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Stunde der Klesh

Stunde der Klesh

Titel: Stunde der Klesh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. A. Foster
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imstande war. Außerdem war die Lage genauso, wie er sie beschrieben; niemand konnte etwas dagegen einwenden, daß sie die Burg sofort verlassen mußten.
    Clellendol besann sich auf seine Diebesausbildung und gab seine Situationsanalyse: „Wir sind tief unten im Felsgestein. Wir werden den gleichen engen Weg zurückgehen müssen, auf dem wir gekommen sind. Den können sie leicht versperren.“
    Cretus-Meure zögerte einen Moment nachdenklich, bevor er antwortete: „Das können sie zweifellos. In dieser Tiefe kenne ich keinen Geheimweg, den wir benutzen könnten. Es kann natürlich sein, daß sie inzwischen weitere Tunnels gegraben haben, genausogut können alte Wege inzwischen eingestürzt sein. Nein, einen heimlichen Ausweg gibt es nicht. Aber vielleicht kann der enge Aufstieg auch für uns von Nutzen sein. Es mag auch sein, daß sie die direkte Konfrontation scheuen; sie wissen nicht, was ich tun kann … und was ich nicht tun kann.“
    „Du kannst nicht mehr in die Zukunft blicken, so ist es doch?“ meinte Tenguft.
    „Das habe ich auch früher nicht oft getan. Meine Kraft liegt in der Entscheidung und der Überzeugung, in der Risikobereitschaft und in der Verlustminderung. Meine Gegner waren immer Dogmatiker und ängstliche Sicherheitsfanatiker. Wenn ich die Macht hatte, sie zu zerschmettern, dann tat ich es, und wenn sie mächtiger waren, dann nutzte ich ihre Schwächen. So manövrierte ich sie aus und setzte sie schließlich für mich ein. Es hat außerdem auch Nachteile, die Zukunft zu lesen. Wenn man nicht alle Voraussetzungen kennt, die sie herbeiführen, kann es tödlich sein. Darum habe ich damals schon damit aufgehört. Es gab noch einen zweiten Grund: Wenn man die Zukunft kennt, dann errichtet man selbst ein System der Sicherheit, genau wie jene es taten. Darum kehrte ich zu den Mitteln zurück, die ich am besten beherrschte. Was ich hier bis jetzt erlebte, läßt mich übrigens hoffen, daß uns die Flucht ohne allzu ernste Schwierigkeiten gelingen kann.“
    Dann gab er ihnen das Zeichen, sich auf den Weg zu machen. So begannen sie also den langen Aufstieg über die Treppen und durch die Gänge der Festung Cucany. Cretus-Meure ging voran, und Tenguft bildete die Nachhut. Dicht hinter Cretus gingen Flerdistar und Clellendol. Der Vfzyekhr war zunächst neben Tenguft hergelaufen, aber dann huschte er unauffällig nach vorn und hielt sich dicht an Cretus. Still und ohne ein Anzeichen der Erregung lief er neben ihm her durch den Irrgarten der Tunnels und Stufen.
    Lange Zeit folgten sie genau dem Weg, den sie gekommen waren. Clellendol erinnerte sich genau an jede Einzelheit. Aber dann bog Cretus in einen dunklen Gang ein, der flach anstieg. Dieser Tunnel wirkte unbenutzt, überall lagen Steinbrocken und Gerumpel herum. Beleuchtet wurde er nur von der Laterne, die Flerdistar trug.
    Clellendol flüsterte: „Die Luft ist nicht ruhig, es zieht. Der Gang muß ein offenes Ende haben, auch wenn es so aussieht, als sei er versperrt und unbenutzt.“
    Cretus-Meure erwiderte, halb zu sich selbst: „Ich habe sein Gedächtnis durchforscht und festgestellt, daß der Weg, der euch zur Durance-Tiefe hinabgeführt hat, den Großen Gang nicht berührte. Hier drüben aber befindet sich der alte Wachweg, der genau am Haupttor endet. Sie werden uns erst weiter oben erwarten.“
    „Wieso? Wenn ich sie wäre, würde ich versuchen, eine Gruppe wie die unsere so weit unten wie möglich abzufangen.“
    „Sie erwarten, daß ich ihnen nachstelle, um ganz Cucany in Besitz zu nehmen. Den größten Teil der oberen Stockwerke haben sie selbst erbaut, das ist ihr Gebiet, und dort werden sie mir entgegentreten. Der Gedanke, daß ich aus Cucany herauswill und Incana so schnell wie möglich verlassen werde, kommt ihnen nicht. Bis sie das begriffen haben, werden wir am Tor sein … Die Feste ist so gebaut, daß Eindringlinge leicht abzuwehren sind, aber sie taugt nicht dazu, Flüchtlinge aufzuhalten, wenn diese es bis zum Haupttor geschafft haben.“
    „Warum bist du dann nicht schon zu deiner Zeit geflohen?“
    „Für sie war ich mehr als nur ein Führer, ich war ihr Talisman, der ihnen das Überleben sicherte. Darum haben sie zugesehen, daß ich immer beschäftigt war, haben mich mit Anträgen überhäuft und schickten mir Speichellecker und Höflinge, sogenannte Ratgeber des Reiches Incana. So geht es nun mal mit der Macht: Man setzt Kräfte frei, die sich verselbständigen. Statt zu führen, wird man von ihnen geführt, wird man

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