Stürmisches Herz
sondern suchte mit den Blicken den, der da gesprochen hatte.
»Du hast die Wahl, Ward«, meinte dieser gleichgültig. »Zieh oder verschwinde. Aber denk nicht zu lange nach.«
Jim Ward ließ Courtney los, um die rechte Hand freizubekommen, und griff nach seinem Revolver.
Einen Augenblick später war er tot.
8. KAPITEL
Courtney zwang sich, an glückliche Erlebnisse zu denken – wie sie zum ersten Mal im Herrensattel geritten war, wie Mattie sie schwimmen gelehrt hatte, Sarahs Gesichtsausdruck, als Courtney ihr zum ersten Mal gesagt hatte, sie solle den Mund halten.
Es nützte nichts. Sie sah immer noch den Toten in Lars Handleys Laden vor sich. Er war der erste Tote, den sie zu Gesicht bekommen hatte. Im Laden hatte sie wie verrückt geschrien, bis es Mattie endlich gelungen war, sie zu beruhigen und ins Hotel zu führen. Jetzt lag sie mit einer kalten Kompresse auf den Augen im Bett.
»Komm, trink das.«
»Hör auf, mich zu bemuttern, Mattie.«
»Jemand muß es tun, vor allem, nachdem Sarah so über dich hergefallen ist.« Matties blaue Augen glitzerten angriffslustig. »Die Frau hat vielleicht Nerven – dir die Schuld für das Ganze zu geben. Dabei war ich ganz allein schuld daran.«
Courtney nahm den Umschlag ab und sah Mattie an. Sie brachte es nicht fertig zu widersprechen – Mattie hatte mit ihrer Großspurigkeit das Ganze ins Rollen gebracht.
»Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist«, fuhr Mattie leiser fort. »Aber auf dich bin ich wirklich stolz, Courtney. Noch vor zwei Jahren wärst du in Ohnmacht gefallen, und jetzt hast du dich diesem Schwein gestellt.«
»Ich habe Todesängste ausgestanden«, unterbrach sie Courtney. »Hattest du denn überhaupt keine Angst?«
»Natürlich. Aber je mehr Angst ich habe, desto frecher werde ich, ich kann einfach nicht anders. Und jetzt trink das endlich. Es ist Mutters Allheilmittel, und du wirst dich im Handumdrehen wieder putzmunter fühlen.«
»Ich bin nicht krank, Mattie.«
»Trink!«
Courtney trank das Kräutergebräu, schloß dann die Augen und legte sich wieder hin. »Sarah war doch ungerecht, nicht wahr?«
»Natürlich. Wenn du mich fragst, war sie nur wütend, weil sie den Kerl nicht vorher erkannt hat. Sonst wäre sie nämlich selbst in sein Zimmer geschlichen und hätte ihn erschossen, um die dreihundert Dollar einzustecken.«
»Sarah sollte jemanden erschießen?«
»Ich traue es ihr zu. Ich sehe sie vor mir, wie sie um Mitternacht mit Harrys Gewehr durch den Korridor schleicht –«
»Hör auf, Mattie«, kicherte Courtney.
»So ist es schon besser, du lachst wieder. Und sieh es mal so: Du hast den Rest des Tages frei.«
»So möchte ich es lieber nicht sehen.«
»Hör auf, dir Vorwürfe zu machen. Du kannst nichts dafür, wenn die Männer deinetwegen den Kopf verlieren. Außerdem ist dem Kerl recht geschehen. Du weißt ganz genau, was er mit dir getan hätte.« Courtney erschauerte. Sie wußte es.
»Er hat angenommen, daß ihn niemand aufhalten wird«, fuhr Mattie fort, »und damit hatte er wahrscheinlich recht, denn der einzige, der es wagte, war dieser Fremde. Außerdem hatte Ward die Wahl – ziehen oder verschwinden. Er hat gezogen.« Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: »Du bist dem Fremden Dank schuldig. Ich würde zu gern wissen, wer er ist.«
»Mr. Chandos.«
»Natürlich! Das hätte ich mir denken können! Kein Wunder, daß du seinetwegen neugierig warst. Er sieht verdammt gut aus, nicht wahr?«
»Eigentlich schon.«
»Eigentlich schon?« grinste Mattie. »Der Mann hat deine Unschuld gerettet, Courtney. Du mußt dich zumindest bei ihm bedanken, bevor er morgen früh die Stadt verläßt.«
»Er verläßt Rockley?«
»Charley und Snub haben in der Halle darüber gesprochen. Er bringt die Leiche nach Wichita, um die Belohnung zu kassieren.«
Courtney war plötzlich erschöpft. »Mußt du nicht nach Hause, Mattie?«
»Eigentlich ja. Pearce wird aber Verständnis dafür haben, daß ich so spät komme, wenn ich ihm erzähle, was geschehen ist. Du mußt mir nur versprechen, daß du nicht den ganzen Abend darüber grübeln wirst.«
»Das werde ich bestimmt nicht tun. Das Ganze hat mich nur in meinem Entschluß bestärkt, irgendwie in den Osten zurückzukehren. Dort kommt es nicht zu solchen Zwischenfällen. Der Westen ist unzivilisiert.«
»Es ist ein Jammer, daß deine Tante gestorben ist. Jetzt hast du niemanden, der dich im Osten aufnehmen wird.«
»Ich weiß, aber ich kann Arbeit annehmen, schlimmstenfalls
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