Stürmische Verlobung
hinführen? Auf halbem Weg zum Traualtar, dahin würde es führen!
Eliza hob ihre Tasse an die Lippen und spülte mit der heißen Schokolade den Bissen Brot herunter. »Ich habe nur gesagt, dass ich zwar gedenke, meine Verpflichtung, Lord Somertons Porträt zu malen, zu erfüllen, dass ich aber nicht der Ansicht sei, dass der Earl und ich zueinander passen.«
Tante Viola gluckste fröhlich, und das ließ auch Tante Letitia in wieherndes Gelächter ausbrechen.
Eliza stand vom Tisch auf. »Ich verstehe nicht, was ihr beide so komisch findet.«
Tante Letitias Gekicher verstummte, und sie trocknete sich mit ihrer Serviette die Augen. »Meine Liebe, Viola und ich haben noch nie zwei Menschen gesehen, die besser zueinander gepasst hätten als du und Lord Somerton. Die gegenseitige Anziehung ist unübersehbar.«
»Ihr seid euch eindeutig in Intellekt und Temperament ebenbürtig. Warum leugnest du deine Gefühle?« Tante Viola versuchte recht erfolglos, ihre Erheiterung zu verbergen.
»Ich leugne gar nichts.« Oder besser gesagt, alles.
»Bist du so versessen darauf, in Italien Malerei zu studieren, dass du die wahre Liebe vor deiner Nase nicht erkennen kannst?« Tante Letitias Tonfall war plötzlich sehr ernst. »Denk darüber nach, Lizzy.«
Mit einem Mal wallten all die unterdrückten Gefühle in Elizas Kehle hoch und schwappten über ihre Lippen, bevor sie die Worte zurückhalten konnte. »Warum sollte ich, Tantchen? Nichts, was ich tue oder sage, wird etwas an der Tatsache ändern, dass es keine Heirat geben wird. Keinen Antrag. Niemals .« Tränen brannten in ihren Augen, und Eliza drehte sich zur offenstehenden Zimmertür um. Sie würde niemanden sehen lassen, was für eine dumme Gans sie war.
Grace stand auf und folgte Eliza aus dem Esszimmer.
Letitia tauschte besorgte Blicke mit ihrer Schwester aus. »Was sollen wir jetzt tun, Schwester?«
Viola sah sie aufgeregt an. »Das Regelbuch?«
»Du hast wie immer recht.«
Später an jenem Tag wehte eine erfrischende Brise in den Hof und ließ die blassgrünen Blätter auf dem Kopfsteinpflaster wirbelnde Pirouetten vollführen.
Eliza hatte im Hof Zuflucht gesucht. Zuflucht vor ihrer Schwester und ihren Tanten. Zuflucht vor ihren eigenen Gedanken und Gefühlen. Wie sie es so oft während ihrer Kindheit getan hatte, suchte sie Trost in der Malerei.
Eliza tauchte den Pinsel in die Farbe und hob ihn an die Leinwand mit Magnus’ Porträt. Mit geschickter Hand zog sie die feine Pinselspitze an seinem markanten Kiefer entlang bis zu dem Spalt in seinem männlichen Kinn.
Sie hatte gedacht, dass es schwierig wäre, sein Porträt zu vollenden, ohne dass er ihr Modell saß. Selbst mit den drei Kohlestudien, die sie von ihm angefertigt hatte - alle bis auf eine nur aus dem Gedächtnis gezeichnet.
Wie sehr sie sich doch geirrt hatte. Im Gegensatz zu all ihren vorherigen Modellen, musste sie Magnus nicht leibhaftig vor sich sehen, um ihn zu malen. Jede Linie und Kurve hatte sich in ihr Gedächtnis eingebrannt: die granatroten Glanzlichter in seinem ebenholzschwarzen Haar, der neugierige Schwung seiner Brauen, seine hohen Wangenknochen. Eliza kannte die Färbung seiner Lippen … und ihren Geschmack.
Sie musste nur ihre Lider schließen, und schon war er wieder da, und seine silberblauen Augen funkelten im Mondschein, während er sich über sie beugte, um sie zu küssen.
Ihr stockte der Atem, als sie sich an den schier unerträglichen Schauer übermächtiger Erregung erinnerte, der all ihre Sinne entfacht hatte. Bis er endlich seine Lippen fordernd auf die ihren gepresst und eine Explosion purer Lust in ihr entzündet hatte.
Das entfernte Schlagen des Türklopfers riss Eliza aus ihren Gedanken. Sie schlug ihre Augen auf und sah durch die Terrassentür, wie Edgar zur Haustür eilte.
Eliza schnürte sich der Magen zusammen. War es Magnus? Sie bezähmte den Drang, ins Haus zu stürzen, um es herauszufinden, und wischte sich stattdessen die Hände an einem von Farbflecken übersäten Lappen ab. Um die Zeit zu überbrücken, säuberte sie ihre Pinsel und ordnete ihre Ölfarben, während sie ein wachsames Auge auf die Terrassentür hielt.
Schließlich kehrte Edgar in den Flur zurück. Elizas Herz pochte erwartungsvoll.
Es musste Magnus sein.
Was sollte sie jetzt tun? Ihn nicht empfangen?
Grace hatte recht. Zum Wohle der Familie musste sie ihn abweisen. Sie konnte Graces und Merediths Zukunft nicht für eine kleine Schwärmerei aufs Spiel setzen.
Eine flüchtige
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