Stunde der Vergeltung (German Edition)
»Erzähl weiter«, forderte er sie leise auf.
»Als Stengl vollbracht hatte, weswegen er gekommen war, war er mit mir noch lange nicht fertig. Er brachte mich in sein Haus in Belgrad. Ana lebte dort. Sie war neunzehn. Und sie hasste mich. Sie benahm sich wie eine eifersüchtige Ehefrau. Ich vermute, er hat auch mit ihr seine perversen Späße getrieben. Sie hatte zumindest die Ausstrahlung eines Mädchens, das auf diese Weise missbraucht worden war. Seine Frau war schon viele Jahre tot, und er war genau dieser Typ Mann.«
» Che schifo «, murmelte Val.
Tam schaute weg. »Ich kam zurecht. Tatsächlich verdanke ich Ana die Idee für ›Tragbare Bewaffnung‹. Sie hat mich darauf gebracht.«
Vals Miene wirkte fast ängstlich. »Wirklich? Wie das?«
»Ana hat diesen kruden Plan ausgeheckt, um mich loszuwerden. Sie überredete einen ihrer Freunde, ins Haus zu kommen und Sex mit mir zu haben, während sie Fotos schoss. Sie wollte sie ihrem Vater zeigen, um ihm zu demonstrieren, was für eine hinterhältige Schlange ich bin, zumindest vermute ich das. Es war ein lahmer Trick. Man kann sie nicht gerade als kreativ bezeichnen. Das Ganze ging nach hinten los.«
Val verlagerte seine Position auf dem Bett. Sein Blick war durchdringend und fasziniert. » Si? Inwiefern?«
»Ich hatte eine Ansteckbrosche, die meiner Mutter gehörte«, sagte sie. »Billiger Tand, aus kubischem Zirconiumoxid. Wann immer ich eingesperrt war, saß ich einfach nur da und hielt sie in der Hand – so auch einmal, als Ana und ihr Freund hereinkamen. Als er mich zu vergewaltigen versuchte, wehrte ich mich. Ich konnte mit der Anstecknadel einen glücklichen Treffer landen und habe sein Skrotum durchbohrt. Du kannst dir die Laute, die er ausgestoßen hat, nicht vorstellen.«
Val zuckte entsetzt zusammen.
»Er bekam eine Blutvergiftung«, ergänzte Tam mit grimmiger Zufriedenheit.
Val stieß einen Pfiff durch die Zähne aus. »Hat er … verlor er … ?«
»Das habe ich nie erfahren. Ich hoffe es. Er hatte es verdient. Ana hat mich nie wieder belästigt. Und kurz darauf wurde Stengl meiner überdrüssig.«
»Was passierte dann?«
»Dir gehen wohl nie die Fragen aus«, grummelte sie. »Sei still und lass mich schlafen, okay? Morgen ist ein wichtiger Tag.«
»Bitte, erzähl es mir, Tamar«, flehte er leise.
Sie seufzte. »Er reichte mich an einen seiner Untergebenen weiter. Bis dahin hatte ich alles wie unter einer Dunstglocke wahrgenommen. Doch an diesem Punkt begann ich plötzlich wieder klar zu sehen. Ich erkannte, dass ich meine Liebhaber selbst auswählen und mich nach oben anstatt nach unten orientieren musste. Denn ansonsten würde ich in der Hackordnung immer weiter absinken, bis ich meinen Status als Sexobjekt komplett verlieren würde. Und dann wird es richtig übel, dann wirst du einfach benutzt und auf den Müll geworfen.«
Val nickte. Er begriff vollkommen. »Also hast du es getan? Hast du angefangen, selbst zu wählen?«
»Selbstverständlich. Es ist alles eine Frage der Einstellung. Ich habe schnell dazugelernt. Männer sind einfache, manipulierbare Gemüter. Es ist nicht sehr schwer, sie in den Griff zu bekommen.« Sie hielt inne, musterte ihn einen Moment und korrigierte ihre Aussage. »Meistens jedenfalls. Und jetzt halt den Mund. Mir tut vom vielen Quatschen schon der Hals weh.«
Sie knipste die Nachttischlampe aus. Nach einem Moment der Stille im Dunkeln rutschte Val zu ihr rüber. Zu ihrem Entsetzen schloss er sie in die Arme. Tam versteifte sich, obwohl er sich so gut anfühlte. So warm und stark.
»Verdammt, Janos«, zischte sie. »Du bedrängst mich. Ich habe dir gesagt … «
»Ja, das hast du«, räumte er ein. »Und nenn mich Val.«
»Ich will nicht … «
»Ich weiß. Ich habe es schon beim ersten Mal mitbekommen. Ich versuche nicht, dich zu verführen, sondern will dich nur halten, nach allem, was du mir erzählt hast. Ich kann nicht anders.«
»Ich weiß deine Fürsorge zu schätzen, aber ich fühle mich nicht wohl … «
»Versuch es«, umschmeichelte er sie. »Ich weiß, dass du es kannst. Ich habe es schon erlebt. Tu einfach so, als wäre ich Rachel.«
Das brachte sie zum Lachen. »Ähm, Val? Es gibt da ein paar wirklich eklatante Unterschiede zwischen dir und Rachel. Sie sind schwer zu übersehen.«
»Kann sein, aber das Prinzip ist dasselbe.« Er zog sie näher und massierte ihre Schulter. »Umarme mich einfach«, bettelte er, seine Stimme eine neckende Liebkosung. »Nimm meinen Kopf unter dein Kinn
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