Stürmisches Feuer der Liebe
ausgerissen. »Was?«
»Ich habe eine Schwester«, wiederholte er sehr sorgfältig, als hätte sie Probleme mit den Ohren.
Chloes Kopf arbeitete, verschlafen wie sie war, nur sehr langsam. Aber dann erinnerte sie sich, dass sie kurz nach ihrer Ankunft auf der Triple M Concepcion seiner unverkennbar schwangeren Stiefmutter begegnet war. »Oh«, sagte sie und beneidete die Frau für einen Augenblick. Sie liebte Kinder, aber nach zwei gescheiterten Ehen erschien es ihr nicht sehr wahrscheinlich, dass sie je eigene haben würde. »Nun. ... das ist wunderbar ... «
»Sie heißt Katherine, nach irgendeiner Heiligen«, sagte Jeb, und nun hörte sie ganz deutlich, dass seine Stimme etwas schleppend klang.
»Hast du getrunken?«, fragte Chloe.
»Wir haben ein bisschen gefeiert «, berichtigte er sie wieder.
»Ich freue mich sehr für dich«, erwiderte Chloe kurz angebunden. »Aber jetzt sei bitte so nett und geh woanders weiterfeiern, bevor du die ganze Stadt aufweckst!«
Er rührte sich jedoch nicht vom Fleck, legte nur seinen Kopf ein wenig schief und sagte: »Hast du auch schon mal das Gefühl, dass der Zug bereits abgefahren ist und du noch immer auf dem Bahnhof stehst?«, wollte er von ihr wissen. Der Geruch nach Whiskey stieg zusammen mit dem Duft der Rosen und des Grases in der kühlen Nachtluft auf.
Mit seiner Frage hatte er einen wunden Punkt getroffen, obwohl Chloe den Verdacht hatte, dass Jeb mehr über seine eigene Lage philosophierte -als über ihre, was sie noch viel ärgerlicher machte. »Ich hole den Marshall und lasse dich verhaften, wenn du nicht verschwindest«, warnte sie. »Und glaub ja nicht, dass ich das nicht ernst meine.«
Er grinste. »Dazu müsstest du schon herauskommen, oder? Und dann würde ich dich in die Arme nehmen und ... hast du schon einmal im Gras mit einem Mann geschlafen, Chloe?«
Chloe schlug das Fenster zu, so heftig, dass das Glas in seinem soliden Rahmen klirrte. Dann schlüpfte sie rasch in ihre Kleider und zündete eine Lampe an. Es war kein Gedanke mehr an Schlafen, aber sie hatte auch nicht vor, hinauszugehen, obwohl irgendein innerer Trieb sie dazu drängte, es doch zu tun. Sie würde abwarten, sich eins ihrer Bücher nehmen und lesen, laut sogar, falls nötig, bis er aufgab und verschwand.
Jeb begann zu singen, zunächst nur leise, aber dann mit wachsender Begeisterung und zunehmender Lautstärke. Es war allerdings kein Ständchen, das er ihr da brachte, sondern ein zweideutiges Lied von der Art, wie man sie in einem Saloon zu hören bekam. Nicht, dass sie solche Lokale etwa frequentiert hätte. In ihrer Hochzeitsnacht, in der sie losgezogen war, um ihren streunenden Bräutigam zu suchen, hatte sie zum ersten und letzten Mal ein derartiges Etablissement betreten.
Chloe setzte sich an den Tisch, schlug »Pilgrim's Progress« auf und begann still, aber jedes Wort mit ihren Lippen formend, in dem Buch zu lesen.
Jeb sang lauter.
Chloe klappte das Buch zu, und eine Staubwolke schlug ihr entgegen. Daraufhin ging sie zurück zum Fenster und riss es wieder auf.
»Halt die Klappe, verdammt noch mal«, zischte sie. »Die Leute werden dich hören!«
Jeb grinste. »Dann solltest du mich wohl besser hereinlassen«, sagte er.
Sie befand sich in einem Dilemma. Wenn sie ihn dort draußen stehen ließ, würde er mit seiner Katzenmusik noch die Toten wecken, und wenn sie ihn hereinließ ... na ja, dann wusste der liebe Himmel, was geschehen würde. Und so griff sie nach der Wasserkanne auf dem Waschtisch, schüttete ihren Inhalt durch das Fenster und verpasste Jeb damit eine kräftige Dusche.
Er aber spreizte nur die Hände und blickte sichtlich ungläubig auf seine nasse Kleidung. »Nun«, meinte er gelassen, »jetzt musst du mir die Tür aufmachen. Durchnässt wie ich bin, könnte ich mir den Tod hier draußen holen.« Er schenkte ihr ein weiteres seiner unwiderstehlichen Grinsen. »Oder ich könnte richtig anfangen zu singen ... «
»Bitte nicht!«, bat Chloe. »Ich lasse dich rein. Aber ... bitte hör auf, einen solchen Krach zu machen!«
»Na endlich wird die Frau vernünftig«, sagte er mit einem tiefen Seufzer.
Chloe durchquerte den Raum mit wenigen aufgebrachten Schritten, zog den Riegel zurück und öffnete die Tür. Jeb stand schon auf der Eingangsstufe, mit funkelnden Augen und klatschnassen Haaren. Aus der Nähe konnte sie sehen, dass er nicht halb so betrunken war, wie es anfangs geschienen hatte - vielleicht hatte ihn allerdings auch die kalte Dusche
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