Stuermischer Zauber
Gebet beendet war, lehnte sie sich zu Duncan hinüber. »Kennst du die Ursprünge dieser Zeremonie?«, flüsterte sie.
Er wirkte verblüfft. »Wie ich bereits sagte, hat Isabel de Cortes diesen Brauch eingeführt.«
»Einst nahm Lord Brecon mich mit in das Haus eines Freundes, eines jüdischen Gelehrten, wo wir zum Abendessen eingeladen waren. Es war Freitagabend, und die Herrin des Haushalts führte ein Ritual durch, das diesem hier sehr ähnelt, um den Sabbat zu begrüßen.« Gwynne lächelte. »Obwohl Isabel und ihre Familie zum Christentum konvertiert sind, haben sie einige ihrer alten Traditionen bewahrt.«
Duncans Gesicht erhellte sich. »Und diese Traditionen leben hier, in der schottischen Wildnis, weiter fort. Ich bin froh, das zu wissen.« Er nahm ihre Hand, und einen Moment lang genossen sie den perfekten Einklang.
Gwynne wusste, dass weitere Konflikte auf sie warteten, aber ihr war auch ohne Zweifel klar, dass sie am richtigen Ort war – und an der Seite des richtigen Mannes.
22. Kapitel
Jean war so sehr in einen Brief vertieft, dass sie nicht merkte, wie Gwynne das Frühstückszimmer betrat. Der Brief stammte vermutlich von Robbie Mackenzie, dachte Gwynne. Er schrieb mindestens zweimal pro Woche, und die Briefe waren sehr dick, wie auch Jeans Antwort-Briefe.
In den Wochen seit die Jakobiten Edinburgh eingenommen hatten, war es außer der Schlacht von Prestonpans zu wenigen Gefechten gekommen. Wie Gwynne es vorhergesagt hatte, war es ein rascher Triumph für die Streitkräfte des Prinzen gewesen. Seitdem wurden die Rebellen gedrillt und sammelten Kraft für ihren nächsten Schritt.
Gwynne nahm Platz. Sogleich sprang Lionel auf den Stuhl neben ihrem. Seine Manieren waren ausgezeichnet, und er kletterte nie auf den Tisch. Aber er erwartete, für dieses Wohlverhalten belohnt zu werden. Sie gab ihm ein Stückchen Käse, dann lehnte sie sich vor, um frischen Tee in Jeans Tasse zu gießen. Ihre Schwägerin blickte auf und blinzelte. »Ach, tut mir leid, Gwynne. Ich wusste nicht, dass du hier bist.«
»Ich bin quasi unsichtbar«, sagte Gwynne mit gespieltem Ernst.
Jean grinste. »Als Kind habe ich mir immer vorgestellt, wie schön es wäre, unsichtbar zu sein. Man denke nur an den Unfug, den man machen kann, ohne erwischt zu werden!«
»Mit rotem Haar ist es schwer, sich unsichtbar zu machen.« Sie teilten das Lachen mit leisem Bedauern.
Gwynne ließ sich das Frühstück schmecken und dachte daran, dass Duncan recht behalten hatte: Sie hatte rasch ihren Platz in Dunrath gefunden. Da es der neuen Herrin an Snobismus fehlte, sie die bestehenden Bräuche des Haushalts akzeptierte und bereits Fortschritte beim Erlernen des Gälischen machte, war sie bei allen in der Festung gleichermaßen beliebt. Das schottisch wirkende rote Haar schadete dabei nicht. Auld Donald hatte Gwynne für ihr Taktgefühl gelobt. Sie hatte ihm nicht erklärt, dass es ihr nicht um Takt, sondern ihre eigene Bequemlichkeit ging. Warum sollte sie den Haushalt aus den Händen derer reißen, die es liebten, ihn zu führen, während ihre eigenen Interessen woanders lagen?
Sie strich Beerenkonfitüre auf ein Stück Brot. »Schreibt Robbie irgendwas über die Situation der Rebellenarmee? Oder stehen in dem Brief bloß süße Worte, die nur für die Ohren seiner Liebsten bestimmt sind?«
Jean errötete und faltete den Brief zusammen. »Das Neueste ist, dass einige französische Schiffe es geschafft haben, durch die englische Blockade zu schlüpfen. Sie bringen Waffen, Lebensmittel und Geld.«
Plötzlich schmeckte Gwynnes Brot trocken. »Welch ein Glücksfall für den Prinzen.«
»Obwohl du Charles Edward in den Hades wünschst«, bemerkte Jean. »Der Aufstand wird mit jedem Tag mächtiger. Die Jakobiten können alles gewinnen, Gwynne. Wie gerne wäre ich beim Heer! Aber Robbie behauptet, ich wäre ihnen nur im Weg.«
Gwynne war dankbar für Robbies gesunden Menschenverstand und seinen Wunsch, seinen ungestümen Schatz an einem sicheren Ort zu wissen. Doch Jean teilte seine Bedenken nicht. Sie hatte das Herz eines Kämpfers und hätte sich den Rebellen innerhalb eines Herzschlags angeschlossen, wenn sie ein Mann wäre. Einige junge Burschen aus dem Tal waren bereits dem Ruf des Prinzen gefolgt. Ihre Abwesenheit wurde nicht diskutiert.
Da sie dachte, es wäre an der Zeit, das Thema zu wechseln, sagte Gwynne: »Heute Morgen werde ich mit ein paar interessanten Zaubersprüchen arbeiten. Möchtest du dich mir gerne
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