augen, denn dies musste zweifellos die schönste Ballrobe sein, die je geschneidert wurde.
Jenny strahlte ihr Spiegelbild an in dem langen ovalen Spiegel an der Wand von Mrs. Russells privatem Ankleidezimmer. Sie betastete zaghaft die hauchzarte blaue Gaze, die über den Unterrock aus weißem Krepp drapiert war, und seufzte verzückt. Atemberaubend. Schlichtweg atemberaubend .
Jenny drehte sich im Kreis und erfreute sich daran, wie der Rock anmutig um sie herumschwang. Egal, wie sehr sie es auch versuchte, sie konnte ihren Blick einfach nicht von der eleganten Kreation losreißen.
»Und was halten Sie hiervon?« Mrs. Russell setzte Jenny einen prächtigen blauen Kopfschmuck auf, um den sich zwei Kränze aus blassen Rosen rankten. »Es gibt da eine besondere französische Art, diesen Kopfputz zu tragen«, verriet sie verschwörerisch. »Eine Art, die der Trägerin mit Gewissheit viel Aufmerksamkeit einbringt.«
»Wirklich?« Jenny drehte sich zu der Modistin um. Sie konnte vor Aufregung kaum an sich halten. »Zeigen Sie sie mir?«
Mrs. Russell lächelte verschmitzt, während sie mehrere von Jennys golden schimmernden brünetten Locken durch die blassen indischen Rosen zog und sich daranmachte, sie zu
flechten. »Sie müssen die Zöpfe aufdrehen … so … damit die Haarflechten die Form der Rosen nachahmen. Sehen Sie?«
Jenny starrte ehrfürchtig auf Mrs. Russells Meisterwerk und wippte begeistert auf ihren Fußballen, während die Modistin aus dem Ankleidezimmer schlüpfte.
Jenny kaute auf ihrer Unterlippe, während sie sich im Spiegel bewunderte. All die vornehmen Ladys würden grün werden vor Neid, wenn sie sie in diesem Kleid sahen. Und sie hätten auch allen Grund dazu.
Das Kleid war alles, was sie sich erhofft hatte: elegant, schlicht … und unvergesslich. Sie wollte, nein, sie musste erreichen, dass Callum sie auf dem Ball mit verliebten Augen ansah, auch wenn es das letzte Mal war, dass er sie als die Lady sah, als die sie sich in seiner Nähe fühlte.
Gleich darauf kam die Modistin mit etwas Weißem in den Händen zurück. »Ich bin sicher, dass Sie weiße Satinschuhe und Glacéhandschuhe besitzen, aber lassen Sie mich
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