Stürmische Flitterwochen an der Adria - Lindsay, Y: Stürmische Flitterwochen an der Adria
Erinnerung. Er hat deine Gefühle ausgenutzt, weil er wusste, dass er dich für seine eigenen Zwecke missbrauchen konnte.
Doch er hat es nicht für sich getan, hörte sie ihre innere Stimme gleich darauf flüstern. Unruhig drehte Loren sich auf der Matratze herum und sah hinaus durch die Glastüren, die auf einen kleinen Balkon führten. Er hatte es für seinen Großvater getan.
Das tut aber nichts zur Sache, hielt sie gleich darauf wieder dagegen und klopfte frustriert ihr Kissen zurecht. Von Anfang an hätte er ihr die Wahrheit sagen müssen. Ohne Ehrlichkeit hatten sie nämlich gar nichts, denn Liebe empfanden sie erst recht nicht füreinander. Zumindest keine Liebe, die auf Gegenseitigkeit beruhte.
Loren gab den Versuch auf, einschlafen zu wollen, und stand auf, um hinaus auf den Balkon in die duftende, laue Nachtluft zu treten. Alles war fremd und verwirrend, selbst die Sternenbilder am Himmel. Mit einem Mal kam sie sich furchtbar verlassen vor und brach leise schluchzend in Tränen aus.
So hatte sie sich ihr Leben nicht vorgestellt. Zumindest gegenseitigen Respekt zwischen sich und Alex hatte sie erwartet und gehofft, dass aus diesem Respekt eines Tages mehr erwachsen würde. Zitternd atmete Loren ein, doch war sie nicht in der Lage, den Tränenfluss zu stoppen.
Als sie einen Lufthauch neben sich spürte, drehte sie sich um und sah, dass Alex neben ihr auf dem Balkon stand. Er trug lediglich eine seidene Pyjamahose und wirkte im Mondlicht wie ein Gott, der dem Meer entstiegen war. Das silbrige Licht des Mondes beschien seinen muskulösen Brustkorb und die breiten Schultern.
„Was ist denn los?“
„Ich …“ Loren schüttelte den Kopf und wandte den Blick ab. Sie wollte und konnte nicht sagen, was sie quälte.
Mit seinen starken Armen umschloss er sie und zog sie beruhigend an seine Brust. Zunächst sträubte Loren sich dagegen – sie vertraute ihm nicht, konnte ihm nicht vertrauen –, aber dann umarmte er sie fester, und für diesen einen Moment wollte sie plötzlich all ihre zerschmetterten Hoffnungen vergessen und sich ganz Alex’ stillem Trost hingeben. Also lehnte sie ihre Wange gegen seine Brust, bis ihr Schluchzen abebbte und ihr Herzschlag sich beruhigte.
Alex legte das Kinn leicht auf ihren Kopf, und sie schmiegte sich noch enger an ihn und genoss das Gefühl, seinen Körper so eng an ihrem zu spüren. Er wirkte fremd und zugleich vertraut – als ob sie schon ihr ganzes Leben lang zu ihm und in seine beschützenden Arme gehört hätte.
Bei diesem aberwitzigen Gedanken füllten sich ihre Augen erneut mit Tränen. Sie mochte zwar gedacht haben, dass sie zu Alex gehörte, aber das hätte nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein können.
„Ruhig, Loren“, flüsterte er, den Mund in ihrem Haar. „Wir finden einen Weg.“
„Ich glaube nicht, dass wir das können, Alex.“
„Irgendwie bekommen wir es hin.“
Mit einer kraftvollen Bewegung hob er sie auf die Arme und trug Loren zurück in ihr Zimmer, wo er sich auf das Bett setzte und mit dem Rücken gegen das Kopfteil lehnte. Er hielt Loren immer noch in den Armen. Sie hatte den Kopf gegen seine Schulter gelehnt und die Beine über seinen Schoß gelegt und versuchte, der Umarmung zu entkommen, denn auf gar keinen Fall wollte sie weitere Schwäche zeigen.
„Entspann dich. Ich nutze die Situation nicht aus. Du bist aufgebracht. Lass dich von mir beruhigen“, versprach er und streichelte ihren Rücken.
Einen Augenblick zögerte sie, doch dann schloss sie die Augen und gestattete sich, das gute Gefühl zu genießen, das seine Berührung, sein regelmäßiger Atem und der tröstliche Duft seiner warmen Haut in ihr hervorriefen.
Alex spürte, wie Loren sich immer mehr entspannte und schließlich einschlief. Seine Gedanken rasten. Obwohl sie nahezu jeden Augenblick miteinander verbrachten, schien sie sich ihm trotzdem immer mehr zu entziehen. Anfangs hatte sie sich sogar dagegen gewehrt, sich von ihm trösten zu lassen.
Ironischerweise hatte ihm das mehr ausgemacht als bei Tage, wenn sie zusammen waren und er seine Lust mühsam zügeln musste. Und es hatte mehr geschmerzt als in den Nächten, in denen er wach im Bett lag und sich fragte, wie er das Feuer löschen konnte, das ihn innerlich zu verbrennen schien.
Er dachte an die Zeit zurück, als Loren ein Kleinkind gewesen war. Ihre Eltern hatten seinen einmal einen Besuch abgestattet, und aus irgendeinem Grund war Loren hingefallen. Statt zu ihrem Vater oder ihrer Mutter zu gehen,
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