Stuermischer Zauber
mit einem Mut, der Gwynne das Herz zerriss. Sie beobachtete alles mit trockenen Augen, denn sie hatte keine Tränen mehr. Nach weniger als einer Stunde endete der Kampf, und auf dem Schlachtfeld lagen Tote und Sterbende verstreut. Der Geruch des Todes erfüllte die Luft, hämmerte in ihrem Schädel und durchtränkte sie mit Schmerz.
Die brutale Verfolgung der geschlagenen Truppen war genau so, wie sie es sich ausgemalt hatte. Und schlimmer. Als sie es nicht länger ertrug, stand Gwynne vom Bibliothekstisch auf und ging in den Kerker. In den Tagen, seit sie Duncan eingesperrt hatte, war sie beschämend froh gewesen, dass Maggie Macrae den Gefangenen verpflegte, doch diese Nachricht musste er von ihr selbst erfahren.
Als sie die Zellentür öffnete, blickte Duncan von dem Tisch auf, an dem er saß und las. »Wie gnädig von dir, deinen Gefangenen zu besuchen.« Bevor er eine weitere bissige Bemerkung machen konnte, sah er ihren Gesichtsausdruck und sprang auf. »Was ist passiert?«
Es kostete sie zwei Versuche, ehe sie hervorbrachte: »Die Regierungstruppen haben einen großen Sieg errungen, und die Jakobiten haben große Verluste erlitten.« Sie holte zitternd Luft. »Die Rebellion wurde zerschlagen.«
Sein Gesicht erblasste. »Ist der Prinz tot? Was ist mit Jean? Wie viele Männer aus dem Tal sind umgekommen?«
»Der Prinz ist vom Schlachtfeld entkommen, aber darüber hinaus weiß ich nur wenig.« Sie suchte nach den richtigen Worten, um zu verdeutlichen, was sie gesehen hatte. »Die Schlacht hat einen Nebel aus Schmerz, Verzweiflung und blutigen Bildern erschaffen, der es mir nahezu unmöglich macht, meine Konzentration auf einzelne Personen zu richten. Ich habe nach Jean, Diarmid und anderen aus dem Tal Ausschau gehalten, doch ich konnte sie nicht sehen.« Sie fragte sich, ob das bedeutete, dass sie tot waren. Sicher war nicht jeder, den sie kannte und liebte und der für die Rebellen gekämpft hatte, umgekommen.
»Gott verfluche dich!« Mit einer heftigen Armbewegung stieß er den Tisch um. »Ich hätte sie retten können! Doch du mit deiner selbstgerechten Engstirnigkeit hast mich daran gehindert.« Er drehte sich zu ihr um. Auf seinem Gesicht zeichneten sich Wut und Kummer ab. »Meine Schwester wird vielleicht in diesem Augenblick im Gebüsch neben einer Straße vergewaltigt und ermordet.«
»Jean sollte außer Gefahr in Inverness sein.« Gwynne betete, dass es so war.
»Du denkst, meine Schwester ist ein Feigling? Anders als du würde sie sich nicht in Sicherheit bringen, wenn es etwas zu tun gibt. Wenn sie stirbt, ist es allein deine Schuld, Gwyneth Owens.« Seine Stimme wurde zu einem drohenden Flüstern. »Mögest du für den Rest deines Lebens mit der Schuld und dem Schmerz leben.«
Ihre Lippen pressten sich zusammen. »Es wird dir vielleicht gefallen zu erfahren, dass es nichts gibt, das schlimmer ist als die Schuld, die ich bereits auf mich geladen habe.«
Sein Gesichtsausdruck veränderte sich, und sie starrten einander an, ein jeder von ihnen gefangen in seiner eigenen Hölle. Sie hatten getan, was sie für richtig hielten.
Duncan brach zuerst das Schweigen. »Wann wirst du mich freilassen?«
Müde versuchte sie, die Form der kommenden Ereignisse zu sehen. »Du wirst in ein paar Tagen freigelassen, nachdem das Chaos nach der Schlacht abgeklungen ist. Nicht länger als eine Woche.«
»Also wirst du auf der Flucht ein paar Tage Vorsprung haben.« Seine Augen waren wie altes Eis. »Wenn ich nicht mehr vom Eisen gefesselt bin, gibt es keinen Ort, der weit genug entfernt ist, dass ich dich nicht finde.«
»Im Moment ist nicht der Tod mein Feind.« Gwynne verließ die Zelle und schloss die Tür sorgfältig hinter sich ab, dann sank sie zitternd gegen die raue Steinwand des Korridors. Wenn sie den Wunsch des Konzils, Duncan zu heiraten, abgelehnt hätte, wäre sie jetzt noch sicher und unschuldig in England. Sie hätte die Umstände der Rebellion bedauert und sich um den hohen Blutzoll gesorgt. Aber die wirklichen Sorgen wären weit von ihr entfernt gewesen.
Stattdessen hatte sie all ihren Mut zusammengenommen und Duncan geheiratet, hatte gleichermaßen Macht und Leidenschaft für sich entdeckt. Sie waren glücklich gewesen …
Es wäre viel einfacher gewesen, zur Seite zu treten und eine brave Frau zu sein, die nicht im Traum daran dachte, ihrem Mann die Stirn zu bieten. Dann hätte sie jetzt nicht das Gefühl, ihre Hände mit Blut befleckt zu haben.
Als sie müde die enge Treppe nach oben
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