Stürmisches Wiedersehen auf Maynard Manor (German Edition)
Benson in ihrem Wagen nach Hause. Wir treffen uns dann nachher im Butchers Arms auf einen Abschiedsdrink.“
Energisch, aber nicht unfreundlich führte Tim Hankin sie zu ihrem Wagen. Als sie losgefahren waren, sagte er sanft: „Nehmen Sie sich Darius’ Worte nicht zu sehr zu Herzen, Miss Benson. Natürlich haben Sie etwas Unkluges getan, aber ich weiß aus Erfahrung, dass er es nie so ernst meint, wie es klingt.“
Chloé tupfte sich das Gesicht mit einem Taschentuch trocken. „So hat noch nie jemand mit mir gesprochen. Es klang, als … als würde er mich hassen“, erwiderte sie stockend.
„So drückt sich Angst eben manchmal aus. Und ich versichere Ihnen, mit mir ist Darius wesentlich unsanfter umgesprungen. Ich hatte es aber auch verdient.“
„Das kann ich mir gar nicht vorstellen.“ Chloé schniefte leise.
„So war es aber“, widersprach Tim. „Stolz bin ich nicht darauf, aber vielleicht sollte ich es Ihnen dennoch erzählen.“ Er schwieg kurz. „Das Ganze ist lange her. Darius und ich sind schon seit unserer Kindheit befreundet. Aber dann war er lange weg, auf dem Internat und später zum Studieren. Ich habe mich damals gelangweilt. Man erwartete, dass ich in die Fußstapfen meines Vaters als Wildhüter treten würde. Ich selbst wusste überhaupt nicht, was ich wollte – und habe mich mit einigen sehr zwielichtigen Kerlen eingelassen.“ Er fuhr fort: „Irgendwie hat Darius das herausbekommen. Und er kam auch dahinter, was die Kerle im Schilde führten. Ich wollte mich eigentlich raushalten, weil es illegal war und auch ziemlich widerwärtig. Aber ich hatte Angst, dass sie mich zwingen würden – mit allen Mitteln.“
Chloé stockte der Atem. „Ging es um Hundekämpfe?“
„Ja.“ Tim Hankin atmete hörbar ein. „Darius wusste, dass die Polizei der Bande auf der Spur war und dass es eine Razzia geben würde. Und ihm war klar, dass meine Eltern es kaum verkraften würden, wenn man mich als Mittäter erwischte. Also kam er, brachte mich da heraus – keine Ahnung, wie er das geschafft hat – und fuhr mit mir nach Hause, wobei wir ständig Zickzack fuhren, um ein Zusammentreffen mit der Polizei zu verhindern. Ich kann noch immer nicht fassen, dass er meinetwegen so ein Risiko eingegangen ist.“ Nach einer kurzen Pause erzählte Tim weiter. „Als wir weit genug weg und in Sicherheit waren, fing er an, mich wüster zu beschimpfen, als ich es jemals erlebt habe. Und dann hat er mich verprügelt. Ich habe mich nicht gewehrt. Mir war klar, dass ich es verdient hatte. Schließlich haben wir ein langes, ernstes Gespräch geführt, und am nächsten Tag sorgte er dafür, dass ich einem Regiment beitrat, bei dem ich mit Pferden arbeiten konnte.“
„Ich habe damals Gerüchte gehört“, sagte Chloé langsam. „Aber man erzählte sich, dass Darius an der Organisation der Hundekämpfe beteiligt war.“
„Ich weiß, und das tut mir sehr leid. Allerdings hat Tratsch Darius nie sonderlich gekümmert.“ Eindringlich sah Tim sie an. „Aber ich hätte im Gefängnis landen können, Miss Benson. Und Sie hätten sich das Genick brechen können. Wie hätte Darius damit leben sollen?“
10. KAPITEL
„Du musst dich um deinen Papierkram kümmern?“, fragte Chloé fassungslos.
„Ich gehe ja mit zu dieser elenden Essenseinladung“, erwiderte Ian gequält. „Nur werde ich dich nicht vorher abholen können. Aber du kannst doch mit deiner Tante und deinem Onkel fahren, oder?“
Chloé gab sich einen Ruck. „Natürlich.“ Aber darum geht es nicht! hätte sie am liebsten gerufen. Ich wollte mit dir zusammen als Paar eintreffen, damit ich Darius heute Abend nicht allein gegenübertreten muss. Und ich kann dir das nicht einmal sagen, ohne meine Riesendummheit zu verraten: meinen Versuch, Samson zu reiten. Das sollte niemand erfahren, insbesondere nicht Tante Libby und Onkel Hal.
Bei Chloés Rückkehr waren die beiden nicht zu Hause gewesen. Auf einem Zettel stand, sie seien nach East Ledwick gefahren, um mit einem Immobilienmakler zu sprechen. Sie hatten ihr frisches Brot und Käse zum Mittagessen hingestellt, und auf dem Herd stand eine Gemüsesuppe.
Doch Chloé brachte nur ein paar Löffel davon hinunter, denn noch immer zitterte sie am ganzen Leib beim Gedanken an die Gefahr und Darius’ Standpauke. Wieder kamen ihr die Tränen und wollten nicht versiegen, auch wenn sie sich noch so oft sagte, so dürfe niemand mit ihr reden. Denn tief im Innern wusste Chloé, dass Darius mit jedem einzelnen
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