Stürmisches Herz
die gleiche wie in den letzten vier Jahren hier. Das macht mir nichts aus. Ich fühlte mich hier nicht sicher, Mattie. Harry beschützt uns nicht. Er weiß kaum, daß es mich gibt. Ich brauche Sicherheit, und weil ich sie bei Harry und Sarah nicht finde, muß ich zumindest an einem Ort leben, an dem ich mich sicher fühle.«
»Du bist also entschlossen, allein zu reisen?«
»Nein«, meinte Courtney trübselig, »das geht nun doch nicht. Aber Hector Evans möchte auch gern von hier fort. Vielleicht entschließt er sich aufgrund der heutigen Ereignisse, in den Osten zurückzukehren. Ich könnte ihn mit dem Geld bezahlen, von dem Sarah nichts weiß.«
»Klar könntest du ihn bezahlen, aber das wäre reine Verschwendung, denn Hector kann sich nicht einmal selbst beschützen, geschweige denn dich. Du weißt, daß in Missouri immer wieder Züge ausgeraubt werden. Wahrscheinlich erwischt dich die Brüder-James-Bande, und dann bist du dein letztes Geld los.«
»Dieses Risiko muß ich eingehen.«
»Wenn du wirklich entschlossen bist, dann suche dir wenigstens einen echten Beschützer. Reed würde es wahrscheinlich tun, wenn du ihn darum bittest.«
»Er würde darauf bestehen, daß ich ihn zuerst heirate.«
»Das könntest du doch tun. Warum nicht?«
Courtney runzelte die Stirn. »Darüber macht man keine Witze. Du weißt, daß ich ihn nicht einmal mag.«
»Wir können ein andermal in Ruhe darüber sprechen«,
meinte Mattie, »denn ich muß jetzt wirklich nach Hause. Aber komm ja nicht auf die Idee, Hector zu nehmen. Eigentlich brauchst du einen Mann wie Chandos. Der würde bestimmt nicht dulden, daß dir jemand auch nur in die Nähe kommt. Hast du daran gedacht, ihn zu fragen?«
Courtney schauderte. »Das kann ich nicht. Er ist ein Killer.«
»Hast du mir denn überhaupt nicht zugehört, Courtney? Genau diese Art von Mann brauchst du als Begleiter. Du bestehst doch darauf, daß du dich sicher fühlen willst.«
Nachdem Mattie gegangen war, dachte Courtney über alles nach, was ihre Freundin gesagt hatte. Wenn sie nach Westen, Süden oder Norden gereist wäre, dann wäre Mr. Chandos tatsächlich der beste Beschützer gewesen. Aber sie wollte in den Osten, zurück in die Zivilisation. Es war gar nicht so weit bis zur Eisenbahn. Sie brauchte nur deshalb einen Begleiter, damit sie nicht ganz allein unterwegs war.
In einem Punkt hatte Mattie jedoch recht. Courtney mußte sich bei Mr. Chandos bedanken.
Sie brauchte eine ganze Stunde, um sich zu diesem Schritt zu entschließen.
Courtney hoffte, daß sie Mr. Chandos nicht in seinem Zimmer antreffen würde. Um diese Zeit wurde das Abendessen serviert, und es war möglich, daß er sich bereits im Speisesaal befand. Dann konnte sie Mattie Wahrheitsgemäß erzählen, daß sie ihn gesucht, aber nicht gefunden hatte. Sie würde ihm einfach einen Zettel mit ein paar Worten hinterlassen.
Sie klopfte zweimal an seine Tür, hielt den Atem an und lauschte. Als sich nichts rührte, versuchte sie, den Türknauf zu drehen. Die Tür war versperrt. Und einen zweiten Schlüssel zu den Zimmern gab es nicht, weil Harry auf dem Standpunkt stand, daß ein Gast, der sein Zimmer zusperrte, nicht wollte, daß jemand hineinkam.
Courtney atmete erleichtert auf. Dieser Mann war gefährlich, und sie war froh, daß sie ihm ausweichen konnte.
Dennoch war sie merkwürdigerweise enttäuscht, daß sie ihn nicht angetroffen hatte. Ihre Angst war in dem Augenblick verflogen, in dem er Jim Ward befohlen hatte, sie loszulassen. Sie hatte sich zum ersten Mal seit dem Tod ihres Vaters sicher gefühlt.
Courtney wandte sich ab, um den Zettel mit ein paar Dankesworten zu schreiben und ihn unten am Pult zu hinterlegen. Doch in diesem Augenblick ging die Tür auf. Sie drehte sich wieder um und erstarrte, denn er hielt einen Revolver in der Hand.
»Entschuldigung.« Er steckte den Revolver in den Hosenbund, stieß die Tür weiter auf und trat zurück. »Kommen Sie herein.«
»Nn-ein, das geht nicht.«
»Ist das Wasser denn nicht für mich bestimmt?«
»Ach, natürlich, ja – ich wollte es auf Ihren Waschtisch stellen.«
Courtneys Gesicht glühte, während sie zum Waschtisch lief, den Wasserkrug hinstellte und die Handtücher danebenlegte. Was er wohl von ihr dachte? Zuerst nach der Schießerei in Handleys Laden ein hysterischer Anfall und jetzt dieses idiotische Gestotter.
Courtney brauchte ihren ganzen Mut, um sich umzudrehen und ihn anzusehen. Er lehnte am Türrahmen, hatte die Arme über der Brust
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