Stürmische Verlobung
Gedanken an Italien waren vergessen. Alle Rücksicht auf ihre Familie war verflogen. Und sie kannte nur noch einen Gedanken: Magnus .
Als sie hörte, wie sich die Tür öffnete, hob Eliza den Kopf und schaute in den Spiegel. Sie sah, wie Grace hinter sie trat. Fühlte die Hände ihrer Schwester auf ihren Schultern.
»Ist alles in Ordnung?«
Eliza drehte sich zu ihr um. »Du bist nicht mehr böse auf mich?«
»Wie könnte ich? Sobald ich mich beruhigt hatte, erkannte ich, dass du nicht in der Verfassung warst, dich vernünftig aufzuführen. Deshalb habe ich beschlossen, dir zu helfen.«
Eliza machte den Mund auf, um zu erklären, dass sie keine
Hilfe bräuchte, doch dann erkannte sie zu ihrer Bestürzung, dass Grace recht hatte. Voll und ganz recht. Wenn es um Magnus ging, schien all ihre Vernunft aus dem Fenster zu springen - selbst wenn er es nicht tat. »Ich glaube nicht, dass mir jetzt noch irgendjemand helfen kann.«
»Genau da irrst du dich, Schwester.« Grace legte ihren Arm um Elizas Taille und führte sie zum Sofa. Sobald sie sich gesetzt hatten, ergriff sie Elizas Hand. »So wie ich es sehe, bleiben dir nur zwei Möglichkeiten, um zu verhindern, dass diese Familie in Verruf gerät.«
Eliza neigte den Kopf zur Seite. »Gleich zwei?«
»Ja«, sagte Grace ausdruckslos. »Deine erste Möglichkeit ist natürlich, Lord Somerton zu heiraten.«
Eliza sprang auf. »Spielt es für dich denn überhaupt keine Rolle, dass er nicht um meine Hand angehalten hat?«
»Eliza, sei doch nicht kindisch. Er hat dich inzwischen wenigstens zweimal kompromittiert. Es bräuchte nicht viel, den Earl zu überzeugen, zu seiner Pfllicht zu stehen und dich zu heiraten.«
»Darüber haben wir doch schon gesprochen. Was immer er sich einbilden mag, eine Heirat ist ausgeschlossen. Ich bin praktisch mittellos. Daher muss er, wenn nicht eine göttliche Fügung alles zum Guten wendet, eine Frau mit einer großzügigen Mitgift heiraten. Eine Frau, die ihm helfen kann, Somerton vor den Gläubigern zu retten.«
»Dann bleibt dir keine andere Wahl, als dich für die zweite Möglichkeit zu entscheiden. Halt dich von ihm fern zum Wohle von uns allen.« Grace senkte den Blick und zog bedächtig ein Blatt Papier aus der Tasche ihres Rocks. »Nimm das.«
»Was ist das?« Eliza nahm den Bogen und drehte ihn um. Es war eine Schiffskarte. Eliza sah ihre Schwester fragend an.
»Ich habe alles Geld, was ich hatte, dazu benutzt, dir eine Überfahrt nach Italien zu bezahlen.«
Eliza war wie vom Donner gerührt. »Das - das kann ich nicht annehmen.«
»Du kannst, und du wirst. Das Schiff läuft am dreizehnten Juli mit der Abendflut aus.«
»Aber Grace, die Kosten … Du kannst es dir nicht leisten, das für mich zu tun.«
»Ich habe es nicht allein für dich getan. Ich habe es ebenso für mich und unsere Schwester getan. Es ist das Beste für dich, wenn du fortgehst - und, was noch wichtiger ist, es ist das Beste für die Familie. Ansonsten ist es bei deinem derzeitigen Tempo nur eine Frage von Tagen, bevor die vornehme Gesellschaft uns alle unwiderruflich verstößt.«
»Verstehe.« Es ergab alles einen Sinn.
Die einzige verbleibende Schwierigkeit, zumindest für Eliza, war, Magnus bis zum dreizehnten Juli aus dem Weg zu gehen - und das waren immerhin noch einige Wochen. Doch sie musste ihn auf Distanz halten. Sie hatten bei praktisch jeder Gelegenheit bewiesen, dass sie nicht allein sein durften. Nicht, solange diese vermaledeite Lust sie beherrschte.
»Vielleicht wird es dir mit der Schiffskarte in der Hand und dem Wissen, dass du in der Familie eine Verbündete hast, leichter fallen, Lord Somerton bis zu deiner Abreise zu meiden - oder natürlich, bis er eine andere heiratet.«
Bei diesen Worten starrte Eliza Grace nur stumm an.
»Eliza?«
»Bis er eine andere heiratet«, wiederholte sie nachdenklich. »Ja, das ist es.« Sie umarmte Grace stürmisch, dann ließ sie sie los und eilte zur Tür.
»Warte!« Grace streckte ihre Hand aus. »Wo willst du hin?«
Eliza schaute über die Schulter zurück und lächelte strahlend.
»In die Bibliothek - um eine Braut für Lord Somerton zu finden. Heute Abend noch .«
Der niedergebrannte Docht sackte in das geschmolzene Bienenwachs und begann knisternd zu verlöschen. Eliza sah sich nun gezwungen, ihre Schlussfolgerung endgültig anzunehmen, sosehr es ihr auch zuwider war. Sie warf einen letzten Blick auf die Liste von Namen, die sie auf dem vor ihr liegenden Bogen Büttenpapier bereits
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