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Stunde der Vergeltung (German Edition)

Stunde der Vergeltung (German Edition)

Titel: Stunde der Vergeltung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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hinten zu dem überdachten Durchgang, der zu den Gästehäusern führte. Sie rannte nicht vor ihm davon. Nicht heute Nacht.
    Val war unendlich dankbar dafür. Er hatte nicht die Kraft, sie wieder zu verfolgen. Er hatte keine Trümpfe mehr in der Hinterhand, keine Tricks auf Lager. Ihm waren die Ideen ausgegangen. Sollte Steele jetzt die Flucht antreten, waren seine Optionen grausam einfach.
    Tamara oder Imre. Einer von ihnen würde sterben müssen, und das qualvoll.
    Er folgte ihr in sicherem Abstand und merkte sich die Tür, durch die sie und Rachel verschwanden, dann folgte er dem Pfad noch ein Stück weiter. Schräg gegenüber ihrer Tür stand eine schmiedeeiserne Bank unter einem gewaltigen Baum. Erschöpft ließ Val sich darauf nieder. Er fühlte sich, als wäre er tausend Jahre alt. Die Kälte der harten Metallbank drang durch seine Kleidung und fraß sich in sein Fleisch. Er würde seinen Mantel holen müssen, wenn er länger hier sitzen wollte, überlegte er, trotzdem rührte er sich nicht vom Fleck.
    Er konnte diese Tür nicht aus den Augen lassen.
    Er wollte nicht zu irgendeiner Handlungsweise gezwungen werden – egal ob dieser Zwang von ihm selbst oder von anderen ausging. Schlimm genug, dass er von Novak manipuliert wurde, von Hegel, von Donatella. Da war es völlig indiskutabel, dass er sich nun von den düsteren Seiten seiner eigenen abgefuckten Psyche herumschubsen ließ. Trotzdem blieb er wie festgewurzelt auf der Bank sitzen, während sein Hintern zu Eis erstarrte. Er bewachte ihre Tür, aber nicht, um sie von einer Flucht abzuhalten. Nein, er wollte die Gefahren abwehren, die auf sie lauerten.
    Man hatte ihm in dieser beschissenen griechischen Tragödie die völlig falsche Rolle zugewiesen.
    Einige Leute gingen vorbei, ohne zu bemerken, wie er reglos im Dunkeln hockte. Dann kam ein Pärchen des Weges. Ein Lichtstrahl, der durch die Baumkronen fiel, erhellte das Gesicht des hochgewachsenen blonden Mannes. Es war Sean McCloud mit seiner Frau Liv. Sean entdeckte Val und verließ den Pfad. Er führte seine Frau über das gefrorene Gras, bis sie direkt vor ihm standen.
    Val fühlte sich unbehaglich unter dem bohrenden Blick des Mannes. Das Bild, das er abgab, verriet zu viel. Wie der letzte Idiot saß er ohne Mantel vor der geschlossenen Tür einer Frau, in den Händen ein Sammelsurium von Steeles tödlichem Haarschmuck. Ein winselnder, frierender Hund, der hoffte, eingelassen zu werden.
    Der um Essensreste bettelte.
    »Was tun Sie hier draußen in der Kälte?«, fragte McCloud ihn forsch.
    Val atmete tief aus, dabei bildete sich eine kleine Wolke vor seinem Mund. »Ich halte Wache«, erklärte er.
    Seans Frau, eine sinnliche, dralle Brünette, bedachte ihn mit einem freundlichen und zugleich argwöhnischen Blick. »Wenn es auf der Welt eine Frau gibt, die auf sich selbst aufpassen kann, dann ist es Tam«, bemerkte sie.
    Val tat das mit einem Achselzucken ab. »Ich gehe lieber auf Nummer sicher.«
    McCloud brummte. »Na schön. Tun Sie, was Sie nicht lassen können.« Er zögerte mit ratloser Miene. »Viel Glück, schätze ich«, fügte er hinzu.
    Val neigte den Kopf. Das Paar wandte sich ab und setzte seinen Weg fort. McCloud warf ihm über die Schulter einen besorgten Blick zu. Ihr leises Stimmengemurmel verklang in der Dunkelheit.
    Val war gut im Auftischen von Lügen. Der Trick bestand darin, so tief in die Rolle zu schlüpfen, die man spielte, bis man praktisch selbst glaubte, was man sagte. Aber was er zu Steele gesagt hatte, war keine Lüge gewesen. Er war mit der nackten Wahrheit herausgeplatzt. Er war aufrichtiger gewesen als je zuvor einem anderen gegenüber, inklusive Imre. Durchwoben von Halbwahrheiten zwar, aber trotzdem.
    Ich habe nie zuvor etwas so begehrt, wie ich dich begehre . Die Wahrheit in diesen Worten vibrierte durch seinen Körper und löste eine innere Explosion aus. Sie hob seine ganze Welt aus den Angeln. Ein gefährliches Geheimnis.
    Gefährliche Geheimnisse sind wunderschön, finden Sie nicht? Er hatte Tamaras Worte im Shibumi als bedeutungsloses Geplänkel abgetan, doch jetzt hallten sie als fundamentale Wahrheit in seinem Kopf wider. Imre war immer sein gefährliches Geheimnis gewesen. Ein Schatz, den er verstecken musste, damit er überleben konnte. Die meisten Menschen mussten ihre hässlichen Seiten, ihre Makel verbergen. Bei ihm war die Situation andersherum. Er musste die schönen Dinge geheim halten. Ansonsten riskierte er, sie tot auf dem Badezimmerboden zu

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